„Höhere Standards für Tiere brauchen höhere Preise“

Michaela Langer-Weninger
Unverhofft kommt oft, besonders in der Politik. Michaela Langer-Weninger, Präsidentin der Landwirtschaftskammer, ist plötzlich Landesrätin.

Michaela Langer-Weninger ist neue Landesrätin für die Landwirtschaft, die Feuerwehren und den ländlichen Raum. Die 42-Jährige stammt aus dem Waldviertel und heiratete nach Innerschwand bei Mondsee. Sie wurde 2008 Ortsbäuerin, 2009 kam sie in den Landtag. 2019 wurde sie Präsidentin der Landwirtschaftskammer. Sie ist Mutter einer 21-jährigen Tochter und von zwei Söhnen (19 bzw. 14 Jahre alt).

KURIER: Sie haben den Landtag nach 14 Jahren verlassen und finden sich nun plötzlich auf der Regierungsbank wieder.

Michaela Langer-Weninger: Ich habe im Kalender für den 23. Oktober die Verabschiedung aus dem Landtag stehen gehabt. Es war nicht geplant, dass daraus die Angelobung für die Regierung wird. Der Anruf des Landeshauptmanns war sehr überraschend. Letztendlich habe ich es in der Politik immer so gehalten, dass ich dort Verantwortung übernommen habe, wo ich gefragt worden bin.

Es ist eine große Chance für den Bauernbund, dass wir mit dem Ersten Landtagspräsidenten und dem Agrarressort zwei hohe Positionen besetzen können. Ich bin auch froh, dass wir mit Franz Waldenberger, dem Bürgermeister aus Pennewang, die Position des Kammerpräsidenten rasch besetzen können. Am 10. Dezember ist seine Angelobung.

Sie sind nicht nur Politikerin, sondern auch Frau, Mutter und Bäuerin auf einem Hof mit 20 Kühen. Wie gehen Sie mit diesem Spannungsfeld um?

Das hat sich mit dem Anstieg der Funktionen mit entwickelt. Der Zeitaufwand wurde immer größer, die Kinder wurden auch größer. Trotzdem muss man schauen, dass man das Familienleben leben und bewältigen kann. Wir stehen sehr viel über Telefon und WhatsApp in Kontakt. Über WhatsApp haben wir in den vergangenen zehn, zwölf Jahren viele Schulaufgaben gelöst. Familientermine werden genauso in den Kalender eingetragen und freigehalten, weil es wichtig ist, dass man sich die Zeit nimmt.

Die Landwirtschaft ist ein männerdominierter Bereich. Wie können Sie sich hier als Frau durchsetzen?

Es ist nicht so schwer, wie das manchmal von außen ausschaut. Ich habe in den vergangenen Jahren nie den Eindruck gehabt, dass ich an Grenzen gestoßen bin, weil ich eine Frau bin. Wenn man sich in der Sache einbringt und versucht, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, ist das Frausein nie ein Thema. Es ist ein wichtiges Zeichen, dass man als Frau Funktionen übernimmt, wenn man gefragt wird.

Verfügen Sie über ein Frauennetzwerk?

Ja, ich denke schon. Zum einen bin ich bei den Bäuerinnen verankert. Zum anderen bin ich in meiner Heimat Obfrau der Familienberatungsstelle Nora. Wir versuchen mit fünf Beraterinnen, Frauen in schwierigen Situationen gut zu begleiten.

Wie fördern Sie Frauen?

Ich versuche Frauen zu bewegen dabei zu sein, Stellung zu nehmen und Ja zu Positionen und Aufgaben zu sagen. Es geht darum, ihnen den Rücken zu stärken und dass sie sich auch gegenseitig stärken. Oft fragen sich Frauen selbstkritisch, kann ich das überhaupt, wenn ihnen Positionen angeboten werden. Oft geht es darum, den Bogen zwischen Familie und den Ehrenämtern zu spannen. Frauen haben oft einen hohen Anspruch an sich selbst und meinen, sie müssen perfekt sein. Ich rate ihnen, macht das, was euch wichtig ist. Es ist nicht notwendig, 100 Veranstaltungen pro Jahr abzuhalten, sondern es genügen zwei oder drei, diese sollen aber gut sein. Dann haben sie damit Freude und das strahlt nach außen.

Die heimische Landwirtschaft ist von zwei Seiten unter Druck. Einerseits von der internationalen Agrarindustrie, die mit niedrigen Preisen beim Konsumenten punktet. Zum anderen von Tierschutzorganisationen, die hohe Tierstandards fordern, die die Preise hochtreiben, sodass sich diese nur wenige Konsumenten leisten können bzw. wollen.

Wir sind in einer ganz schwierigen Situation, es ist fast wie ein Schraubstock. Da ist die Situation am Markt. Es ist schwierig, in der Landwirtschaft Einkommen zu erzielen, weil die Betriebsmittel sehr teuer geworden sind. Wenn wir es nicht schaffen, auf Dauer Einkommen erwirtschaften zu können, werden die Betriebe nicht überleben können. Wir brauchen ein klares Bekenntnis entlang der gesamten Wertschöpfungskette, sodass alle Bereiche partizipieren können, auch die Landwirtschaft. Und wir brauchen ein klares Bekenntnis zum heimischen Produkt. Das hat sich in der Corona-Zeit verbessert, die Bevölkerung sagt, wir wollen Regionalität. Wir müssen das nun für die Zukunft verankern. Das ist nicht nur im Sinn einer nachhaltigen Landwirtschaft, sondern es leistet auch Beiträge zu kurzen Transportwegen, zu Umwelt- und Klimaschutz und zu hohen Standards in der Produktion. Aber auch zur Konjunkturbelebung. Es wird hier in der Region investiert. Und die Landwirtschaft sorgt für 100.000 Arbeitsplätze im nachgelagerten Bereich.

Wie wollen Sie selbst ernannten Tierschützern begegnen, die in den vergangenen Wochen mehrmals in Ställe von Bauernfunktionären eingebrochen haben?

Das, was da teilweise gemacht wird, ist Bauernbashing. Wir haben in Österreich sehr hohe Standards. Das, was die Bevölkerung in dieser Frage denkt, ist nicht das, was manche Gruppen behaupten. Acht von zehn Österreichern sagen, die Landwirtschaft steht zu Tierwohl. Das ist eine sehr hohe Anerkennung. Wir können überall noch besser werden, aber die höheren Standards müssen sich in Form höherer Preise für die Produkte finanziell niederschlagen. Daher kann das nur in einem gemeinsamen Kraftakt gehen. Es wird ein Tierwohlpaket geben, im Investitionspaket werden höhere Standards besser gefördert. Das alles wird uns aber nicht helfen, wenn nicht der Konsument zu diesen Produkten greift und bereit ist, den Mehraufwand zu zahlen.

Was sind Ihre Stärken und Schwächen?

Meine Stärken sind Konsequenz, eine gewisse Portion Mut und Humor. Schwächen sind, dass ich glaube, dass ich alles lösen kann und dass ich immer allen helfen möchte.

Wie und wo erholen Sie sich?

Bei mir zu Hause in Innerschwand, wenn ich Hausfrau und Mutter sein kann. Wenn ich wegfahren kann, fahre ich sehr gerne ins Waldviertel, in meine alte Heimat. Sie strahlt eine unglaubliche Ruhe aus, von der ich mir vor 25, 30 Jahren nicht vorstellen konnte, dass ich sie auf Dauer möchte. Sie ist für mich ein Kraftplatz geworden.

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