„Ich bin ein Freigeist“

Strugl: „Ich wollte ursprünglich Wirtschaftsanwalt werden. Ich wollte nie als Politiker in die Pension gehen.“
Michael Strugl. Der Landeshauptmannstellvertreter über die Gründe seines Wechsels zum Verbund

Michael Strugl (54), stellvertretender Landeshauptmann, wechselt mit Jahresende als stellvertretender Vorstandsvorsitzender zum Stromkonzern Verbund.

Er begann seine politische Laufbahn 1987 als Pressereferent der ÖVP Oberösterreich. 1995 wurde er stellvertretender Landesparteisekretär. Von 1997 bis 2001 war er Mitglied des Bundesrates. 2001 wurde er zum Landesparteisekretär berufen, gleichzeitig wurde er Mitglied des Landtages. 2003 stieg er zum Klubobmann auf, eine Funktion, die er 2009 zurücklegte. 2013 wurde er Wirtschaftslandesrat, 2017 Landeshauptmannstellvertreter.

Strugl galt stets als der Stratege der Volkspartei, er zeichnete für die ÖVP-Erfolge bei den Landtagswahlen als hauptverantwortlich.

KURIER: Sie sind in der Politik groß geworden. Wer einmal ihren Stallgeruch kennengelernt hat, kommt nicht so leicht los von ihr. Trotzdem gehen Sie. Wieso?

Michael Strugl: Das war immer mein Plan. Ich habe gesagt, Politik ist etwas, was ich für eine gewisse Zeit mache. Bei mir war es eine lange. Ich wollte nie als Politiker in die Pension gehen. Der Wechsel in die Wirtschaft war immer Teil meiner Lebensplanung. Jetzt war eine ideale Chance, das zu realisieren. Ich habe das mit dem Landeshauptmann abgestimmt und nun vollzogen.

Wann entstand die Überlegung des Wechsels in die Wirtschaft?

Das war immer schon so. Ich habe meine gesamte Ausbildung darauf ausgerichtet. Ich wollte eigentlich Wirtschaftsanwalt werden. Mit einem rechtswissenschaftlichen und einem wirtschaftswissenschaftlichen Studium wollte ich in einer großen Wirtschaftskanzlei arbeiten. Ich bin durch Josef Pühringer in die Politik rekrutiert worden, als er noch Landesparteisekretär war. Ich habe mir zuerst gedacht, das wird nicht allzu lang sein, es ist aber dann anders gekommen, vor allem als ich nach der Landtagswahl 1997 in Mandatsfunktionen gekommen bin. Das habe ich ursprünglich überhaupt nicht vorgehabt. Aber Pühringer wollte, dass ich ein Bundesratsmandat übernehme. Damit hat die Politikerkarriere begonnen. Denn vorher war ich im Parteimanagement.

Ich wollte mich eigentlich 2016 für den Vorstand der Energie AG bewerben. Da hat Thomas Stelzer zu mir gesagt, ich möchte, dass Du mit mir gemeinsam den Wechsel (Übergang Pühringer zu Stelzer, Anm.d.Red.) gestaltest. Das habe ich auch gemacht. Jetzt ist die Ausschreibung beim Verbund aufgegangen, die eine Chance war.

Manche kommentieren Ihren Wechsel kritisch und reden von parteipolitischem Postenschacher.

Ich musste meine Bewerbung am Montag beim Verbund präsentieren. Die Verantwortlichen haben gesagt, sie war sehr gut. Anders als sie es von jemandem erwartet haben, der aus der Politik kommt. Die Kritik illustriert, dass es in Österreich ein Problem ist, wenn man von der Politik in die Wirtschaft wechselt. Das ist in anderen Ländern nicht so. Das führt auch zu medialen Ausschlägen, weil einem a prori die Kompetenz nicht zugestanden wird.

Das ist ein Problem, denn es bedeutet, wollen wir nur Berufspolitiker haben oder wollen wir ein durchlässiges System, wo quer eingestiegen und quer ausgestiegen werden kann? Ich finde die Durchlässigkeit besser, weil sich die Politik nicht von der wirtschaftlichen Realität isoliert.

Ich habe diese Reaktionen ehrlich gesagt erwartet, daher kann ich damit auch umgehen.

Strugl: „Höhepunkt war der Sieg bei der Wahl 2009. Der Tiefpunkt die Kampfabstimmung im Parteivorstand im Oktober 2015.“

Strugl: „Höhepunkt war der Sieg bei der Wahl 2009. Der Tiefpunkt die Kampfabstimmung im Parteivorstand im Oktober 2015.“

Sie hätten bereits im Jahr 2000 wechseln können. Christoph Leitl wollte Sie zum Generalsekretär der Wirtschaftskammer bestellen.

