Lebenshilfe fordert 500 neue Wohnplätze für Behinderte

Wartezeiten auf Behindertenwohnungen mit Betreuung sind in OÖ oft dramatisch lang
Bei Wohnraum für Menschen mit Einschränkungen klafft weiter eine Riesenlücke.

„Momentan verwalten wir einen Notstand. Davon müssen wir wegkommen.“ Helga Scheidl, die Präsidentin der großen Sozialhilfeorganisation Lebenshilfe Oberösterreich (LH), kennt wenig Zurückhaltung, wenn es um den Mangel an betreuten Wohneinrichtungen für Behinderte in ihrem Bundesland geht. Menschenunwürdige und dramatische Szenen würden sich tagtäglich in den Einrichtungen der Lebenshilfe und anderer Sozialorganisationen, aber auch bei den Sprechtagen der Politiker abspielen, wenn Angehörige um eine würdige Wohnsituation für ihre Kinder bitten, schildert Scheidl.

Der dramatische Fehlbestand von Behindertenwohnplätzen ist politisches Dauerthema in der oö. Landespolitik. Beim Amtsantritt 2017 hatte Landeshauptmann Thomas Stelzer die Schaffung von 400 neuen Wohnplätzen bis 2021 angekündigt. „Das ist eine spürbare Erleichterung, es bedarf darüber hinaus aber noch weiterer 400 bis 500 Plätze. Das zeigen uns sie Wartelisten“, schildert LH-Vizepräsident und General der oö. Versicherung, Josef Stockinger.

Wartelisten

Lebenshilfe fordert 500 neue Wohnplätze für Behinderte

Bedarf für Behindertenwohnungen ist weiter ungebrochen

Über die Bezirkshauptmannschaften gibt es landesweit derzeit eine Liste mit

3.800 Bewerbungen für Behinderten-Wohnplätze mit unterschiedlicher Dringlichkeit. „Da werden auch schon Kleinkinder und Jugendliche von den Eltern vorsorglich angemeldet“, erklärt LH-Geschäftsführer Gerhard Scheinast. Wirklich dramatisch sei die Situation aber in zahlreichen Familien, wo die inzwischen alt gewordenen Eltern ihre behinderten Kinder seit Jahrzehnten betreuen, und sich nun um deren Zukunft sorgen. „Wir erleben erstmals das Phänomen, dass diese Kinder ins Pensionsalter kommen“, erklärt Stockinger.

Ziel dürfe es aber nicht sein, Menschen mit Einschränkungen erst im Alter ein eigenständiges Leben

in betreuten Wohnanlagen anzubieten, „das sollten wir ihnen schon in jüngeren Jahren ermöglichen“, fordert Präsidentin Scheidl. Ein Hauptgrund für das Defizit an derartigen Spezialwohnungen sei, dass in Jahren 2009 bis 2015 keine einzige öffentliche Behindertenwohnung errichtet worden sei.

Aktuell gibt in OÖ rund 1.500 solcher Wohnungen, die restlos ausgebucht sind. Ziel müsse es sein, 2.500 zu bekommen, sagen die LH-Verantwortlichen. Klar sei aber auch, dass dem Land dadurch nicht nur hohe Kosten für die Errichtung, sondern auch für das Betreuungspersonal entstehen. Stockinger: „Diese Budgets und auch das Personal gibt es derzeit nicht“.

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