Stift Engelszell: Trappistenkloster vor dem Aus, Zukunft ungewiss

Pater Hubert braucht Unterstützung beim Gehen, aber er ist auf dem Weg der Besserung. Nach einem Hirnaneurysma im Oktober und mehreren Wochen im Spital kämpft sich der 86-Jährige gerade zurück in den Alltag.
Pater Hubert ist einer der letzten vier Trappistenmönche im Stift Engelszell im oberösterreichischen Innviertel. Mit Ende 2024 wird das Kloster endgültig aufgelöst. Dann gibt es im gesamten deutschsprachigen Raum kein Trappistenkloster mehr. Wer übernimmt, was mit den Betrieben, den Mitarbeitenden und den Mönchen passieren, weiß derzeit niemand. Die Lage ist für alle vor Ort unsicher und angespannt.
Zu komplex
Winfried Hinzen ist Teil der Ordenskommission, die damit betraut ist, Interessenten für Übernahme zu finden. Von der Caritas Oberösterreich und dem Institut Österreichischer Orden gibt es bereits Absagen: Zu komplex sei die Thematik, zu viele sozialpolitische Risiken abzuwägen. Es seien ja auch die Interessen des Landes OÖ und der Marktgemeinde Engelhartszell zu bedenken.
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In einem Teil der Gebäude ist ein Wohnheim der Caritas für alte und/ oder beeinträchtige Menschen untergebracht, „es gibt seitens des Ordens eine Zusage für die kommenden 30 Jahre, dass das Wohnheim bleiben kann“, so Hinze.
Deswegen haben sich die Verantwortlichen entschlossen, das Suchradar auszuweiten, so Hinzen: „Es muss jetzt nicht mehr zwingend eine kirchliche Institution sein und es muss auch nicht mehr sein, dass alles – die Betriebe, das Kloster, die Gebäude – als komplette Einheit übernommen werden.“

Abt Samuel Lauras vom tschechischen Trappistenkloster Nový Dvůr
Wobei: Abt Samuel Lauras vom tschechischen Trappistenkloster Nový Dvůr ist auch für den Innviertler Orden zuständig und hofft, „dass das Stift ein christlicher Ort bleibt.“ Und: Ideen zur künftigen Nutzung dürfen nicht mit den Prinzipien der katholischen Kirche im Widerspruch stehen.
Derzeit sei man in Gesprächen mit der Diözese Linz, die vorsichtig auslotet, wesentliche Teile des Stifts zu übernehmen.
Herkunft
Weltweit gibt es 150 Trappistenklöster, 90 mit Mönchen, 60 mit Nonnen. Die offizielle Bezeichnung lautet „Zisterzienser der strengen Observanz“. Namensgebend ist das französische Kloster „La Trappe“.
Lebensweise
Der Orden gilt als einer der strengsten überhaupt. Die Mönche und Nonnen führen ein zurückgezogenes Leben, oft in Schweigsamkeit, körperliche Arbeit ist ihnen sehr wichtig.
Kulinarik
Bekannt ist der Orden auch für die Herstellung von Trappistenkäse und -bier.
Bier & Klosterlikör
Unter „wesentlich“ fallen, touristisch gesehen, sicher die Bierbrauerei und die Likörbrennerei. 30.000 Liter Hochprozentiges und 100.000 Liter Trappistenbier werden jährlich vor Ort produziert. Dazu gibt es einen Gastronomiebetrieb, ein Kraftwerk sowie Land- und Forstwirtschaft. Zu den Klosterlikören: An der Herstellung derselben ist Pater Reinhard maßgeblich beteiligt, das Weihnachtsgeschäft läuft derzeit auf Hochtouren: Nuss, Marille und Eierlikör sind heiß begehrt.

Ehemaliger wirtschaftlicher Leiter Hans Hofer
„Die Betriebe an sich sind wirtschaftlich erfolgreich“, sagt einer, der es wissen muss. Hans Hofer war 15 Jahre lang wirtschaftlicher Leiter des Stifts Engelszell, bevor er heuer im September in Pension ging. Seitdem führt er seine Aufgaben unbeirrt und wie gewohnt fort, nur eben ehrenamtlich. „Weil mir die Menschen hier am Herzen liegen.“ 15 Angestellte gibt es, sie gehen mit Unsicherheit in den Weihnachtsurlaub. Ob und in welcher Form ihre Verträge bei einer Neuübernahme fortgeführt werden, entscheidet sich im neuen Jahr.
Dass das Kloster für den Tourismus in der Region wichtig ist, bestreitet niemand. Aber das sei auch das Paradoxe an diesem Ort, so Abt Samuel Lauras: „Die Trappisten leben sehr kontemplativ, still und zurückgezogen. Dass dieser christliche Ort so viele Touristen anzieht, hat das Leben der Mönche destabilisiert.“
1936, vor dem 2. Weltkrieg, beheimatete das Trappistenkloster in Stift Engelszell die höchste Anzahl an Mönchen überhaupt. 76 Trappisten lebten und arbeiteten damals dort. Im Krieg wurden viele eingezogen, vier wurden im KZ Auschwitz ermordet.
Nach dem Krieg kehrten 24 Mönche ins Stift zurück. Diese Zahl blieb viele Jahre relativ konstant, bevor es zuletzt immer weniger wurden. Nachwuchs wurde intensiv gesucht – erfolglos.
Kein Nachwuchs in Sicht
Nachwuchs habe man gesucht, sagt Lauras, aber das sei in Zeiten, in denen das Christentum ständig stagniere, nicht einfach: „Derzeit ist es wichtig, die Mönche und Schwestern in den bestehenden Klöstern zusammenzuhalten.“ Den Mangel an künftigen Mönchen und Nonnen sieht er in der Jugend, die sich schwer damit tue, Hierarchien zu akzeptieren.

Pater Hubert
Pater Hubert hat mit seinen 86 Jahren sehr konkrete Pläne und Wünsche: „Derzeit erhole ich mich, ich bete sieben Mal am Tag und ermutige meine Brüder. Hoffentlich gibt es bald wieder Gottesdienste in der Stiftskirche.“ Seit seinem Spitalsaufenthalt fällt die Heilige Messe aus, keiner ist hier, um sie zu feiern. Auch hier gilt: Zukunft ungewiss.
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