Onlineplattform für Krebskranke gräbt Scharlatanen Wasser ab
Das Ordensklinikum Linz ist Oberösterreichs Leitspital für Krebsbehandlungen: 3.600 Menschen erkranken im Bundesland pro Jahr neu
Dubiosen Geschäftemachern und Scharlatanen, denen verzweifelten Krebspatienten in Scharen auf den Leim gehen, hat das Ordensklinikum Linz den Kampf angesagt. Über die seit fünf Jahren im Haus der Barmherzigen Schwestern geführte Krebsakademie wurde nun die in Österreich einzigartige Onlineplattform selbertun.at initiiert.
Präsentation der neuen Serviceplattform im Ordensklinikum Linz: Onkologe und Chef der Tumorzentren Ansgar Weltermann, links neben ihm LH-Stelvertreterin Christine Haberlander
Die Idee dahinter: Ein Netzwerk aus vorerst 50 geprüften Experten soll Patienten niederschwellig Zugang zu seriöser ganzheitlicher Krebsnachsorge ermöglichen. Die Fachleute decken die Bereiche Ernährung, Psychologie, Pflege, Bewegung, Komplementärmedizin, Kreativ- und Körpertherapien sowie Rehabilitation ab.
Gerade in diesem Bereich tummeln sich viele Kurpfuscher: Von mongolischen Joghurts, die Krebszellen fressen, über Bleichmittel, Petroleum oder Blausäure reichen die Wundermittel, die vor allem über das Internet verzweifelten Krebskranken angepriesen werden, schildert die Radioonkologin Elisabeth Bräutigam. Das Geld, die verlorene Zeit und oft auch gesundheitlichen Schäden wolle man den Patienten mithilfe der neuen Homepage ersparen, sagt Sigrid Miksch von der Krebsakademie.
Für den Onkologen und Leiter der Tumorzentren am Ordensklinikum Ansgar Weltermann ist die neue Plattform „eine längst fällige Einrichtung“. Schon bei der oft dramatischen Erstinformation über die Krebsdiagnose würden viele Patienten fragen, was sie selber tun können, schildert der Mediziner. Vor allem in der Phase der Genesung sei der selbstständige Beitrag ein maßgeblicher Faktor zur Bewältigung der Tumorerkrankung.
Internetplattform soll sinnvollen und selbstständigen Beitrag der Patienten zur Genesung fördern
Ergänzung
Der größte Teil der Krebskranken versuche über verschiedenste ergänzende Maßnahmen zusätzliche positive Wirkungen zu erzielen. In Arztgesprächen im Spital sei aber oft zu wenig Zeit, die vielfach nicht ungefährlichen privaten Aktivitäten genau zu besprechen und zu analysieren, berichtet Onkologe Weltermann.
Bombardiert mit Tipps
Die geheilte Brustkrebspatientin Nadja K. kann das nur bestätigen: „Man wird förmlich bombardiert von guten Ratschlägen und Tipps. So eine Plattform wäre für mich super gewesen“, erzählt die 36-jährige Mutter. Am Weg zur Gesundung habe auch sie trotz bester Betreuung am Ordensklinikum Geld in alternative Behandlungen gesteckt, die letztendlich kontraproduktiv waren, schildert sie ihre Erfahrungen.
Der Zugang zu selbertun.at ist kostenlos und nicht nur für Patienten der oberösterreichischen Spitäler möglich. Alle Experten, die kontaktiert und gebucht werden können, wurden an der Krebsakademie ausgebildet. Ihre Arbeit ist mit jener der Onkologen abgestimmt.
Serviceplattform
Seit Juni ist www.selbertun.at online. Ohne Werbung wurde sie bereits von 1400 Interessierten besucht. Der größte Teil davon stammte aus Deutschland. Auf der Plattform sind Nachsorgesexperten aus den Bereichen Ernährung, Psychotherapie, Pflege, Bewegung, Physiotherapie, Komplementär-Medizin, Reha, und Selbsthilfe erreichbar.
InformationGroß geschrieben werden Informationen über Zugänge zu Unterstützungen der OÖ Krebshilfe und Co. Österreichweit erkranken jährlich rund 39.000 Menschen neu an Krebs, in OÖ sind es 3.600.
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