Trotz Präventionspflicht: Jede dritte Frau Opfer von Gewalt

Der Iraker soll zwei Beamte schwer verletzt und mit einem Sturmgewehr Autofahrer bedroht haben. Vor der Amokfahrt attackierte er seine Partnerin mit einem Messer. Sie erwirkte bereits eine einstweilige Verfügung über mutmaßlichen Täter.
Die Tragödie in Linz begann mit einer Messerattacke gegen die Partnerin. Häusliche Gewalt ist in Österreich immer noch weit verbreitet.

Seit 1. September 2022 gibt es in Österreich verpflichtende Gewaltpräventionsmaßnahmen für Personen, gegen die ein Betretungs- und Annäherungsverbot wegen häuslicher Gewalt ausgesprochen wurde. 2.535 Beratungen wurden seit Einführung in Oberösterreich absolviert, 90 Prozent der Teilnehmer waren Männer. Auch der vermeintliche Amokläufer aus Linz hat die insgesamt sechs Stunden Beratungsgespräch im Spätsommer 2022 absolviert, bestätigt Josef Landerl, Leiter von Neustart Oberösterreich. Solche Präventionsmaßnahmen sind zwar sinnvoll, können jedoch häusliche Gewalt nicht verhindern.

Laut Eva Schuh, Geschäftsführerin des Gewaltschutzzentrums Oberösterreich, sitzen die Probleme tiefer. „Die patriarchalen Strukturen in unserer Gesellschaft sind einer der Hauptgründe, weshalb Frauen häufig Opfer häuslicher Gewalt werden.“ Es brauche eine Gleichstellung der Geschlechter, beim Einkommen und auch bei der Arbeit. Vor allem in der sozialen Arbeit. „Laut Statistiken haben Männer in Pflegeberufen mehr Empathie und sind seltener gewaltbereit“, so die Geschäftsführerin.

Gewalt gegen Frauen

Nach einer Studie der Statistik Austria ist jede dritte Frau ab dem Alter von 15 Jahren von körperlicher und/oder sexueller Gewalt betroffen. Diese erschreckende Zahl spiegelt sich auch bei den Frauenmorden wider: 2022 wurden 28 Frauen von Männern getötet. In den meisten Fällen hatten die Frauen eine Beziehung oder ein familiäres Verhältnis mit den Tätern, haben die Autonomen Österreichischen Frauenhäuser erhoben.

Bei Verdacht auf Missbrauch bei Freunden und Bekannten solle man die Situation auf jeden Fall ansprechen und ein Hilfsangebot machen, ganz ohne Druck, erklärt Schuh. „Wenn sie Hilfe anbieten, bestehen sie nicht darauf. Die gewalttätige Person sollte auch nie schlecht geredet werden. Die Betroffenen fallen dadurch meist in einen Verteidigungsmodus und beschützen den Partner. Eine Person ist eben auch nicht immer nur böse.“

Anzeichen erkennen

Als betroffene Person solle man aufs eigene Gefühl horchen. Es gäbe nicht das eine Warnsignal bei gewaltbereiten Partnern, man müsse immer das Gesamtbild betrachten, weiß Schuh durch ihre jahrelange Beratungstätigkeit. „Gewalt beginnt lange, bevor sie körperlich wird. Oft erniedrigen gewalttätige Personen ihre Partnerinnen oder Partner, es wird psychischer Druck ausgeübt.“ Wichtig ist, dass sich Betroffene Hilfe bei den Beratungsstellen holen. Sie haben ein offenes Ohr und man kann sie anonym und kostenlos kontaktieren.

Kommentare