Peter Hildebrand: Es macht mir Freude, Erfolg zu haben.
Wie viele Stunden sind sie noch tätig?
50 bis 60. Irgendwann werde ich bisschen kürzertreten. Wir haben nun die Auszeichnung Green Brand Austria erhalten, das ist eine EU-Gewährleistungsmarke. Wir wirtschaften nachhaltig. Es gibt viel Greenwashing, aber diese Methode ist anerkannt und nicht angreifbar.
Nachhaltigkeit ist Ihnen ein Anliegen. Warum?
Das, was nicht nachhaltig ist, hat ein kurzes Leben. Es ist viel mehr als CO2. Sie beinhaltet den Umgang mit Mitarbeitern, mit Kunden und Lieferanten, betrifft aber auch das Eigenkapital. Eine Firma ohne Eigenkapital kann nicht nachhaltig sein.
Sie haben nach dem Studium mehrere Jahre in der Erdölindustrie gearbeitet, die alles andere als nachhaltig ist.
Erdöl hat einen biologischen Ursprung. Es ist ein Naturprodukt, das vor Millionen von Jahren entstanden ist. Dass man daraus das Polyester macht, das sich nicht mehr zersetzt, ist eine Sache der Menschen. Es ist ein Problem der chemischen Industrie.
Sie setzen nun auf einen neuen Stoff, die Faser naNea des Unternehmens OceanSafe. Was ist bei dieser Faser anders?
Es ist ein Polymer (ein großes Molekül, das aus vielen sich wiederholenden, kleineren Molekülen aufgebaut ist, Anm. d. Red.), das so hergestellt ist, dass es voll für den biologischen Kreislauf geeignet ist. Es ist OceanSafe, das heißt, es ist ein Produkt, das sich im Ozean vollständig zersetzt, und kein Mikroplastik zurücklässt. Es ist auch Cradle-to-Cradle zertifiziert, es ist also vollständig biologisch abbaubar oder es kann technisch unendlich wiederverwertet werden. Das ist der Anfang einer Revolution, die wir noch zum Laufen bringen müssen.
Setzen Sie diese neue Faser bei einem Ihrer Produkte ein?
Wir haben seit mehr als einem Jahr Vorhänge, die aus naNea sind. Unsere Näherei ist Ocean-Safe-zertifiziert, das sind ganz strenge Richtlinien.
Ist naNea gut hautverträglich? Es ist doch ein chemisches Produkt.
Es ist perfekt, es ist vollkommen giftfrei. Es hat keinerlei Auswirkung auf den menschlichen Körper. Das Mikroplastik dieser Faser löst sich in 99 Tagen im Meerwasser auf. Mikroplastik ist eine sehr schädigende Substanz, es ist krebsfördernd.
Um wie viel ist naNea teurer als andere Stoffe?
Das hängt von den Mengen ab. Wenn man es in Großmengen erzeugt, ist es nicht teurer. Nachdem es derzeit noch ein Randprodukt ist, kostet es um 30 bis 40 Prozent mehr. Das Problem ist, dass es bei den Kunden nicht bekannt ist und sie deshalb nicht nachfragen. Wir sind beim Thema Nachhaltigkeit immer ganz vorne gewesen. Unsere Manufaktur ist seit 2007 fair-trade-zertifiziert. Wir waren damit die Ersten in Österreich und die Dritten in Europa.
Wer stellt die neue Faser naNea her?
Es ist ein Lizenzprodukt, das Patent liegt bei der Schweizer Firma OceanSafe. Sie vergibt Lizenzen an Subfirmen, die ihren Kriterien entsprechen. NaNea-Fasern werden in Linz ebenso erzeugt wie in Indonesien, wo der größte Hersteller zu Hause ist. Die gesamte Unterwäsche der Schweizer Armee ist beispielsweise aus naNea.
Werden Sie diese Faser in weiteren Produkten ausrollen? Wir produzieren Steppwaren (Steppdecken, Kopfpölster etc.), wir testen es ab Juni. Es gibt Bettwäsche aus naNea, es kommen Wohndecken und Möbelstoffe aus naNea. Viele Firmen arbeiten daran. Aber warum sind die Getränkeflaschen nicht aus naNea? Sie sind um sieben Cent teurer. Stattdessen hebt man nun 25 Cent Pfand ein.
Ich finde es traurig, dass der EU Produkte wie naNea bekannt sind. Aber alle Strategien gehen in Richtung Recycling und Wiederverwendung. Wenn man Polyester recycelt, benutzt man es so lange, bis er zu Mikroplastik geworden ist. Ich sehe das mit sehr kritischen Augen.
Viele Unternehmen klagen über Schwierigkeiten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Wie geht es Ihnen dabei?
Wir haben gerade genug, aber es ist schwierig geworden. Ich weiß nicht, wohin die Arbeitnehmer seit Corona alle verschwunden sind. Wir sind eine der wenigen Firmen, die Mitarbeiter noch drei Jahre vor der Pension einstellen. Ich mache mit ihnen gute Erfahrungen. Ich knie vor jeder Mitarbeiterin nieder und versuche sie zu überzeugen, nicht in Pension zu gehen, sondern zu bleiben. Die Behauptung, dass wir die Mitarbeiter in Pension drängen, stimmt nicht.
Es ist nicht so wichtig, was der Mitarbeiter kostet, solange er sich rechnet. Ich habe noch keine erfahrene Verkäuferin gefunden, die nicht gut verkaufen konnte. Wir haben eine Menge Quereinsteiger, die sich sehr erfolgreich einarbeiten. Man muss sich aber auch um sie kümmern und sie schulen.
Dänemark erhöht 2040 das Pensionsalter auf 70 Jahre. Was ist faul im Staate Österreich?
Österreich hat überbordende Sozial- und Arbeitslosenleistungen. Ich höre immer wieder, dass die Leute sagen, warum soll ich arbeiten gehen, wenn ich dafür nur ein paar Euro mehr bekomme. Es ist eine Tatsache, dass einer, der Teilzeit arbeitet und ein bisschen pfuscht, mehr verdient als einer, der Vollzeit arbeitet. Das ist vom System her falsch.
Man müsste den Menschen netto mehr lassen?
Auf jeden Fall. Man muss Anreize bieten, um zu arbeiten. Selbst ich, der gerne arbeitet, würde es bevorzugen, im Liegestuhl zu liegen und Gin Tonic zu trinken, wenn ich dafür dasselbe bekomme, als wie wenn ich arbeiten würde. Die Leute sind auch verwöhnt. Die Eltern haben viel geschaffen.
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