„Ich bin der Profi von außen“

Georg Brockmeyer
Georg Brockmeyer soll als Landesgeschäftsführer die SPÖ Oberösterreich zu neuen Höhen führen.

Georg Brockmeyer ist seit Anfang Juni neuer Landesgeschäftsführer der SPÖ. Der 44-Jährige stammt aus Freiburg im Breisgau. Beide Eltern waren Lehrer, er hat Geschichte und Literaturwissenschaft studiert, unter anderem in Hamburg und Wien. Seine Spezialgebiete waren die athenische Demokratie, Nationalsozialismus, Holocaust und der Bürgerkrieg in Österreich 1934.

Während des Studiums war Brockmeyer Bundessekretär des VSSTÖ. Dann leitete er das Büro des EU-Abgeordneten Herbert Bösch. 2002 wechselte er in die SPÖ-Bundesgeschäftsstelle. Zwischenzeitlich war er in Berlin drei Jahren als Online-Redakteur in der SPD-Zentrale. Es folgte ein Jahr in Tel Aviv, „hauptsächlich aus privaten Gründen“. Drei Jahre war er Kommunikationschef des Wirtschaftsförderinstituts der Gemeinde Wien. Von 2011 bis 2015 arbeitete er selbstständig. 2015 holte ihn Stephan Weil als Landesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter nach Niedersachsen. Christian Kern hat ihn 2017 zum Kommunikationschef der SPÖ gemacht. Als Thomas Drotzda im September 2018 Bundesgeschäftsführer geworden ist, ist Brockmeyer ausgeschieden.

KURIER: Sie verfügen über ein gesundes Selbstbewusstsein. Die Landes-SPÖ hat Ihnen die Funktion des Kommunikationschefs angeboten, Sie haben darauf geantwortet, Sie würden gerne Landesgeschäftsführer werden, was Sie schließlich auch geworden sind.

Georg Brockmeyer: Das ist so nicht ganz richtig. Tatsächlich hat Birgit Gerstorfer gesucht, unter anderem Mitarbeiter in der Kommunikation, auch in Ihrem Landesregierungsbüro. Ihr ist mein Name genannt worden. Sie hat sich gemeldet. Wir hatten einen Termin, bei dem wir verschiedene Dinge besprochen haben. Am Ende des Tages hat Sie mich gefragt, was ich mir vorstellen kann. Ich habe ihr geantwortet, dass ich mir den Landesgeschäftsführer sehr gut vorstellen kann.

Ich habe den Vorteil, dass ich der Profi von außen bin, dass ich nicht in den Parteistrukturen in Oberösterreich groß geworden bin und bestimmte Konfliktlinien mich nicht betreffen, bzw. ich sie mir von außen anschauen kann. Ich möchte dazu beitragen, dass die SPÖ das Potenzial , das sie hat, hebt. Was sie bei der Arbeiterkammerwahl oder bei der Wahl zur Bürgermeisterin von Leonding oder bei den Europawahlen unter Beweis gestellt hat.

Parteifreunde haben Sie via Oberösterreichische Nachrichten kritisiert, weil Sie die Rote Nacht des Bundes Sozialdemokratischer Akademiker (BSA) bereits nach einer Stunde verlassen haben. Ihr Argument, dass Sie sich um Ihr Kind kümmern haben müssen, ist nachvollziehbar. Aber haben Sie sich nicht gedacht, da bin ich in einem intriganten Haufen gelandet?

Wenn wir Halbe/Halbe fordern, müssen wir das auch leben. Meine Frau hatte Nachtdienst, wir hatten einen Babysitter, aber ich musste dann einfach zu einer bestimmten Zeit daheim sein.

Geschichten dieser Art kenne ich aus meiner Erfahrung in der Partei. So etwas gibt es auf allen Ebenen. So etwas wird es immer geben. Dieser Artikel hat eigentlich zu noch mehr Solidarität mit mir geführt, unter dem Motto, was ist denn das? Für mich ist das abgehakt. Wir sollten uns mit den wirklich wichtigen Themen beschäftigen.

