Prozess um Millionenbetrug an Fleischbetrieb begann mit Überraschung
Ein 47-Jähriger, der einen oberösterreichischen Fleischbetrieb mit falschen Rechnungen und Lieferscheinen um rund 2,3 Millionen Euro betrogen haben soll, hat sich am Mittwoch in Ried vor Gericht verantworten müssen. Der Angeklagte, der bisher geschwiegen hatte, tischte dem Gericht eine überraschende Version auf und schilderte ein angebliches Schmiergeldsystem in der Firma, wobei er zwei Mitarbeiter beschuldigte. Der Prozess wurde für weitere Ermittlungen vertagt.
Die Staatsanwaltschaft Ried legt dem zweifach vorbestraften Bosnier schweren Betrug zur Last. Ihm drohen im Fall eines Schuldspruchs ein bis zehn Jahre Haft. Der Mann soll sich als Geschäftsführer und Alleingesellschafter einer slowenischen Firma ausgegeben haben. Im Zeitraum Jänner 2017 bis November 2020 habe er dem oberösterreichischen Unternehmen laut Anklage insgesamt rund 2,3 Millionen Euro herausgelockt. Demnach soll er Lieferscheine und Rechnungen gestellt haben, ohne dass etwas geliefert wurde. Erst 2020 habe eine Mitarbeiterin des Fleischbetriebs den Betrug entdeckt, daraufhin wurden die Zahlungen an den Angeklagten eingestellt.
Paletten und Kisten
Der Angeklagte hat nach eigenen Angaben seit 2015 Paletten und Kisten an die Firma geliefert. Nach einiger Zeit seien zwei Mitarbeiter auf ihn zugekommen und hätten gesagt, sie würden mitverdienen wollen. Das würden sie bei anderen Lieferanten auch so machen. Konkret habe er nur einen Teil der Ware abgeladen, es sei aber die gesamte Ladung abgezeichnet worden, erklärte er das System sinngemäß. Im Gegenzug habe er den Mitarbeitern Geld geben müssen. Pro Palette habe er beispielsweise 22 Euro Schmiergeld gezahlt, bekommen würde er pro Palette 27 Euro. Unter dem Strich sei ihm also nur ein kleiner Teil des ergaunerten Geldes geblieben. Wie viel genau wisse er nicht, vermutlich 2.000 bis 3.000 Euro pro Monat.
Von den angeklagten 2,3 Millionen Euro Schaden gestand sein Verteidiger 100.000 Euro zu. Wären tatsächlich Paletten um mehrere Millionen Euro nicht geliefert worden, hätte es irgendwann einen riesigen Schwund beim Inventar geben müssen, gab er zu bedenken und wunderte sich, wieso das nicht aufgefallen sei. Ob außer den beiden von ihm Beschuldigten noch andere Personen in dem Fleischbetrieb informiert gewesen sind, wisse er nicht, sagte der Angeklagte.
Auf unbestimmte Zeit
Der Vorsitzende des Schöffensenats machte den Angeklagten in der Beschuldigteneinvernahme auf mehrere Ungereimtheiten in Details seiner Aussagen aufmerksam. Dennoch vertagte er die Verhandlung schließlich auf unbestimmte Zeit und erteilt nun Ermittlungsaufträge an das Landeskriminalamt. U.a. sollen die beiden angeblichen Komplizen ausgeforscht und befragt werden, ebenso weitere Zeugen.
Zudem will er von dem Fleischunternehmen detailliertere Unterlagen zu den Lieferscheinen und Rechnungen und zur internen Revision. Dem Angeklagten gab er angesichts der nun anlaufenden Ermittlungsmaschinerie mit: „Wenn Ihre Version nicht stimmt, haben Sie sich heute nichts Gutes getan.“
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