Langer-Weininger: „Die Spekulation mit Grund und Boden nimmt zu“

Langer-Weninger auf ihrem Hof. Im Hintergrund die Drachenwand und darunter der Mondsee
Mit Michaela Langer-Weninger ist erstmals eine Frau und Biobäuerin Präsidentin der Landwirtschafts- kammer. Das ist ein doppelter Tabubruch.

Michaela Langer-Weninger ist die neue Präsidentin der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Die 40-Jährige stammt aus Litschau (Bez. Gmünd) und bewirtschaftet mit ihrem Mann Leopold einen Bio-Heumilch-Betrieb mit 20 Hektar Grünland in Loibichl in der Gemeinde Innerschwand am Mondsee. Die beiden haben drei Kinder: Sofia (19), Jakob (18) und Samuel (13). Langer-Weninger gehört seit zehn Jahren dem Landtag (ÖVP) an.

KURIER: Wie fühlt sich eine Waldviertlerin im Mondseeland?

Michaela Langer-Weninger: Als wir in der Hauptschule nach Filzmoos auf Skikurs gefahren sind, habe ich mir gedacht, als wir auf der Autobahn am Mondsee vorbeigefahren sind, da könnte ich einmal sein. Ich habe dann in Krems die Tourismusschule gemacht. Für das achtwöchige Praktikum in den Ferien bin ich mit meiner Freundin nach Mondsee in den Gasthof Grüner Baum gekommen. Als wir abends zum See spaziert sind, habe ich zur Verena gesagt, da könnte ich einmal bleiben.

Im Jahr darauf habe ich meinen Mann kennengelernt und ich bin da geblieben. (lacht)

Sind Sie auf einem Hof aufgewachsen?

Wir haben zu Hause einen Bauernhof, den mittlerweile mein Bruder führt. Mitzuarbeiten war für uns selbstverständlich. Es war aber nie mein Ziel Bäuerin zu werden. Ich habe eine touristische Ausbildung gemacht, die Gastronomie hat mir immer gefallen. Der Umgang mit den Gästen und Leuten war mir lustig.

Als wir geheiratet und den Hof übernommen haben und die ersten beiden Kinder da waren, habe ich es erst richtig schätzen gelernt, ein Bauernhaus zu haben. Man hat den Arbeitsplatz zu Hause und kann für die Kinder da sein.

Ihre Wahl ist ein zweifacher Tabubruch. Zum einen sind Sie eine Frau, zum anderen übernimmt eine Vertreterin der Bio-Landwirtschaft den Präsidentenposten. Die Landwirtschaft ist traditionell eher männlich-patriarchal geprägt.

In den vergangenen zehn Jahren, in denen ich schon bäuerliche Politik gemacht habe, ist es mir immer gut gegangen. Es waren die Männer, die gesagt haben, Michaela, versuch’ das. Es gab immer männliche Förderer. Die Funktion ist zweifellos ein schönes Zeichen für die Frauen und Bäuerinnen. Aber es gehört einfach die Arbeit gemacht, die ansteht. Dort, wo ich bin, versuche ich sie bestmöglich zu machen.

Es hat in der Welt der Bauern offensichtlich ein Umdenken stattgefunden, denn vor 40 Jahren wäre das noch nicht möglich gewesen.

Die gute Seele am Hof ist immer schon die Bäuerin gewesen. Die Funktionen sind männlich besetzt gewesen, aber nicht nur in der Landwirtschaft, sondern generell. Es haben sich mit der Zeit die Frauen hineinreklamiert, was auch gescheit ist. Losgegangen ist es damit, dass man gesagt hat, man braucht halt auch eine Vorzeigefrau.

Die Arbeit geschieht am Hof auch miteinander, so soll es auch in der Politik sein. Es soll die weibliche und die männliche Seite abgebildet sein.

Die Zahl der Biobauern ist zwar im Zunehmen, aber der konventionelle Betrieb galt immer etwas mehr.

Ich sehe das ganz ausgeglichen, denn die Bäuerinnen und Bauern machen eine perfekte Arbeit. Sie erfüllen ganz hohe Standards und Auflagen, sei es im Tier- oder Naturschutzbereich. Hier gibt es halt verschiedene Arten, wie man die Produktion ausrichtet. Unser Weg auf unserem Hof war die biologische Produktionsweise. Ich halte nichts davon, wenn ein Bauer auf den anderen zeigt und sagt, der eine macht etwas gut oder schlecht. Wir sitzen alle in einem Boot und sind nur mehr 2,5 Prozent der Bevölkerung. Wir haben mit der Nahrungsmittelproduktion einen großen Auftrag für die Gesellschaft sollten deshalb gemeinsam auftreten.

