Nachsorge muss nicht im Spital sein

Harald Schöffl
Harald Schöffl, Vorstand der oberösterreichischen Gesundheitsholding, plädiert für regionale Gesundheitsdrehscheiben.

„Wir sind mit unserem Gesundheitssystem gut durch die Krise gekommen und werden auch gut durch die nächste Krise kommen“, zieht Harald Schöffl (54), Vorstand der Gesundheitsholding, eine erste Corona-Bilanz.

Viele Spitalsbetten ein Vorteil

Der Schwerpunkt liege im stationären Bereich, im internationalen Vergleich verfüge Österreich über eine hohe Anzahl an Spitalsbetten. „In einer schweren Krise ist das von Vorteil.“ Dagegen gebe es wenig extramurale Infrastruktur (außerhalb der Krankenhäuser, Anm.). „Wir können eine Reihe von Erkrankungen und Problemen, die wir heute in Spitäler lösen, auch anders klären.“ Zum Beispiel in Ordinationen, die den Krankenhäusern vorgelagert sind. Ein Problem sei die getrennte Steuerung der stationären Systeme, der Spitäler einerseits (durch die Länder), und des niedergelassenen Bereichs andererseits (durch die Sozialversicherungen).

Finanzierung der Gesundheit aus einer Hand

„Wir bräuchten eine Finanzierung aus einer Hand“, so Schöffl, „die dann entscheidet, wo welches Problem (best point of service) gelöst wird.“ Warum müsse jemand mit Ohrenschmerzen in eine Spitalsambulanz gehen, wo es woanders gelöst werden könnte? Schöffl nennt als Beispiel das Krankenhaus Kirchdorf, in dem auch eine Gruppenpraxis für Kinderheilkunde untergebracht ist. „Alle Fachärzte der Abteilung Kinderheilkunde des Krankenhauses betreiben im Krankenhaus eine Gruppenpraxis.“ Damit könne die Kinderambulanz des Krankenhauses eingespart werden. „Das ist ein Idealzustand.“ Bildgebende Diagnostik, MR-Untersuchungen, die gesamte Radiologie oder Laboruntersuchungen seien weitere Bereiche, die von den Krankenhäusern an private Ärzte bzw. Ärzteverbünde ausgelagert werden könnten. Hier gebe es verschiedenste Modelle. „Da kann ein Spitalsträger Miteigentümer sein, Eigentümer oder Nichteigentümer sein.“

Pflegebetonte Nachsorgebetten

Dringend sei auch die Schaffung von pflegebetonten Nachsorgebetten. Diese sollten außerhalb des Krankenanstaltengesetzes (KAG) organisiert werden. Als Beispiel nennt der gelernte Unfallchirurg Schöffl sein Metier, die Unfallchirurgie. Ein älterer Patient, der eine neue Hüfte bekomme, profitiere vom Unfallchirurgen drei Tage: bei der Diagnose, der Operation und der Nachkontrolle. Der Patient brauche ansonsten anderweitige Unterstützung.

Gesundheitsdrehscheiben

Die niedergelassenen Bereiche (Hausärzte etc.) sollten um Gesundheitsdrehscheiben erweitert werden. „Es sollen mehrere Ärzte zusammenarbeiten, die Pflegefachkräfte, Diabetikerbetreuer etc. eingebunden sein.“ Hier sollte interprofessonell und interdisziplinär Gesundheitsbetreuung und -vorsorge passieren. Bis hin zu palliativen Teams.

Telemedizin

„Jeder möchte am liebsten zu Hause sein, wenn er krank ist. Das sollte ermöglicht werden.“ Dazu gehöre ein massiver Ausbau aller telemedizinischen Möglichkeiten.

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