Neue Motoren: „Wahlfreiheit statt Quasi-Monopole“

Axel Greiner, Präsident der oberösterreichischen Industriellenvereinigung
Axel Greiner, Präsident Industriellenvereinigung Oberösterreich, lehnt es ab, mit den batteriebetriebenen E-Autos ein neues Monopol zu schaffen. Er will auch synthetische Kraftstoffe zulassen.

Axel Greiner (56) ist seit 2013 Präsident der oberösterreichischen Industriellenvereinigung.

KURIER: Die Autobranche ist entsetzt über das geplante Verbot von Verbrennermotoren, wie es Infrastrukturministerin Leonore Gewessler und der grüne Umweltlandesrat Stefan Kaineder fordern.

Axel Greiner: Wir haben es hier ein Stück weit mit einem wahlkampfgetriebenen Aktionismus zu tun. Es geht um die Frage, wie kommen wir beim -Ausstoß herunter? Natürlich sind der Straßenverkehr und die Öl- und Gas-Heizungen, die Frau Gewessler auch verbieten will, wesentliche Treiber für den -Ausstoß. Die große Frage ist, von wo bringen wir die Energie her, die wir für die Industrie und für die Mobilität benötigen?

Sind für Sie E-Fuels eine Alternative? (Elektro-Kraftstoffe, werden als synthetische Kraftstoffe bezeichnet, die mittels Wind- und Solarstrom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid hergestellt werden, Anm.) Sie können bei den herkömmlichen Autos eingesetzt werden.

Wenn man sich in der Klimapolitik auf die Energieträger konzentrieren würde, was ich für den richtigen Ansatz halte, dann hat man die Möglichkeit diese synthetischen Kraftstoffe einzusetzen.

E-Fuels sind wesentlich teurer als Diesel und Benzin. Wie kann man hier den Umstieg schaffen?

Hier wird immer wieder eine erstaunliche Argumentation ins Treffen geführt. Bemerkenswert ist die Position der Grünen, die hier die Argumente der Batterie-Gegner übernehmen, um sie auf die E-Fuels anwenden. Vor Jahren hieß es, batteriebetriebene Autos seien zu teuer, das sei alles nicht erforscht, etc. Warum geht man das Problem des Kohlendioxid nicht von allen Seiten an? Sowohl durch die Förderung von elektrischen Antrieben als auch von E-Fuels. Ich verstehe hier das Nein von Frau Gewessler gar nicht. Die deutsche Regierung hat soeben beschlossen, für E-Fuels ein Förderprogramm aufzulegen. Und in Österreich tun wir alles, um den Einsatz dieser neuen Technologie zu verhindern.

Neue Motoren: „Wahlfreiheit statt Quasi-Monopole“

Wasserstofftankstelle der Firma Fronius in Wels-Thalheim

Ich plädiere hier für mehr Wahlfreiheit und Technologieoffenheit. Wir haben das Quasi-Monopol des Kolbenmotors in der Mobilität gebrochen. Monopole sind der Feind von Innovation und Erneuerung. Jede Alternative soll ihren Beitrag leisten. Denn dann sind wir mit doppelter Kraft in die Klimaneutralität unterwegs. Und wir müssen nicht bestehende Infrastruktur, die es um den Verbrennungsmotor gibt, vorzeitig abschalten. Das wäre eine gigantische Ressourcenverschwendung. Das ist ja nicht nachhaltig.

Die Aussage des grünen Landesrates Stefan Kaineder, man kann nur einen retten, entweder das Klima oder die Öllobby, ist gefährlich. Ich erwarte von einer demokratischen Partei wie den Grünen, dass sie das nicht auf die Öllobby zuspitzt, sondern auf die Mobilitätsanforderungen eingeht.

Wasserstoff ist auch noch eine Alternative.

Wasserstoff, E-Fuels, Strom, Batterien, Plug-in-Hybride, alles ist denkbar. Ich erwarte von der Politik, diese Technologieoffenheit zu verteidigen und nicht den Weg zu gehen, mit den batterieelektrischen Fahrzeugen ein neues Monopol zu schaffen. Das wäre widersinnig und würde dazu führen, gute und interessante Entwicklungen zu verschlafen.

VW setzt ganz stark auf batteriebetriebene Fahrzeuge. Warum bieten die Europäer keine wasserstoffbetriebenen Fahrzeuge an, die Asiaten (Hyundai, Honda) hingegen schon?

Meines Wissens hat BMW einen fertigen Motor in die Schublade gelegt, weil die Speichermöglichkeiten nicht ihren Anforderungen genügt haben. Die Politik fördert nur einseitig die Batterie und für die anderen Antriebe sind weniger Förderungen da. Sie sollte hier auch die Kleinstaaterei beenden, es fehlt an der gesamteuropäischen Denkweise. Wir müssen Lösungen global sehen. Es hat keinen Sinn, wenn sich Europa von Entwicklungen abhängen lässt, weil manche da nicht mitziehen. Wir müssen die entsprechenden Technologien mitanbieten können.

Es gibt ein E-Fuel-Projekt von Porsche in Chile.

