Mordversuchprozess in Ried: Mutter beschuldigt Tochter, Urteil am Abend

Fortsetzung des Mordversuchsprozess in Ried
Angeklagte hatte überraschend ihre 13-jährige Tochter beschuldigt. Das Urteil dürfte am Abend fallen.

Im Mordversuchsprozess am Landesgericht Ried gegen eine 32-Jährige, die im August 2022 daheim ihren Mann mit Antidepressiva sediert und ihn dann am Hals geschnitten haben soll, standen am Donnerstag weitere Zeugeneinvernahmen am Programm.

Aus Pilsen (Tschechien) wurde per Video der Neffe der Angeklagten zugeschaltet, der am Tattag in Oberösterreich zu Besuch war. Er entschlug sich aber der Aussage. Für den Abend ist ein Urteil geplant.

Nachdem extra das Equipment für die Video-Einvernahme des Jugendlichen aufgebaut worden war, war kurz nach Beginn der Schaltung klar, dass der von der Verteidigung gewünschte Zeuge nichts sagen werde. Daher dürfen auch seine bisherigen Aussagen von den Geschworenen nicht für ihre Urteilsfindung verwendet werden - das Gericht schickte nach einem dicken Filzstift, um die Passagen zu streichen.

Frau hatte sich mehrmals widersprochen

Am Donnerstagvormittag wurden die bisherigen Aussagen von Angeklagter, Opfer und Zeugen nochmals verlesen. Dabei zeigte sich, dass sich die Frau mehrmals selbst widersprochen hatte.

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Sie hatte entgegen erster Einvernahmen bei der Polizei zum Prozessauftakt plötzlich erklärt, nicht sie, sondern ihre damals 13-jährige, noch strafunmündige Tochter sei die mutmaßliche Täterin.

Der Verteidiger plädiert auf Freispruch, da seine Mandantin bisher nur deshalb die Schuld auf sich genommen habe, um das älteste ihrer vier Kinder, die Tochter, zu schützen. Ihre bisherigen „Larifari-Aussagen“ zur Tatnacht seien für ihn kein „eindeutiges Geständnis“. Ein Tatwaffe wurde bisher nicht sichergestellt.

Am Tatabend, dem 2. August, soll die Angeklagte dem Mann laut Anklagebehörde ihre Medizin, die sie wegen depressiver Erschöpfungszustände einnimmt, ins Gulasch gemischt haben. Darauf schlief dieser nach dem Essen erst auf der Couch ein und ging später zu Bett.

Dort soll die gebürtige Tschechin dann mit einem scharfen Messer den Schlafenden an der Kehle geschnitten haben. Davon wachte der Verletzte auf und schrie, worauf die Angeklagte von ihm abgelassen haben soll. Er drückte mit einem Tuch auf die blutende Wunde und rief seiner Tochter zu, sie solle die Rettung rufen. Der Mann hatte später ausgesagt, er sei in der Zeit davor nach stark gewürztem Essen mehrfach sehr müde geworden und habe Sehstörungen gehabt. Vom Gericht war daraufhin auch gemutmaßt worden, dass die Dosis ausprobiert werden sollte.

Die Angeklagte ist gemäß psychiatrischem Gutachten zurechnungsfähig, leide aber unter einer Bindungsstörung und fordere ständig Aufmerksamkeit und Anerkennung. Laut Sachverständiger Adelheid Kastner denke sie nur an ihren Vorteil und versuche stets das Beste für sich herauszuholen.

"Lassen Sie sie nicht damit durchkommen"

Die Staatsanwältin nannte als Motiv für den mutmaßlichen Mordversuch am Ehemann aufgestaute Wut und Zorn der Frau, aber auch materielle Gründe. In ihrem Schlussplädoyer stellte sie die Angeklagte als notorische Lügnerin hin. „Lassen Sie sie nicht damit durchkommen! Ziehen Sie sie zur Verantwortung“, meinte sie an die Geschworenen gerichtet. Dass die 32-Jährige im Prozess dann „um ihre Haut zu retten, die Tochter opfert“, sorgte bei der Anklagevertreterin für Entsetzen.

„Eines weiß ich sicher: Meine Mandantin war's net“, meinte hingegen der Verteidiger in Richtung Geschworene. Dass die Tochter beim Notruf angegeben habe, dass ihrem Vater jemand den Hals aufgeschnitten habe, sieht er als „Täterwissen“.

Wenn das Gericht die Mutter freispreche, heiße das aber auch nicht, dass es die Tochter gewesen sei, sondern nur, dass es begründete Zweifel gebe, betonte er. Seine Mandantin signalisierte Zustimmung zu den Ausführungen ihres Anwalts, sagte aber selbst nichts mehr.

Am Nachmittag zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Ein Urteil war am Abend zu erwarten.

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