Illegales Bauprojekt: Land Oberösterreich stoppt Gemeinde

Die Ortschaft Schleißheim liegt im Speckgürtel von Wels, eine ihrer Katastralgemeinden heißt Blindenmarkt. Sie liegt mehrere Kilometer vom Ortszentrum entfernt, am Weg dorthin eröffnet sich der Blick auf den Traunstein und den Großen Priel. Ländliche Idylle, der postkartenmäßige Traum vom Wohnen im Grünen.
Blindenmarkt besteht aus nur wenigen Häusern. Wo der Asphalt endet, führt ein kleiner Waldweg aus dem Ort hinaus zu den Feldern.

Blindenmarkt
Dass dort ein Abwasserkanal liegt, macht stutzig.

Der Kanal wäre längst vorbereitet.
Noch stutziger wird man, wenn der Wald aufhört. Endlose saftig grüne Wiesen, eine Reihe an Bäumen, rechter Hand im Hintergrund der Kremsmünster-Stiftswald, voraus ein verfallender Bauernhof. Und das Feld auf der linken Seite soll verbaut werden.

Das Feld, um das es geht.
Zumindest, wenn es nach der Gemeinde und dem Eigentümer des Feldes, ein ortsansässiger Unternehmer, geht. Denn auf diesem Feld, es hat rund 4.000 Quadratmeter, liegt seit vielen Jahren tatsächlich die für eine Verbauung passende Widmung „Bauland/Dorfgebiet“.
Von der Gemeinde genehmigt
Deshalb war die Gemeinde der Überzeugung, für diesen Grund eine Bauplatzbewilligung und eine Baugenehmigung für ein eingereichtes Projekt zu erteilen. Nicht zum ersten Mal wurde der Versuch gestartet, diese Grünflächen weit außerhalb des Ortskerns und fernab jeder Verbauung, zu verwerten.
Vor rund zehn Jahren wurde der Versuch allerdings wieder gestoppt – wegen der Proteste des Nachbarn – und weil das Land gesagt hat: Das geht nicht.
Karl-Maria Pfeffer, der Nachbar, ist es auch, der gegen den neuen Anlauf zur Verbauung dieses Feldes auftritt. Nicht nur, weil er Nachbar ist, sondern weil aus seiner Sicht die Gesetze dafür gebrochen werden.
Vom Land wieder aufgehoben
„Irgendwann ist es genug, es muss nicht alles ruiniert werden“, sagt er. Diese Ansicht teilt die Gemeindeaufsicht des Landes, sie hat zwei Bescheide der Gemeinde aufgehoben. „Wegen Gesetzeswidrigkeit“, wie das Amt der OÖ-Landesregierung im Aufhebungsbescheid festgestellt und auf zwölf Seiten umfangreich und detailliert begründet hat.
Es geht um zwei Punkte: Dass nämlich der entsprechend gewidmete Grund von einem Grünstreifen umgeben ist, durch den die Zufahrt zum Grundstück errichtet werden soll.

Das wäre die Zufahrt zum Wohnbauprojekt.
Und die Breite des Waldweges, mit dem das Grundstück erschlossen wird, reicht nicht aus, um den gesetzlichen Anforderungen als Zufahrt für mehrere Wohneinheiten zu entsprechen.
Während sich die Gemeinde auf bereits 2015 und 2016 erstellte Verkehrsgutachten berufen hat, laut dem „keine gesetzlichen Hindernisse festgestellt“ worden seien, legt sich das Amt der OÖ Landesregierung auf das Gegenteil fest.
Argumente "nicht nachvollziehbar"
Falsch liegt die Gemeinde Schleißheim offenbar auch mit ihrer Ansicht, dass „kein Grünland zur Aufschließung der Bauplätze“ in Anspruch genommen werde. Was von der Abteilung Raumordnung der OÖ-Landesregierung entschieden in Abrede gestellt wird: Die Argumentation der Gemeinde könne „nicht nachvollzogen“ werden.
Dass der Unternehmer eine als Grünland gewidmete Fläche der Gemeinde übertragen haben soll, damit das „richtig“ gewidmete Areal an öffentliches Gut anschließt, kommentiert der Ortschef nicht.
Er und seine Gemeinde haben sich auch auf Nachfrage durch die Aufsichtsbehörde nicht vom Weg abbringen lassen. Obwohl es seit 2014 die Einschätzung eines Amtssachverständigen gibt, der gerade bei der Zufahrtsstraße Konflikte zwischen Autos, Radfahrern und Fußgängern kommen sieht.
Raumordnungsstrategie mit anderer Zielsetzung
Darüber hinaus steht die Verbauung dieses Feldes allen Zielen der oö. Raumordnungsstrategie 2030 entgegen. Diese fordert eine verstärkte Siedlungsentwicklung nach innen und die Aktivierung von Leerständen. Diese sind beim Lokalaugenschein sowohl im Hauptort Schleißheim, innerhalb von Streusiedlungen am Weg nach Blindenmarkt und ebendort in Hülle und Fülle vorhanden.

Blick auf die Wiese vom Grundstück des Nachbarn.
Fall für den Staatsanwalt
Und dem Bürgermeister von Schleißheim, Johann Knoll (ÖVP) droht noch von anderer Seite Ungemach: Die Staatsanwaltschaft Wels ermittelt wegen Amtsmissbrauchs. Die Anzeige kommt – wie die Aufsichtsbeschwerde – von Karl-Maria Pfeffer.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Wels bestätigt, dass das Landeskriminalamt beauftragt wurde, in dieser Angelegenheit Ermittlungen zu führen: „Es besteht ein Anfangsverdacht wegen Amtsmissbrauchs, die Stellungnahme des Bürgermeisters hat nicht ausgereicht, um das Verfahren einzustellen.“
Beschwerde gegen den Bescheid
Gegenüber dem KURIER betont der Bürgermeister, dass gegen die Bescheidaufhebung beim Landesverwaltungsgericht Beschwerde eingelegt werde – der Gemeindevorstand hat das am Freitag auch beschlossen. Zum Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft habe er eine Stellungnahme abgegeben, weitere diesbezügliche Fragen wollte er mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht beantworten.
Vor rund zehn Jahren waren Widmungen und Pläne rund um dieses Grundstück schon einmal gerichtsanhängig. Damals wurde das Verfahren eingestellt, weil „keine Tathandlungen“ gesetzt worden seien. Jetzt hat die Gemeinde neuerlich versucht, dieses beste Grünland verbauen zu lassen – ohne den Nachbarn im Verfahren als Partei dabei zu haben.
Damit haben sich für die Justizbehörden offenbar die Voraussetzungen geändert. Denn durch die Genehmigung der Straße durch Grünland, das nicht dafür herangezogen werden könne, und den Baubewilligungsbescheid, wurden nun konkrete Schritte gesetzt, die als „Tathandlungen“ gewertet werden könnten.
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