Rützler: Qualität und Frische gefordert

Foodtrendexpertin Hanni Rützler
Die Esskultur is tim Wandel begriffen. Die Jungen stellen Traditionen infrage. Langsam lerenen wir mit dem Überfluss umzugehen.

„Die Esskultur ist in einem starken Wandel. Wir lernen langsam, mit dem Überfluss umzugehen. Vor allem die Jungen wählen bewusster und stellen Traditionen, Marken und Ernährungsweisen infrage.“ Hanni Rützler, Ernährungswissenschafterin und Foodtrendforscherin, hält es für den richtigen Ansatz, das Potenzial der freien Wahl auch zu nützen. Die 57-Jährige war Donnerstagabend auf Einladung von Landesrat Max Hiegelsberger Referentin beim Projekt „Zukunft Landwirtschaft 2030“.

Verhältnis Produzent-Konsument

Es lohne sich, sich in der Produktionskette damit auseinanderzusetzen, welche neuen Bedürfnisse es gebe, sagte Rützler. Es brauche vielfältige Antworten auf den Klimawandel, auf die Digitalisierung und auf den leichteren Zugang zur Information. „Der Kunde sucht die Information, die ihn persönlich interessiert und weniger das, was der Produzent ihm geben möchte. Ich habe oft das Gefühl, hier reden zwei aneinander vorbei.“ Die Produzenten müssten lernen, was den Kunden interessiert, um ihn dort abzuholen. Foodtrends seien Antworten auf Wünsche und Sehnsüchte.

Mahlzeitengestaltung

Rützler sieht derzeit rund 40 Foodtrends, die sie in fünf Themenbereiche gliedert. Es gehe um den Alltag, um ein neues Verständnis von Convenience und von Mahlzeitengestaltung. „Das Mittagessen mit drei Gängen gerät unter Zeitdruck.“ Das Frühstück werde aufgewertet und sei zeitlich variabler, es könne auch zu einem Mittagessen werden. Es werde vielfältiger, „ich habe es als Snackification bezeichnet“. Der Snack werde gesünder, „die Ansprüche der Menschen an Gesundheit und Frische steigen. Das ist auch gut so.“

Bei manchen werde das Abendessen wichtiger, was an sich kein Problem sei, wie man in Ländern wie Italien oder Spanien sehen könne.

Bowls sind im Trend

Das zweite Thema sei Gesundheit. Jüngere würden nicht nach Verzichtsangeboten suchen, sondern nach etwas Gesundem, das auch schmecken müsse. „Ein Beispiel sind die Bowls (kleine Schüsseln), wo man sieht, was man isst. Hier spielt die Frische eine große Rolle. Das ist ein ganz neuer Gesundheitsbegriff, das ist etwas anderes als die Devise weniger Fett und weniger Zucker.“

Nachhaltigkeit

Ein großer, dritter Themenbereich sei die Nachhaltigkeit. Ein Auslöser sei für sie die Diskussion um das Plastik, vor allem um das Mikroplastik gewesen. „Wir merken, dass wir in Kreisläufen denken müssen, denn das Plastik kommt wieder zurück. Es ist auch in vielen Lebensmitteln drinnen.“ Hier spiele auch der Fleischkonsum eine Rolle. Das sei eine Querschnittsmaterie, „die wir im Alltag, bei der Gesundheit und bei der Nachhaltigkeit haben.“

Ambivalenter Genuss

Der vierte Themenbereich sei der Genuss, der ambivalent sei. „Wir wollen genießen, aber ohne Probleme. Es geht um den bewussteren Genuss. Es braucht neue Konzepte, eine neue Sprache, eine neue Kommunikation. Der Wein, Kaffee oder Schokolade seien Beispiele.

Fleischalternativen

Im fünften Bereich geht es um ganz neue kulinarische Ansätze, um Fleischalternativen. „Das ist ein sehr internationales Thema. Das kann in vitro sein, das können Insekten, das können neue Produkte aus Mikroalgen sein. Oder, oder, oder. Es lohnt sich, sich mit diesen großen Konzepten auseinanderzusetzen, die weltweit erforscht werden und unterschiedliche Akzeptanz finden.

Weniger Fleisch

Rützler meint, dass der Gipfel des Fleischkonsums erreicht sei. Er werde in den nächsten Jahren langsam abnehmen, aber nicht verschwinden. „Pflanzliche Produkte werden den Alltag stärker prägen. Fleisch wird vermehrt als Beilage oder als Komponente eines Gerichts gesehen. Hier haben wir ganz unterschiedliche Tempi. Die Älteren essen eher traditionell, die Jüngeren stellen sich um.“

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