Mayr: Angriff auf den WM-Titel im Stubaital
Sie habe nie mitgezählt, sagt Andrea Mayr. „Jetzt weiß ich es.“ Dass sie nämlich soeben österreichische Sportgeschichte geschrieben hat.
Bei den Berglauf-Staatsmeisterschaften in Itter/Tirol hat sie ihren 56. Titel in der Allgemeinen Klasse gewonnen und die bisherige Bestmarke der vor kurzem verstorbenen Karoline Käfer eingestellt.
"Bin noch immer konkurrenzfähig"
Rekord hin oder her, für die Ausnahmeathletin aus Gmunden zählt das Eigentliche dahinter: „Es macht mich schon stolz, dass ich die Leistung über eine so lange Zeit halten kann und nach wie vor konkurrenzfähig bin.“ Mayrs Titelsammlung ist breit gestreut, reicht von der 10.000 Meter-Langstrecke über Hindernis- und Crosslauf bis hin zum Rad-Bergrennen.
Seit einigen Jahren konzentriert sie sich auf den Berglauf. In dieser Disziplin ist sie Österreichs mit Abstand erfolgreichste Athletin und auch mit 43 Jahren die klare Nummer eins.
WM im Stubaital
Und sie möchte diese Position halten, denn es gibt immer wieder etwas, das sie aufs Neue antreibt. Ein siebenter WM-Titel etwa. Um den geht es Anfang Juni im Stubaital. Demnächst wird sie die gut sieben Kilometer lange Strecke mit 1.020 Höhenmetern vier Tage lang erkunden. Dass es dort auch zwei flachere Passage gibt, ist weniger nach ihrem Geschmack: Je steiler, umso lieber.
Am liebsten ohne Flachteile
„Für mich könnten sie alle Flachteile weglassen. Aber es ist eine WM und kein Wunschkonzert.“ Mayr rechnet mit einem starken Feld, vor allem Läuferinnen aus afrikanischen Ländern seien nicht zu unterschätzen.
„Aber natürlich fahre ich nicht hin, um mich unter ferner liefen zu platzieren.“ Auch wenn sie um einiges älter sei als alle ihre Konkurrentinnen, bleibt Mayrs Ziel hochgesteckt. „Ich versuche eben jedes Jahr wieder, dem Alter und der Natur ein Schnippchen zu schlagen.“
Zwei Trainings pro Tag
Mayr ist Oberärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie am Salzkammergut-Klinikum Gmunden. Arbeitsbeginn ist um sieben Uhr, zuvor schon rückt sie zum Training aus. Nach Feierabend dann ein zweites Mal. Und das täglich. Alles eine Frage der Disziplin, denn der Job ist fordernd. Ein Nachtdienst mit insgesamt 25 Stunden verlangt starken Willen, sich nebenher auch noch sportlich abzuplagen.
Es gibt schädlichere Hobbys
„Grundsätzlich ist Leistungssport kein Gesundheitssport“, sagt die Ärztin Mayr. „Aber ich kann sagen, dass ich meinen Körper nicht besonders schädige“, erwidert die Athletin Mayr. „Es gibt deutlich schädlichere Hobbys.“ Auch absolviere sie etwa die Hälfte des Trainingspensums auf dem Rad, weil das die Gelenke mehr schone als Laufen. Punkto Essen und Schlaf lebe sie ohnedies relativ gesund. Wie lange und in welchem Umfang sie weiterhin Sport auf allerhöchstem Niveau betreiben wird, lässt Mayr offen. „Ich plane überhaupt nicht mehr und kann gar nichts ausschließen. Das Einzige, was ich sagen kann: Es macht mir nach wie vor Spaß.“
Pflegekind
Seitdem sie vor zwei Monaten ein Pflegekind zu sich genommen hat, haben sich allerdings die Koordinaten in ihrem Leben deutlich verschoben. „Und wenn du heute einmal nicht läufst“, frage die Kleine des öfteren. Ob Kind und Sport auf Dauer zusammengehen, muss sich weisen.
Der Hausberg
Andererseits: Soeben hat Mayr erfahren, dass die österreichischen Berglaufmeisterschaften im nächsten Jahr auf der Katrin in Bad Ischl ausgetragen werden. „Das ist ein bisschen mein Hausberg.“ Und weil extrem steil, komme ihr sehr entgegen. Durchaus möglich also, dass sie auch noch auf den 57. Titel losgeht – und dann auf lange Zeit alleinige Rekordhalterin bleibt.
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