„Öko-Populismus treibt die Bauern in die Enge“

Direktorin Maria Sauer und Agrarlandesrat Max Hiegelsberger
Der Bauernbund feiert sein 100-Jahr-Jubiläum. Obmann Max Hiegelsberger fordert finanzielle Entschädigungen für die Auflagen, die den Landwirten die Produktion erschweren.

Agrarlandesrat Max Hiegelsberger (53) ist seit 2011 Obmann des Bauernbundes, Maria Sauer (51) Direktorin dieser ÖVP-Teilorganisation, die 43.000 Mitglieder hat.

KURIER: Der Bauernbund feiert heute, Sonntag, im Stift Schlägl sein 100-jähriges Jubiläum. Dabei gibt es so wenig Bauern wie noch nie. Da wäre eher eine Trauerfeier angebracht.

Max Hiegelsberger: Das kann nur eine sehr positive Veranstaltung sein. Wir haben in den vergangenen 100 Jahren bewiesen, dass die Gesellschaft ohne Bauern nicht funktioniert.

Schlägl ist dafür ein idealer Ort. Nicht nur wegen der derzeit laufenden Landesgartenschau. Die Mönche haben mit der Rodung des Oberen Mühlviertels begonnen und sie haben den Bauern gezeigt, wie man das richtig macht.

Die Zahl der Bauern ist seit Jahrzehnten rückläufig. 2016 gab es nur mehr 31.516 land- und forstwirtschaftliche Betriebe.

Das ist eine gesellschaftliche Entwicklung. Die Bauern sind aufgrund der maschinellen Ausstattung sehr leistungsfähig. Aber nicht in allen Regionen. Deshalb ist es wichtig, dass wir für die benachteiligten Gebiete in den Bergregionen einen entsprechenden Rahmen bieten.

Bio-Pionier Werner Lampert erklärte bei der Pressekonferenz der Kepleruniversität anlässlich der Umstellung auf Bio und regionale Produkte, dass 34 Prozent des -Ausstoßes aus der Landwirtschaft stammen. Das könne man in Zeiten des Klimaerwärmung nicht hinnehmen.

Die -Belastung ist nicht so stark, es geht eher um Lachgase und um Methan, die aus der Rinderwirtschaft resultieren. Solange wir Rinderwirtschaft betreiben, wird es diese Gase geben. Bei den Rindern kommt es durch das Wiederkäuen zur Methanbildung.

entsteht auch bei der mineralischen Düngerproduktion, die der Landwirtschaft zugerechnet wird.

Die meisten Höfe werden eingestellt, wenn die Jungen den Betrieb übernehmen sollen. Kann die Landwirtschaft heute jungen Hofübernehmern überhaupt noch eine Perspektive bieten?

Die Unterschiedlichkeit, warum Höfe nicht mehr weitergeführt werden, ist derartig groß, dass man es gar nicht am Preis, am Markt oder an der Förderung festmachen kann. Junge, gut ausgebildete Menschen verdienen heute in fast allen Berufen entsprechendes Geld. Es ist schon eine Anforderung an die Rahmenbedingungen, mit denen wir den Jungen zeigen können, dass man in der Landwirtschaft ein vernünftiges Einkommen erzielen kann.

Es braucht aber auch eine öffentliche Wertschätzung für diese Arbeit. Hier stehen wir stärker unter Druck als durch die Preise und öffentliche Unterstützung. Die Angriffe des Öko-Populismus treiben uns mental in die Enge. Obwohl die Bauern gesetzlich alles richtig machen, müssen sie sich permanent verteidigen. Das betrifft zum Beispiel den Pflanzenschutz, den Tierschutz oder die Produktionsmittel. Der Markt sagt aber ganz etwas anderes. Es braucht ein klares Bekenntnis der Gesellschaft, welche Landwirtschaft sie sich wünscht und wie viel sie zu zahlen bereit ist, damit wir sie in dieser Qualität erhalten können. Das wird sich in den nächsten 15 bis 20 Jahren entscheiden.

Ein Beispiel ist der Einsatz von Glyphosat.

