Pflege in Oberösterreich neu denken: Möglichst lange Betreuung zu Hause

Dass unsere Gesellschaft altert, ist kein Geheimnis. Derzeit sind 19,7 Prozent der Oberösterreicherinnen und Oberösterreicher über 65 Jahre alt, 2040 werden es schon 26,9 Prozent sein. Diese Entwicklung zieht vor allem auf dem Gebiet der Pflege massiven Handlungsbedarf nach sich.
Um ein flächendeckendes Betreuungsangebot gewährleisten zu können, müssen die Kräfte gebündelt werden. Diese Erkenntnis ist in den vergangenen Jahren in der Politik angekommen, nun präsentierte Landeshauptmann Thomas Stelzer, ÖVP, gemeinsam mit weiteren Verantwortlichen die neue Strategie "Betreuungsagentur 2040".
Es ist der dritte Baustein in einem breit angelegten Konzept, um das Pflege-Thema für die Zukunft auf sichere Beine zu stellen. Baustein 1 und 2 sind die Fachkräfte-Strategie aus 2022 und die Gründung der OÖ. Pflege- und Betreuungsmanagement GmbH im ersten Quartal 2025. Insbesondere die Fachkräfte-Strategie zeigt bereits positive Auswirkungen:
- Rückgang der leerstehenden Pflegebetten auf 1056 (um etwa 300 innerhalb eines Jahres)
- Gewinnung von 400 zusätzlichen Personen für den Pflegeberuf
- Ein Plus von 29 Prozent bei den Ausbildungsanfängerinnen
Neue Modelle finden
Beim dritten Baustein geht es nun darum, neue Pflegeformen und Modelle finden, die die jeweiligen Ansprüche der verschiedenen Regionen abdecken: "Ziel ist es, all jenen, die das möchten, so lange wie möglich den Verbleib in der privaten Umgebung zu ermöglichen", erklärt Soziallandesrat Christian Dörfel, ÖVP.

Rund 70 verschiedene Modelle, wie denn Altenbetreuung abgesehen von Pflegeheimen oder mobilen Diensten funktionieren könnte, seien bereits in Begutachtung. Im Laufe der kommenden Monate werden sie von Expertinnen und Experten überprüft, um daraus praktische Schlüsse ziehen zu können: "Wir müssen ja wissen, welche Ressourcen es zum Beispiel braucht, um diese Maßnahmen umsetzen zu können", so Dörfel.
Alten-WGs & Zeitpolster
Die Rede ist unter anderem von Alten-WGs, aber auch von konkreter Einbindung von Ehrenamtlichen und Nachbarschaftsinitiativen. Auch ein Zeitmodell, bei dem sich rüstige Seniorinnen und Senioren ein Kontingent an Stunden aufbauen können, das bei Bedarf später für ihre eigene Pflege verwendet werden kann, ist in Diskussion.
"Es gibt bereits einige Pilotprojekte, die wir jetzt quasi in die Serienreife bringen müssen", erklärt der Soziallandesrat. Zu prüfen sei darüber hinaus auch die Frage: Wie sieht das Altenheim der Zukunft aus? Welche Bedürfnisse muss es abdecken?
Dazu ein Zahlenspiel: Würde man die aktuelle Versorgungssituation in OÖ anhand der demographischen Entwicklung fortzeichnen, wäre bis 2040 der Bau von 70 zusätzlichen Alten- und Pflegeheimen notwendig. Das wären vier bis fünf zusätzliche Pflegeheime pro Jahr - ein Szenario, das sowohl personell, als auch finanziell unrealistisch ist.
"Zu Hause alt werden"
Natürlich werde man weiterhin Altenheime bauen, aber eben nicht in dieser Dimension, heißt es seitens der Politik. Um diesen Kraftakt auf die Beine zu bringen, müssen auch Städte und Gemeinden ins Boot geholt werden. Die Umsetzung der Maßnahmen liegt ja meist dort.
"Vor allem auf dem Land gibt es häufig den Wunsch, zu Hause alt zu werden", sagt der Welser Bürgermeister und stv. Vorsitzender des oö. Städtebundes, Andreas Rabl (FPÖ). Die Aufgabe dieser neuen Betreuungsarchitektur sei unter anderem, das zu ermöglichen. Man müsse die Strukturen an die Lebensrealitäten der Menschen anpassen.
Der Prozess wird wissenschaftlich von Franz Kolland begleitet, der das Zentrum für Gerontologie und Gesundheitsforschung an der Karl Landsteiner Privatuni in Krems leitet. Finale Ergebnisse sollen im Herbst präsentiert werden.
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