Messerattacken in OÖ: Asylheim wird diese Woche geschlossen

Auf einem Bauernhof soll er sein zweites Opfer erstochen haben
Asylwerber verletzte Betreuer lebensgefährlich und erstach einen Bauern. Eingreifende Heimbewohner wurden auch verletzt.
  • 33-jähriger Verdächtiger soll Betreuer attackiert haben. Der Betreuer schwebt in akuter Lebensgefahr.
  • Bewohner wollten den Angreifer zurückhalten. Drei von ihnen wurden verletzt.
  • Landwirt wurde auf der Flucht des Verdächtigen getötet.
  • Rotes Kreuz kündigt Verlegung der Bewohner bis Ende der Woche an. Einrichtung besteht seit 2015. Bisher habe es keine Probleme gegeben.
  • Landeshauptmann will den Landessicherheitsrat einberufen.

Nach der Messerattacke auf einen Flüchtlingsbetreuer in einer Unterkunft am Montag in Wullowitz (Bezirk Freistadt) kündigte das Rote Kreuz in einer Aussendung die Schließung der Einrichtung an. "Aufgrund des Vorfalles am 14. Oktober und der damit verbundenen Verunsicherung beschleunigen wir die Verlegung der Bewohner in andere Rotzkreuz-Quartiere", hieß es. In Abstimmung mit dem Land Oberösterreich sollte dieser Vorgang noch in dieser Woche abgeschlossen sein. Eigentlich war geplant, die Unterkunft im ersten Quartal 2020 zu schließen. Und auch Oberösterreichs Integrationslandesrat Rudi Anschober (Grüne) sagte im Gespräch mit dem Standard Dienstagmittag, dass eine Schließung des Asylheims bereits fix sei.

Nach dem Angriff schwebte der 32-jährige Betreuer Dienstagmorgen in „akuter Lebensgefahr“. Als Motiv des mutmaßlichen Täters, ein 33-jähriger Asylwerber, hat die zunächst Polizei „Differenzen bei der Vermittlung eines Arbeitsplatzes“ mit dem Opfer angegeben. Das ist aber noch nicht gesichert.

Messerattacken in OÖ: Asylheim wird diese Woche geschlossen

Gegen 14.30 Uhr kam der Afghane, der mit seiner Lebensgefährtin und zwei Kindern in einer privaten Wohnung lebt, mit dem Fahrrad in die Asylunterkunft in Wullowitz. Dort geriet er mit einem Betreuer wegen eines Jobs in Streit. Laut Zeugen versuchte der 33-Jährige daraufhin dem 32-Jährigen die Kehle durchzuschneiden. Andere Asylwerber zerrten ihn vorerst von seinem Opfer weg. Der Angreifer konnte sich jedoch losreißen und stach dem Betreuer in die Brust. Anschließend flüchtete er mit einem gestohlenen Fahrrad. Von den zu Hilfe eilenden Asylwerbern wurden ebenfalls drei Personen verletzt.

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Die Unterkunft

"Alle Afghanen sind nicht gleich. Der Mann wollte mit dem Messer  töten. Für Daniel hätte ich mein Leben gegeben." Das sagt ein 22-jähriger Afghane, der Montagnachmittag mit fünf anderen Flüchtlingen verhindern wollte, dass der Betreuer vom Angreifer getötet wird. Unter den Einschreitenden befand sich auch eine Frau.

Akute Lebensgefahr

Der Betreuer wurde mit schwersten Verletzungen in die Linzer Uniklinik geflogen und dort notoperiert. Laut Auskunft des Klinikums bestand Dienstagfrüh „akute Lebensgefahr“.

Zwei Stunden nach der Attacke fanden Polizisten in einer geöffneten Garage eines Bauernhofs unweit des Tatortes die Leiche eines 63-jährigen Mannes. Er war mit einem Messerstich in die Brust getötet worden, so die Polizei. Wie sich herausstellte, fehlte das Auto des Landwirts.

Beim Haus wurde ein Fahrrad mit Blutspuren gefunden. Daher gingen die Beamten davon aus, dass der Verdächtige mit dem Pkw seine Flucht fortgesetzt hatte. Nach stundenlanger Fahndung wurde der Afghane schließlich in dem Auto im Stadtgebiet von Linz gesichtet und um 21.42 Uhr festgenommen. Er wurde in das Polizeianhaltezentrum Linz eingeliefert und soll am Dienstag einvernommen werden. Bei einer ersten kurzen Befragung unmittelbar nach der Verhaftung habe er sich zu den Vorwürfen nicht geäußert, vermeldete ein Polizeisprecher.

 

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"Belastung"

Der Bürgermeister von Leopoldschlag, wo sich das Heim im Ortsteil Wullowitz befindet, hatte verlangt, dass die Einrichtung geschlossen wird. "Die Bevölkerung ist ohnehin durch die Bundesstraße zur Grenze hin enorm belastet. Und durch diesen Vorfall ist die Belastung enorm."

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Er habe deshalb die Fornderung nach einer Verlegung des Heims im Integrationsbüro des Landes deponiert. Derzeit seien in dem Heim 20 Flüchtlinge untergebracht, in dem Ortsteil leben 60 Einwohner, schilderte der Bürgermeister. Das Haus direkt an der tschechischen Grenze hält er auch deshalb nicht für ideal, da es nur eine schlechte Anbindung an den öffentlichen Verkehr gebe. An Wochenenden gebe es überhaupt keine Busverbindung.

Das OÖ. Rote Kreuz betreibt die Asylwerberunterkunft Wullowitz seit Ende 2015. Es habe hier nie Probleme gegeben. Aktuell leben dort 20 Flüchtlinge. 18 von ihnen leben im Familienverbund.

Als „richtigen Schritt und notwendige Konsequenz“ bezeichnet Landeshauptmann Thomas Stelzer die angekündigte Schließung des Flüchtlingswohnheims durch das Rote Kreuz. „Diese Situation fordert uns als ganzes Land. Aber gerade für so eine kleine Gemeinde ist der Druck enorm. Diesen Druck müssen wir jetzt rausnehmen. Die Gemeinde braucht jetzt Ruhe, damit der Gang in die Normalität wieder möglich wird.“

Landessicherheitsrat

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) hat inzwischen noch für diese Woche die Einberufung des Landessicherheitsrats angekündigt. Sein blauer Stellvertreter Manfred Haimbuchner hatte dies bereits Montagabend gefordert. Beide wünschten am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz dem Betreuer, der in akuter Lebensgefahr schwebt, beste Genesung. Den Hinterbliebenen jenes 63-jährigen Landwirts, den der 33-jährige Asylwerber auf der Flucht mit einem Messer erstochen haben soll, sprachen sie ihr Mitleid aus. Die Polizei lobten die Politiker wegen des raschen Fahndungserfolg.

Gleichzeitig meinte Stelzer, er sei auch „zornig und erschüttert, weil ein Mann, dem unser Land Schutz und Sicherheit bietet, so etwas Bestialisches verbrochen haben soll“. Im Zuge des Asylverfahrens gegen den verdächtigen Afghanen erhoffe sich Stelzer die „zweitinstanzliche Entscheidung beim Bundesverwaltungsgericht aufgrund von 'Gefahr im Verzug' vorzuziehen“.

Dennoch appellierte an „uns als Gesellschaft, Flüchtlinge nicht pauschal und undifferenziert zu verdächtigen oder gar zu verurteilen“. Haimbuchner wünschte sich, dass „die seit Jahren stattfindenden Messerattacken und die Gewalt gegenüber der heimischen Bevölkerung ein Ende finden muss“.

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