In Chile gibt es auch sehr gute Voraussetzungen. Langfristig müssen wir E-Fuels in Afrika denken, um die Transportwege nach Europa zu reduzieren. Damit könnten wir das dortige Potenzial an Wind und Sonne auszuschöpfen, das wir bisher mit Deserttec nicht nutzen konnten, weil wir wegen des hohen Verluststroms die Leitungen nach Europa nicht bauen konnten. Wir können damit die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika fördern und den Kontinent nicht den Chinesen allein überlassen. Damit würde auch der Migrationsdruck Richtung Europa genommen. Mit diesen Technologien machen wir uns unabhängiger von den ölproduzierenden Staaten und von den Kriegen um das Öl.

Themenwechsel. China tritt heute wesentlich nationalistischer auf als früher und will führende Weltmacht werden. Es begeht Ethnozid an Tibetern und Uiguren, Grund- und Freiheitsrechte werden mit Füßen getreten, siehe Hongkong. Führende oberösterreichische Unternehmen haben in China Produktionsstätten, denn China ist der weltgrößte Markt. Wie soll sich Österreich bzw. Europa gegenüber dem kommunistischen China verhalten?

Das ist ein schwieriges Thema. Mit unseren westlichen Werten stoßen wir auf ein System, das eine ganz andere Philosophie vertritt und versucht, diese zu exportieren.

In imperialistischer Weise.

Ja, absolut. Sie sagen zu den Staatsführern, was nutzen euch Freiheit, Liberalismus und die Demokratie des Westens, wenn ihr nicht satt werdet? Die Chinesen kaufen bei uns Impfstoffe und verschenken diese und ihre eigenen an den Rest der Welt. Sie präsentieren sich als Wohltäter. Das chinesische Volk sagt, es geht uns jedes Jahr besser. So funktioniert dieser Staatskommunismus. Wirtschaftlich ist Europa wesentlich verwundbarer als die USA.

VW verkauft beispielsweise 40 Prozent seiner Autos in China.

Richtig. Dieser Konflikt ist auf der wirtschaftlichen Seite von uns Europäern sehr schwer zu führen. Auf der anderen Seite ist es schon möglich, gegenüber China mit einem bestimmten Selbstbewusstsein aufzutreten. Mit Handelspartnern kann man besser in die Diskussion gehen. Die Amerikaner sind der Meinung, wenn sie die Importe aus China reduzieren und den Handelskonflikt hochschrauben, nützt das der eigenen Industrie mehr. Für China selbst ist das aber auch ein zweischneidiges Schwert.

Der Nachteil Europas ist seine Uneinigkeit. Ich habe wenig Hoffnung, dass sich hier ein selbstbewusster Auftritt gegenüber China bewerkstelligen lässt. China rüstet militärisch enorm auf und ist heute schon in der Lage, einen Konflikt mit den USA zu führen. Das, was in Myanmar passiert, ist weltpolitisch in höchstem Maß bedrohlich. Über kurz oder lang wird es ein freundschaftliches Angebot an die Militärjunta geben und dann hat China einen freien Zugang zu den Weltmeeren. Ich halte es für eine globale Herausforderung, welche Werte sich in der Welt durchsetzen werden.

Mit Putin und Russland gibt es ebenfalls Konflikte. Die Wirtschaft, Bauernvertreter und in Russland tätige Unternehmer lehnen die EU-Sanktionen wegen der Besetzung der Krim und der Ostukraine ab. Heftige Diskussionen gibt es auch über die Fertigstellung der Gaspipeline Nord Stream 2 nach Deutschland. Die OMV ist am Projekt beteiligt. Soll die Pipeline fertiggestellt werden?

Es erhöht natürlich massiv die Abhängigkeit vom russischen Gas. Wir erleben Russland als Akteur in vielen Kriegsschauplätzen rund um Europa. Das beginnt in der Ukraine, geht über Georgien, Syrien, bis nach Libyen. Auch da wäre eine Politik notwendig, die Grenzen aufzeigt, rote Linien zieht, und sie entsprechend verteidigt. Das ist etwas, das uns in Europa sehr schwerfällt. Denn dann würde man sich auch rasch in einem bewaffneten Konflikt befinden. Deswegen weichen wir so rasch auf die wirtschaftlichen Sanktionen aus. Das ist aber auf Dauer ein Nachteil für die europäischen Unternehmen, denn Sanktionen führen zu einer Umorientierung der russischen Wirtschaft zu anderen Partnern. Und sie haben bisher keinen einzigen der militärischen Konflikte gelöst.

Wir haben Probleme mit China und mit Russland, mit wem machen wir dann Geschäfte? Schadet das der oberösterreichischen Industrie?

Das betrifft immer wieder auch oberösterreichische Unternehmen, dadurch sind das entgangene Chancen. Letztlich ist über den Handel auch der Austausch von Meinungen und die Einflussnahme besser möglich als, wie wenn man das nicht hat und die Fronten verhärtet sind.

Sie plädieren trotz aller Probleme für wirtschaftliche Beziehungen?

Europa sollte sich wesentlich stärker aufstellen und die Einhaltung der Menschenrechte einfordern. Wenn das von der Politik entsprechend unterstützt wird und die Unternehmen hier nicht alleingelassen werden, ist das schon ein Instrument, den Druck auf die Einhaltung der Menschenrechte zu erhöhen. Wir haben in der Vergangenheit über die Globalisierung dazu beitragen können, dass in vielen Ländern die Armut sinkt und die Menschenrechte stärker durchgesetzt wurden.

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