Abschied vom Ortschef: "Opa hatte immer einen Schmäh auf Lager"
Nur mühsam kämpft sich die Sonne am Samstag in Kirchberg ob der Donau durch den Nebel, der über weiten Teilen des Mühlviertels hängt. Punkt 13 Uhr setzt sich die Sonne durch.
Da beginnt das Begräbnis von Franz Hofer, der am kleinen Friedhof neben der Kirche mitten im Ort bestattet wird.
Er war der Bürgermeister der kleinen Gemeinde und am Montag der Vorwoche das erste Opfer der Bluttat im Mühlviertel, erschossen in Fraunschlag in Altenfelden (Bezirk Rohrbach) von einem Jagdkollegen, gegen den er Anzeige wegen „unwaidmännischen Verhaltens“ eingebracht hatte.
„Er ist für seine Werte eingetreten und deshalb gestorben“, erinnert der oö. Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner an seinen Jagdkollegen.
Vor dem Gemeindeamt - von dem man einen Blick auf die Kirche hat - wurde die schwarze Fahne gehisst, Blumen und Kerzen stehen im Eingangsbereich. Ein Wort wird an diesem Tag häufig gebraucht, auch von einer Nachbarin des verstorbenen Ortschefs: „Wir sind fassungslos, einfach fassungslos. Niemand versteht, wie es so weit kommen konnte.“
Franz Hofer ist in der Aufbahrungshalle gegenüber der Kirche aufgebahrt. Kränze säumen den Sarg, jene der Familie, aber auch jener von Landeshauptmann Thomas Stelzer. Denn mit den Angehörigen und den Gemeindebürgern trauert das ganze Land um den getöteten ÖVP-Bürgermeister.
„Es gelingt nicht, Worte zu finden, die Trost spenden“, sagt Stelzer, der Hofer einen letzten Respekt dafür zollt, was dieser in der Gesellschaft eingebracht hat: „Es ist tragisch, dass sein Eintreten für die Regeln, die ein gutes Zusammenleben ermöglichen, zu dieser furchtbaren Tat geführt haben.“ Franz Hofer sei ein „Gestalter, wie ihn die Demokratie braucht“, gewesen, ist Stelzer überzeugt.
Das Begräbnis findet in der Pfarrkirche der Heimatgemeinde des Verstorbenen statt. Dort erinnern sein Jagdhut, ein Kochbuch mit oberösterreichischen Wildspezialitäten, sein Feuerwehrhelm, ein Bild und ein T-Shirt, „z´Kiberg is's am feinsten“ an den beliebten Ortschef.
Vor der Messe lässt die Nachbarin des Ermordeten ihren Erinnerungen freien Lauf. „Am Sonntag vor zwei Wochen habe ich beim Wandern eine Gruppe getroffen“, erinnert sie sich an den Tag vor der Bluttat zurück.
Keine Insel der Seligen mehr
„Als ich gesagt habe, dass ich aus Kirchberg ob der Donau bin, hat einer aus der Gruppe gemeint: Das ist ja eine Insel der Seligen“, erzählt die Frau. Und fügt betroffen an: „Am nächsten Tag war das vorbei mit der Insel der Seligen.“
Tatsächlich liegt die Ortschaft abgeschieden, hoch über der Donau mit einem wunderbaren Blick auf diese Lebensader. Kirche, Gemeinde, ein Geschäft, Wirtshäuser, mitten im Ort ein Bauernhof. Ein Nest, würden viele sagen.
Der Vater des Verstorbenen – er war auch Bürgermeister in Kirchberg – hat das Wort umgedeutet, weiß die Nachbarin: „Das ist ein Nest, in dem man sich geborgen fühlt.“ Und dem auch der jetzt verstorbene Bürgermeister seinen Stempel aufgedrückt hat.
Die Geborgenheit war aber mit einem Schlag weg – und kehrt nur langsam zurück. Durch den Zusammenhalt im Ort, durch Gespräche, durch die Erinnerung an den 64-jährigen Bürgermeister, der sich nicht nur als Jagdleiter engagiert hatte. 20 Jahre war er Feuerwehrkommandant, seit 2008 war er Ortschef.
Der Familienmensch
Wie sehr er aber Familienmensch war, zeigt sich beim Begräbnis. Abt Lukas vom Stift Schlägl erinnert an Hofer als „leidenschaftlichen Koch, der die Menschen mochte und viele an seinen Tisch geladen“ hatte.
Und auf dessen Handschlagqualität sich viele Menschen verlassen haben. „Seine Handschrift ist nicht nur im Ort zu sehen“, sagt Abt Lukas und zitiert einen Sohn des Verstorbenen: „Der Papa hatte ein riesiges Herz.“
Und dann zaubert eine Enkelin den Trauergästen in der Kirche ein Lächeln ins Gesicht: „Der Opa hatte immer einen Schmäh auf Lager.“ Jagdlich schließlich auch der letzte Gruß vom Landesjägermeister. Er wünscht Franz Hofer „Waidmanns Ruh“.
Neben dem Politiker soll der für die Bluttat verdächtige Jäger innerhalb von eineinhalb Stunden auch einen ehemaligen Jagdleiter in der Nachbargemeinde Arnreit erschossen haben. Dieser wurde bereits am Donnerstag beigesetzt.
Die intensive Fahndung nach dem mutmaßlichen Täter brachte erst nach fünf Tagen ein Ergebnis, als dieser tot in einem Wald aufgefunden wurde. Die Obduktion brachte zunächst keine Klarheit über den Todeszeitpunkt, die Gerichtsmedizin werde aber ein vertiefendes Gutachten anhand von Insektenlarven erstellen.
Dies könne allerdings mehrere Wochen dauern, wie es von der Staatsanwaltschaft Linz hieß. Hinweise auf Mittäter oder Fluchthelfer gebe es keine.
Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums.
Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich. Infos für Jugendliche gibt es unter www.bittelebe.at
Hunderte Hinweise
Nach dem Doppelmord wurden 50 weitere Personen unter Polizeischutz gestellt, die mit dem mutmaßlichen Täter Differenzen gehabt hätten. Tagelang war die Region von intensiver Polizeipräsenz geprägt. Hunderte Hinweise erhielt die Polizei aus der Bevölkerung, keiner davon erwies sich als zielführend.
Sogar die Hunde des gesuchten Jägers wurden bei der Suche eingesetzt. Als das Auto des mutmaßlichen Täters schließlich auftauchte, wurde dieses Gebiet intensiv abgesucht und die Leiche des Mannes schließlich gefunden.
Kommentare