Leitl hat mir das damals angeboten, ich habe bereits zugesagt gehabt. Josef Pühringer hat gesagt, ihr müsst das revidieren. Ich konnte nicht weggehen. Leitl hat das dann akzeptiert.

Sie waren als Pühringer-Nachfolger im Gespräch. Warum wollten Sie nicht Landeshauptmann werden?
Wir haben mit Thomas Stelzer die ideale Lösung gefunden. Ich habe sie bereits zu einem Zeitpunkt mitgetragen, als man über  diese Variante noch gar nicht diskutiert hat. Man hat damals gesagt, entweder  Josef Stockinger oder meine Wenigkeit soll es werden. Ich habe damals zu Thomas gesagt, ich strebe das nicht an, und ich glaube Stockinger wird es nicht werden, und ich unterstütze Dich, wenn Du es werden willst. Wir haben damals vereinbart, dass wir ein Paket sind. Ich habe Stelzer auch zu mir als stellvertretenden Landesgeschäftsführer ins Gleißner-Haus geholt.
Nach der Landtagswahl 2009 hätte es eine Kampfabstimmung geben sollen, ob ich oder Viktor Sigl Wirtschaftslandesrat wird. Ich habe diesen Vorschlag von Pühringer abgelehnt.  Es kam dann 2013 zur Halbzeitlösung.

Ist der Abschied aus der Politik  endgültig? Nachdem kein Oberösterreicher in der Regierung ist, könnten Sie für  das Land  in Wien Lobbying betreiben.

Ich bin künftig Vorstand eines börsenotierten Unternehmens und voll dem Unternehmen verpflichtet.

Sie werden dann und wann gefragt werden, wie Sie die Dinge einschätzen?

Meine ganz persönliche Meinung werde ich sagen können.

Was waren für Sie Höhepunkte und Tiefpunkte?

Ein Höhepunkt war sicherlich die Landtagswahl 2009, bei der Josef Pühringer den verdienten Wahlsieg geerntet hat, den er 2003 nicht gehabt hat.
Der Tiefpunkt war sechs Jahre später, 2015.  Es gab innerparteiliche Brösel, was nicht lustig war. Wir drei (Strugl, Doris Hummer und Max Hiegelsberger, Anm.d.Red.) mussten in die Kampfabstimmung um die Regierungssitze im Landesparteivorstand. Sechs Jahre habe ich das noch  verhindern können.

Die Kampfabstimmung  war zweifellos ein schwerer politischer Fehler.

Das finde ich auch. Es hat sich wieder eingerenkt, wir sind jetzt wieder im eingeschwungenen Zustand.  Das hat uns alle damals auch an die persönlichen Grenzen geführt. Ich bin froh, dass wir das heute so nicht mehr erleben. Das war auch für Sepp Pühringer eine ganz schwierige Situation.
Ich habe schon gewusst, warum ich nicht Landeshauptmann werden wollte. Ich bin ein Freigeist. Ich brauche diese Freiheit. Als Landeshauptmann hat man sie nicht. Er ist viel mehr verpflichtet.  Als Landesrat ist man nicht in der ersten Reihe. Deshalb wäre die Funktion des  Landeshauptmannes für mich nie etwas gewesen. Deswegen ist gut so wie es ist.  

Sie sind jetzt noch ein halbes Jahr in der Landesregierung. Gibt es  Projekte, die Sie noch umsetzen wollen?

Davon gibt es viele.Wir haben beispielsweise im Energieressort große Infrastrukturprojekte, die wir angehen, wie die  Mühlviertel-Leitung.  Wir haben das neue strategische Wirtschafts- und Forschungsprogramm, das aufgesetzt und präsentiert wird. Da werde ich den  Markus Achleitner dazu nehmen.  Wir haben im Sport eine Reihe von Infrastruktruprojekten, die wir auf den Weg bringen. Dazu kommt das Landesentwicklungsprogramm in der Raumordnung. Im Tourismus sind wir mitten im Prozeß der Bildung der großen Verbände. Im Arbeitsmarkt haben wir den Pakt für Arbeit und Qualifizierung und die Fachkräftestrategie, die wir adaptieren. Wir haben auf der Universität die großen Projekte, die jetzt beginnen. Von den Verhandlungen über die Leistungsvereinbarungen bis hin  zu zusätzlichen Instituten. Ich werde  bis zum Schluß arbeiten. Ich bin bemüht, mit meinem Nachfolger Markus Achleitner  eine gute Staffelübergabe zustande zu bringen. Ich werde ihn überall einbinden.

Sie werden nach Wien wechseln. Wird es weiterhin Bezugspunkte zu Oberösterreich geben?

Ich werde meinen Hauptwohnsitz und meinen Lebensmittelpunkt nach Wien verlegen. Aber ich werde mir in Oberösterreich einen Nebenwohnsitz behalten. Auch deswegen, dass ich hier einen Brückenkopf habe.

Kommentare