Unter anderem. Noch stärker betrifft es die Neonicotinoide. In meiner Nachbargemeinde haben zwei junge Landwirte auf Maisanbau umgestellt. Sie mussten heuer den gesamten Mais nachbauen, weil im vergangenen Jahr Schädlinge den gesamten Mais aufgefressen haben, weil der Mais nicht gebeizt war. Im vergangenen Jahr hatten wir auch Probleme mit Käfern in der Rübe. Das sind dann die Folgen, wenn man die Pflanzenschutzmittel verbietet. Welche Landwirtschaft wünschen wir uns und sind wir auch bereit, es abzugelten, wenn die Bauern kein Einkommen haben?

Aber die Bauern erhalten doch öffentliche Förderungen. Sowohl vom Staat als auch von der EU.

Das ist einfach zuwenig, damit dem Betrieb etwas bleibt.

Man müsste die Förderungen erhöhen?

Ja, wenn man eine andere Produktion haben will.

Maria Sauer: Oder man erhöht die Preise. Wir wollen eher in diese Richtung gehen, denn Förderungen schaffen Abhängigkeiten. Über ein gewisses Preisniveau kann man auch die Produktwertschätzung herstellen.

Der Chef der österreichischen Universitätsmensen sagt, Bio-Fleisch ist doppelt so teuer wie konventionelles. Das ist nicht so wenig.

Die Verdoppelung kommt aufgrund der Mischsituation zustande. Beim Schweinefleisch ist es das Dreifache, beim Rindfleisch ein bisschen mehr als das Doppelte.

Maria Sauer: Das konventionelle Fleisch ist sehr günstig.

Supermarktketten wie Aldi (Hofer) haben angekündigt, noch mehr Bioprodukte anbieten zu wollen. Das wäre doch eine Chance für die kleinteilige österreichische Landwirtschaft.

Das ist zwar so in der Marketingstrategie und in der öffentlichen Wahrnehmung, aber nicht in den Umsatzzahlen. Bei Bio im Handel stagnieren wir bei acht bis neun Prozent. Es gibt zwar Steigerungen bei bestimmten Produktgruppen wie dem Gemüse, aber wertmäßig schlägt es sich kaum nieder, weil es beim Fleisch keine Steigerungen gibt.

Beim Fleisch greifen die Konsumenten zum konventionellen? Vermutlich deshalb, weil es wesentlich billiger ist. Maria Sauer: Und die Qualität trotzdem passt. Es sind auch keine Rückstände zu befürchten. Wir haben weltweit die sichersten und saubersten Lebensmittel.

Macht sich der Trend zu vegetarischer und veganer Ernährung bereits bemerkbar?

Es gibt einen leichten Rückgang beim Fleisch. Darüber hinaus gibt es eine relativ starke Verschiebung, die jedoch mit der Zunahme der muslimischen Bevölkerung zu tun hat, die kein Schweinefleisch isst. Die Nachfrage nach Geflügel nimmt enorm zu.

Im Bereich der Halal-zertifizierten Produktion wäre für uns einiges möglich. Es wären hier durch eine entsprechende Ausbildung gute Absatzmärkte für unsere Produkte vorhanden. Hier gibt es beim Absatz von Rindfleisch, Geflügel und Schaffleisch Marktlücken. Es besteht aber eine gewisse Scheu, weil wir eine rechte militante Gruppe haben. Spar hat hier vor zwei Jahren einen Versuch gestartet, den die Kette nach einem halben Jahr eingestellt hat.

Darüber hinaus ist die Lebensmittelkennzeichnung für die Landwirtschaft eine Überlebensfrage.

Es gibt ja das AMA-Gütesiegel.

Nicht bei den verarbeiteten Lebensmitteln wie Wurst oder Backwaren. Es soll ersichtlich sein, dass beispielsweise in der Wurst österreichisches Fleisch enthalten ist. Und in der Gastronomie sollte es eine Selbstverständlichkeit werden, dass sie zu den Lebensmitteln greift, die vor der Haustür wachsen.

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