Rauch und Schall: 90 Jahre Linzer Tabakfabrik
Arbeiterinnen kümmerten sich in Linz um den Tabak
Die mutige Architektur ist geblieben und wirkt bis heute. Am 12. November 1935 wurde das Areal der Linzer Tabakfabrik eröffnet, bereits 1929 begannen die Architekten Peter Behrens und Alexander Popp mit dem markanten Industriebau.
Unter dem Titel „Rauch & Schall“ zeigt nun eine Ausstellung direkt vor Ort im Haus Casablanca – die einzelnen Gebäude sind nach früheren Zigarettenmarken benannt – chronologisch, wie das Areal zu dem geworden, was es heute ist: ein in sich funktionierender Mini-Stadtteil, der weiterwächst und immer mehr Menschen anzieht.
Die Linzer Tabakfabrik 2025.
Dank KI kann man Poldi fragen
Bei der Eröffnung der Schau sind auch Kinder der ehemaligen Arbeiterin Leopoldine Feichtinger, von allen Poldi genannt, vor Ort. 35 Jahre lang hat sie in der Tabakfabrik gearbeitet, über sie gibt es eine Biografie und im Zuge der Ausstellung jetzt auch einen Wurlitzer, den man im Sinne der Poldi zum Leben und Arbeiten der damaligen Zeit befragen kann – eine KI machts möglich. Zum Glück weiß die KI, dass es Leopoldine Feichtinger gar nicht gepasst hat, wenn von der „Tschickfabrik“ die Rede war. „Das hat sie immer als abwertend empfunden“, erinnert sich ihre Tochter.
Ein kleiner, geschichtlicher Exkurs: 341 Jahre lang war das Gelände Produktionsort von Textilien – später von Tabakwaren. 1850 als Notstandsmaßnahme nach dem abrupten Ende des Textilwerks gegründet, wurde die Tabakfabrik zum Symbol für einen Aufschwung durch Wandel. 2001 kaufte der britische Gallaher-Konzern das Unternehmen, er selbst wurde 2007 an Japan Tobacco International veräußert. Der japanische Eigentümer stellte den Betrieb 2009 ein. In der Folge kaufte die Stadt Linz das 38.148 Quadratmeter große Fabriksareal zurück, um es zu einem Ort der oberösterreichischen Kreativwirtschaft auszubauen.
Die Geschichte des Areals in 20 Stationen
Die Ausstellung beginnt im Jahr 1935 und beackert mit 20 Stationen die entscheidenden Etappen in der Geschichte des Areals und der Menschen. Da ist etwa die Arbeitskleidung der ehemaligen Arbeiterinnen und Arbeiter: In höheren Positionen trug man einen braunen Mantel und je mehr Kugelschreiber sich in der Brusttasche fanden, desto wichtiger war die Person, so die Erzählung des ehemaligen Arbeiters Reinhard Leitner. Er hat nach dem Ende der Tabakfabrik begonnen, in Eigenregie Zigaretten zu produzieren und sie „Tschick“ zu nennen. Sein Büro ist nach wie vor in der Tabakfabrik.
Auf die NS-Zeit wird ebenfalls Bezug genommen, in der damaligen Belegschaft waren nämlich auch fünf Widerstandskämpfer vertreten. Sie alle wurde knapp vor Kriegsende in KZs ermordet.
Heute sind rund 250 Organisationen und Unternehmen mit gesamt 2.900 Arbeitsplätzen hier angesiedelt. Und die Fabrik wächst kontinuierlich weiter.
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