Aber einer der Gründe, warum die SPÖ OÖ so dasteht wie sie dasteht, sind die verschiedenen Gruppen in der Partei. Es wird zu wenig an einem Strang gezogen.

Aus meiner Sicht ist das nicht mehr so dramatisch. Aus medialer Sicht ist es immer spannend, wenn man über einen Konflikt berichten kann. Es gab Konfliktlinien, aber es ist ähnlich wie bei Asterix und Obelix in Korsika. Da fragt Asterix die beiden Clanchefs, die gegen die Römer kämpfen, warum sie so zerstritten sind. Da erklärt ein Außenstehender, weil der Großvater von dem Neffen dem Soundso den Esel zu teuer verkauft hat. Da sagt der Andere, weil der Soundso den Soundso nicht heiraten durfte. Man weiß es nicht mehr so genau, aber es ist unglaublich ernst.

Die Konfliktlinien spielen inhaltlich kaum eine so große Rolle. Ich sehe in vielen Bereichen mittlerweile eine sehr gute Zusammenarbeitsebene, die gut funktioniert. Insofern sehe ich das relativ entspannt.

Die SPÖ ist unglaublich stark. Wir haben nach wie vor 27.000 Mitglieder, wir sind in den Gemeinden stark. Wenn sie Hand in Hand marschiert, kann sie unglaublich erfolgreich sein. Es ist mit meine Aufgabe, dass sie das auch sein kann.

Was bringen Sie mit Ihrer Person ein?

Ich glaube, ich bringe zwei Dinge ein. Zum einen die Wertschätzung der Arbeit der ehrenamtlichen Mitglieder und Funktionäre. Sie sind das Rückgrat der sozialdemokratischen Bewegung. Zum anderen ein professioneller und strukturierter Zugang zu politischen Kampagnen. Ich habe das Kampagnenhandwerk bei den Besten gelernt.

Am 29. September wird der Nationalrat neu gewählt. 2017 erzielte die SPÖ OÖ 27,6 Prozentpunkte. Wie viel werden es diesmal sein?

Ich lasse mich nicht auf Zahlen festnageln, aber wir werden stärker werden. Das müssen wir auch. Nur dadurch können wir für eine andere Politik in Österreich sorgen. Wir planen rund 100 Wahlveranstaltungen.

Bei der Landtagswahl 2015 landete die SPÖ mit 18,37 % am Tiefststand. Wie viel werden Sie 2021 erzielen?

Das fließt noch so viel Wasser die Traun und die Donau hinunter, sodass das wirklich Kaffeesudleserei wäre. Ich zitiere hier gerne das alte Kreisky-Diktum, wir müssen so stark werden, dass gegen die Sozialdemokratie keine Regierung möglich ist.

Das wird nicht so leicht möglich sein.

Man muss sich hohe Ziele setzen. Warum sollte das so schwer erreichbar sein?

Wenn Schwarz und Blau wieder koalieren ...

... dann müssen wir so stark sein, dass sie das nicht können.

Soll die SPÖ nach der nächsten Landtagswahl wieder mit der ÖVP koalieren?

Koalitionsfragen sind nach Wahlergebnissen spannend. Koalitionsfragen interessieren Wählerinnen und Wähler relativ wenig. Dass wir mit der ÖVP zusammenarbeiten können, hat die Sozialdemokratie in ihrer Geschichte durchaus bewiesen. Die interessantere Frage ist doch, wohin sich die ÖVP entwickelt.

Wohin entwickelt sie sich?

Ich habe den Eindruck, dass diese Frage in der ÖVP noch nicht geklärt ist. Angela Merkel und Markus Söder sagen, keine Koalition mit Rechtsextremen. Und dann gibt es das Modell Orban und die Visegrád-Staaten. Sebastian Kurz hat eher die Richtung Orban eingeschlagen. Ich wünsche mir, dass es eine Entwicklung wie die der Christdemokraten in Westeuropa ist, mit denen ich mich dann trefflich über politische Inhalte streiten kann.

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