Herabstufung Italiens unausweichlich
„Die Ratingagenturen werden wieder wichtiger werden, denn wir werden wieder mehr über Schuldenberge und die Bewertung von Ländern durch diese Agenturen diskutieren“, prognostizierte Prof. Teo Cocca, Leiter der Abteilung für Asset Management des Instituts für betriebliche Finanzwirtschaft der Linz Business School der Kepleruniversität im „JKU Corona Update“. „Die Herabstufung Italiens scheint mir unausweichlich. Das hat auch Folgen für die Währungsunion, aber es stellen sich auch bei anderen Ländern Fragen über Stabilität des Ratings. Selbst bei USA stand auf Grund der Haushaltspolitik der Trump-Administration die Frage schon vor Corona im Raum. Aus meiner Sicht ist das klar, dass das sehr gute Rating der USA einen kleinen Tick schlechter ausfallen wird“, so Cocca.
Schnelle Reaktion ist wichtig
Grund dafür sei, dass diese Anleihen, wenn es nicht die Notenbanken sein sollen, jemand kaufen müsse. „Investoren. Und die brauchen Vertrauen in die Stabilität der Länder“, so Cocca, der große wirtschaftliche Risiken durch die Corona-Krise für möglich hält. Die Tiefe und die Folgekosten der Krise würden davon abhängen, wie schnell es gelinge, die Wirtschaft wieder hochzufahren. „Je länger der Lockdown dauert, desto schwieriger wird das Hochfahren.“ Cocca begrüßte in diesem Zusammenhang die schnelle Reaktion der österreichischen Regierung. „Es ist eine mutige Strategie, die aber auch noch mutiger sein könnte.“ Wichtig sei es aber auch, dass in möglichst vielen europäischen Staaten die Lockdown-Situation nur wenige Wochen dauern werde.
Wirtschaftliche Risiken
Die großen Risiken, die im Moment im Raum stünden, seien wirtschaftliche. „Wenn eine Pleitewelle losgeht oder die Arbeitslosigkeit dauerhaft hoch bleibt oder sogar noch höher wird, dann hat das unmittelbare Folgewirkungen: Kredite fallen aus, das führt zu einer möglichen Bankenkrise, die zu einer möglichen Währungskrise führen könnte“, skizzierte Cocca. Dies sei zwar aktuell noch nicht die Gefahr, aber „wenn man sehr außergewöhnliche Maßnahmen ergreift, dann ist es auch wichtig, dass die politischen Akteure denkbare potentielle Risiken im Auge haben. Ich bin mir nicht so sicher, ob allen bewusst ist, dass hier – aus ökonomischer Sicht gesprochen – teilweise mit dem Feuer gespielt wird.“
Euro zu wenig stabil
Gerade mit Blick auf die ohnehin nicht besonders stabile Währungsunion sei dies mit besonderer Vorsicht zu betrachten. „Der Euro ist nicht in einer so stabilen Lage, dass er eine Pleitewelle in der Eurozone verkraften würde. Das ist eine sehr realistische, potentielle Gefahr.“ Cocca verwies in diesem Zusammenhang auf die aktuelle Rolle der EZB und der europäischen Partner im Umgang mit Italien. „An meiner Einschätzung, dass Italien der am gefährlichst wankende Dominostein in der Eurokrise war, hat sich nichts geändert. Im Gegenteil. Und die Diskussion um die Corona-Bonds zeigt, wie virulent das Thema ist.“
Italien braucht Hilfe
Für Cocca sei klar, dass Italien europäische Hilfen – auch über die bisherigen Szenarien hinaus - brauchen und erhalten werde. „Solidarität muss in beide Richtungen gehen. Wir müssen Italien helfen, aber mit dem geliehenen Geld muss ordentlich umgegangen werden. Italien wird ähnlich wie Griechenland strenge Maßnahmen über sein Haushaltspolitik erhalten“
Boom bei den Baumärkten
Der aktuelle Boom bei den Baumärkten zeige, dass die „Magie des knappen Gutes“ funktioniere, so Christoph Teller, Professor für Marketing, der gemeinsam mit seinem Team in den letzten Tagen eine Reihe von Umfragen und Ergebnissen zum Handel veröffentlicht hat. Klar zu sehen sei auch, dass die Regierung beim Öffnen der Geschäfte bestimmte Schwerpunkte setze. Diese seien vielleicht nicht ganz gerecht aber nachvollziehbar. „Die Öffnung der Baumärkte folgt der Logik ‚Einkaufen, um daheim zu bleiben‘ und die Einschränkung der Geschäfte auf 400 Quadratmeter macht Sinn, weil man in diesen kleineren Geschäften den Kunden besser handeln kann,“ so Teller.
Starker Lebensmittelhandel
Teller verwies auch darauf, dass das Vertrauen der Österreicherinnen und Österreicher in den Lebensmittelhandel in der Phase des Lockdowns stabil hoch war und geblieben ist. „Well done Lebensmittelhandel kann man da nur sagen.“ Auch im regionalen Online-Handel habe man gesehen, dass dieser in der schwierigen Phase ein klares Lebenszeichen gegeben habe. Für Teller ist es auch ein klares Zeichen der Ergebnisse, dass sich das Kaufverhalten nur wenig ändere. „Die Gewohnheitsbildung beim Einkauf bleibt sehr stark“, so der Marketing-Professor.
Versäumnisse müssen nachgeholt werden
„Wie gut oder schlecht man sich im Krisenmanagement bewährt hat, bezieht sich nicht nur auf die Phase der akuten Krise, sondern auch auf davor und danach“, erklärte Organisationsexpertin Prof. Elke Schüßler. Es sei deutlich zu sehen, dass in der Vorbereitungsphase Dinge verabsäumt wurden, die jetzt so gut wie möglich nachgeholt werden müssen. „Hier gehen Österreich und Deutschland einen sehr guten Weg, weil das Vertrauen in den Staat und die Entscheidungsträger gestärkt wird. Darum geht es in einer Krise“, so Schüßler.
Pläne vorhanden, es wurde aber nicht danach gehandelt
Zu sehen sei aber auch, dass die Vorbereitungspläne vorhanden waren aber nicht entsprechend gehandelt wurde. „Das hat sicher damit zu tun, dass bei Vorläuferpandemien oder erwarteten Pandemien gehandelt wurde, die Kritik aber nach dem Nicht-Eintreten der Pandemien groß war“, betonte die Professorin mit Blick auf den Schutzmaskenkauf in Österreich zu Zeiten der Schweinegrippe.
Viel Potenzial für Veränderung
Für die Zeit nach der Krise gebe es viel Potential für Veränderung angesichts von Missständen bei der Globalisierung oder etwa dem Klimawandel. „Häufig ist aber nach der Krise der Wunsch nach ‚back to normal‘ sehr stark ausgeprägt. Oder der widerspricht natürlich den Chancen, das Wirtschaftssystem nachhaltiger auszurichten.“ Sei teile die Skepsis der UN-Klimaschützer, die mit einem Rückschlag für den Klimaschutz rechnen, so Schüßler, die aber auch betonte: „Die Chancen es danach besser zu machen liegen auf der Hand. In der Geschichte hatte jede große Innovation einen starken Staat an ihrer Seite. Die Staaten haben jetzt die Chance, Wirtschaftshilfen an bestimmte Bedingungen zu knüpfen und damit ein Umdenken einzufordern.“
Kommentare