Was war die Motivation, Ihren Betrieb bio zu führen?

Im Grünland ist es relativ einfach die Auflagen zu erfüllen. Wir waren immer schon ein Weidebetrieb. Wir wollten sowieso einen Freilaufstall bauen. Der höhere Mehrwert für den Milchpreis war unser Ansporn. Mir war das nicht neu, denn wir waren zu Hause im Waldviertel schon seit 1995 ein biologischer Betrieb.

Welche Hauptherausforderung für die Landwirtschaft sehen Sie?

Wir haben eine Handvoll Arbeit, weil wir sie an den fünf Finger der Hand gut benennen können.

Wir werden jeden Tag weniger. Jeden Tag gibt es welche, die ihren Hof zusperren. Das ist eine dramatische Entwicklung, weil die Versorgung mit Lebensmitteln und die Pflege der Landschaft gemacht werden muss.

Der Druck auf Grund und Boden nimmt zu. Diese Ressource wird jeden Tag weniger. Die Bodenspekulation nimmt zu. Ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche ist nicht mehr in bäuerlicher Hand. Der Boden wird als Geldanlage gekauft und dann sagt man, der Bauer darf ihn bewirtschaften und pflegen. Das ist eine dramatische Entwicklung, weil das Eigentumsrecht die Grundlage für die landwirtschaftliche Entwicklung ist.

Die Forderungen auf diesen Grund und Boden werden immer mehr. Uns wird genau vorgeschrieben, wie wir produzieren und die Tiere halten sollen. Die Gefahr ist, dass die Produktion aus Österreich verdrängt wird und wesentlich schlechtere Produkte importiert werden, die dann in den Supermarktregalen stehen.

Wir müssen die öffentlichen Gelder für die Landwirtschaft sichern, denn die EU–Kommission will sie kürzen. Das können wir nicht hinnehmen. Auf der einen Seite werden die Auflagen mehr, auf der anderen Seite soll es weniger Geld geben. Wie soll das funktionieren?

Die Auflagen nehmen zu, aber die Bereitschaft, dafür im Supermarkt zu zahlen, schwindet. Wir wollen hier in die Offensive gehen und den Menschen erklären, welche Auswirkungen ihr Kaufverhalten hat.

Fühlen sich die Bauern von der Gesellschaft nicht richtig verstanden?

Da erleben wir zwei verschiedene Situationen. Jene Bäuerinnen und Bauern, die direkt mit dem Konsumenten in Kontakt stehen, erleben sehr viel Wertschätzung. Unser Image in der Gesellschaft ist ein gutes, wir kommen nach den Ärzten gleich an zweiter Stelle, aber unsere Selbstwahrnehmung ist eine andere. Oft werden wir auch geschimpft, wenn wir am Sonntag mit der Ernte heimfahren müssen und es staubt. Hier müssen wir stärker werden, jeder an der Position, wo er steht. Wir wollen dem Konsumenten ein gutes Produkt auf den Tisch bringen, wir wollen umweltgerechte Produkte, die einen Mehrwert haben. Diesen Mehrwert verkaufen wir derzeit zu wenig.

Ist bio die Zukunft?

Es ist eine Ausrichtung, die für manche Höfe passen kann, aber es wird bestimmt nicht für alle Höfe passen. Wir werden jede Produktionsrichtung brauchen. Wenn alle dasselbe machen, werden wir keine Produktionsdifferenzierung am Markt zustande bringen.

Was rät heute die Landwirtschaftskammer den Bauern? Früher haben Sie empfohlen, viel Kunstdünger zu streuen, um die Mengen auszuweiten.

Wir wollen die Bäuerinnen und Bauern, die in der Landwirtschaft bleiben wollen, fragen, was sie wollen. Wir unterstützen sie dort, wo sie ihre Möglichkeiten des Hofes sehen und wo sie ihre Fähigkeiten haben. Jede/r soll das Beste daraus machen, was ihm zur Verfügung steht.

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