„Winkler spricht von günstiger Energie und von Bauen, Bauen, Bauen und verbindet damit den Begriff des Kaprun-Moments. Können die Menschen damit etwas anfangen?“, fragte er und schlug vor, die ökonomischen Perspektiven mit den ökologischen zu verschränken.
„Bin ein Mann der Industrie“
„Ich bin ein Industriemann, bei mir wäre es unglaubwürdig, wenn ich diese Herleitung über diese ökologische Transformation mache“, antwortete Winkler. „Ich bin ehrlich, meine Enkelkinder sagen zu mir, Opa, du bist ein Baummörder. In der Politik muss man konsequent sein. Als ich in Mauthausen (Gedenkfeier, Anm. d. Red.) war, sind die Grünen wie Kaineder zu mir gekommen und haben gesagt, vielen Dank für Deinen Pass zu uns. Das passt auch, die Grünen müssen das von dieser Seite aufnehmen und ausleuchten. Ich schiebe dieses Thema über die Energieproduktion an. Nur wenn wir die erneuerbaren Energieaggregate bauen, gehen die Energiepreise runter. Ich leite das aus der betriebswirtschaftlichen Logik ab.“
Zeit der Transformation
Und dann ging Winkler zu seinem Vortrag über. „Ihr habt mir das Thema Transformation der Gesellschaft vorgegeben. Wie wird es euch damit gehen, denn ich habe ein Hardcoreprogramm vorbereitet?“ (Applaus) Transformation sei ein Begriff, der für tiefgreifende, überraschende und radikalen Veränderungen gebraucht werde. „Viele Menschen haben den Eindruck, dass wir in eine Ära der Unberechenbarkeit hineinkommen.“
Global denken, lokal handeln
Um zu verstehen, was in Österreich vor sich gehe, müsse man die gesamte Welt ausleuchten. Gemäß dem Motto „global denken, lokal handeln“. Zur Transformation komme die Selbstblockade, „auf Neudeutsch nichts geht mehr. Die Rückkehr des Autoritären ist eine weitere gesellschaftliche Entwicklung.“
Überhöhtes Selbstbewußtsein
Es habe, so Winkler, eine Emanzipation der Menschen gegen die Herrschaftsstrukturen stattgefunden „Die Bürgerinnen und Bürger von heute sind viel selbstbewusster als sie das vor 30, 50 der 100 Jahren waren. Das ist ein politischer Erfolg. Sie sind nicht primär Angehörige von politischen Lagern, traditionellen Strukturen und Zugehörigkeiten, sondern sie haben Ansprüche an die Gesellschaft und ihre Institutionen.“ Aber man könne dieses Selbstbewusstsein auch überhöhen. „Das ist ein ganz wesentliches Element unserer heutigen Zeit“, die in Richtung Ich-Ich-Gesellschaft gehe. „Der Werbeslogan „Geiz ist geil“ bringt diese Hemmungslosigkeit der Ich-Sucht wunderbar zum Ausdruck. Das führt zur Klagswut, zu Nachbarschaftsstreitigkeiten, zu Einsprüchen gegenüber allen öffentlichen Verfahren.“
Sand im Getriebe
In einer regelbasierten Welt führe das dazu, dass Dinge blockiert werden, dass Sand ins Getriebe komme, der Projekte zum Nutzen der Allgemeinheit verhindere. Das persönliche Betroffenheitsinteresse stehe über allem anderen. „Das ist ein Zustand der Selbstblockade. Wenn wir nicht beginnen, diese Selbstblockade zu diskutieren und zu analysieren, kommen wir in eine Situation, in der Akteure den Rechtsstaat nicht würdigen und schützen. Das sind dann die Typen mit der Motorsäge. Sie sagen, fackeln wir das alles ab, zerstören wir die regelbasierte Ordnung.“
Schutz für die Schwächeren
Diese Ordnung sei aber primär ein Schutz für die Kleinen und Schwächeren. Wenn das Recht des Stärkeren ausgerufen werde, würden es die Stärkeren nutzen. Mit aller Gewalt und Härte. „Wir sind in einer Situation, in der die politische Mitte massiv gefordert ist. In einer regelbasierten Form, in der wir unseren Rechtsstaat weiterentwickeln, damit wir nicht in eine Situation kommen, in der die Selbstblockade alles verhindert. Alle wollen die grüne Energie, aber keiner will eine Leitung haben. Das funktioniert leider nicht. Wenn wir dezentral Energie produzieren, dann müssen wir sie transportieren und speichern. Wir müssen sehr aufpassen, dass wir als Partei der Mitte nicht die Fähigkeit verlieren, die Probleme, die da sind, in einer vernünftigen Zeit zu lösen.“
Globale Entwicklung
Die Rückkehr des Autoritären sei eine globale Entwicklung. Modi und seine Hindus seien Nationalisten und bauten die Demokratie in Indien gnadenlos zurück. Der Stalinismus feiere in China wieder fröhliche Urständ’. Putin führe in Russland ein faschistoides System. Winkler: „Das Werden des Putinismus ist ein Beispiel dafür, wie eine Gesellschaft mit der Transformation nicht zurande kommt, sie kommt in eine Krise, und sucht dann den militärischen Ausweg. Wenn man Rohstoffe hat, kann man sich das leisten. Soziale, wirtschaftliche und politische Perspektiven hat dieses Land absolut keine, das Land ist tot. Korruption von oben bis unten. Dieses System ist kaputt.“
Und dann gebe es noch die wirtschaftsliberalen Disruptoren wie Milei in Argentinien und Musk und Trump in den USA. „Wir haben den Orban in Ungarn und in Österreich den Kickl.“
Konservative nicht Hauptfeind
„Wir dürfen als Sozialdemokratie nicht den Fehler machen, den Hauptfeind in den Konservativen und Christlich-Sozialen zu sehen. Das ist ein schwerer politischer Fehler. Wir müssen schauen, dass diese Parteien nicht von den Rechtsauslegern übernommen werden.“ Wenn die AfD in Deutschland nun die stärkste Partei sei, „wissen wir, was es geschlagen hat. Wir stehen vor einer echten politischen Herausforderung.“
Auf der richtigen Seite der Geschichte
Die Sozialdemokratie sei in ihrer Geschichte schon mehrmals vor gravierenden Transformationen gestanden und sei immer auf der richtigen Seite der Geschichte gestanden. „Das Ganze ist menschengemacht, es kann vom Menschen gestaltet werden. Es ist nicht vorprogrammiert, wer in dieser Auseinandersetzung gewinnt.“ Er wolle diesen Entwicklungen mit den Begriffen Leistung, Respekt und Sicherheit entgegentreten. „Mit diesen drei Begriffen sind wir politisch aktionsfähig. In den herausfordernden Zeiten der Transformation, der Selbstblockade und der Rückkehr des Autoritären.“
Kommentare