Geschäftsmann verlor in Haft in türkischem Gefängnis 16 Kilo

Glücklich wieder in Österreich zu sein: Halil Tasdemir
Weil er von Oberösterreich aus bei der türkischen Polizei verleumdet worden war, saß Halil Tasdemir 112 Tage in Haft.

„Ich wurde behandelt, als hätte ich 60 Leute getötet.“ Dem kurdischstämmigen Unternehmer Halil Tasdemir hat eine knapp viermonatige Haft in der Türkei fast seine Existenz gekostet. Ein Richtertrio sprach den Österreicher in Istanbul schließlich vom Vorwurf, ein Finanzier der kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sein, frei. Diese gilt als terroristische Vereinigung. Vergangenen Dienstag kehrte der 51-Jährige nach Österreich zurück. In seine ehemalige Heimat, wo noch seine Mutter und Geschwister leben, will er nie mehr reisen.

„Ich bin zu 99 Prozent überzeugt, dass wir Kurden in Österreich ausspioniert werden“, behauptet Tasdemir, unter Beobachtung des türkischen Erdoğan-Regimes zu stehen. Ein ominöses Foto, das ihn angeblich bei der Eröffnung eines kurdischen Kulturvereins in Wels zeigt, wäre ihm beinahe zum Verhängnis geworden. Kurz vor dem Rückflug von einer Geschäfts- und Besuchsreise wurde Tasdemir in Istanbul verhaftet.

Zwei Tage später um eine Kaution von 17.000 Euro freigelassen, veröffentlichten türkische Medien das Bild des „Terrorfinanzierer aus Österreich“. Prompt wurde er wieder inhaftiert. Er sei bei Verhören unter Druck gesetzt, beschimpft und in ein Kellerverlies gesperrt worden. „Wäre es möglich gewesen, ich wäre aus einem Fenster gesprungen“, versichert der vierfache Vater, der am Flughafen Linz-Hörsching eine Logistikfirma mit 50 Beschäftigten betreibt.

Haftzustände

Die Zustände und die Verpflegung im Istanbuler Gefängnis, das mit 10.000 Inhaftierten mehr als dreimal überbelegt sei, wären extrem gewesen. „Ich habe 16 Kilo abgenommen“, schildert der Heimkehrer.

In Istanbul von drei Anwälten und auch vom österreichischen Konsulat gut betreut, erfolgte nach 112-tägiger Untersuchungshaft doch die Freilassung. „Der Mann am Foto hatte ein Feuermal am Unterarm, das ihn von Herrn Tasdemir deutlich unterscheidet“, beschreibt sein Anwalt Christian Pachinger ein Hauptindiz für die Entlastung. Wer der Unbekannte am Bild ist, das der türkischen Polizei zugespielt wurde, weiß Tasdemir nicht. „Ich habe mit der PKK absolut nichts zu tun“, versichert er. Seit 15 Österreicher habe er nie politisch gegen Präsident Erdoğan agitiert, erklärt der Firmenchef. Sollte aber so ein System wie in der Türkei in Österreich Platz greifen, „würde ich sofort aus der EU wegziehen“, erklärt er.

Wolfgang Atzenhofer

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