"Frauenzimmer-Schießen" in Linz: Ausstellung über bedenkliches Brauchtum

Frau hält Schießscheibe in die Luft
Historische Schützenscheiben mit von Kugeln durchsiebten Frauen: Wie das mit den Femiziden von heute zusammenhängt, zeigt die Schau „Frauenzimmer-Schießen“ an der Kunstuni.

Von Werner Rohrhofer

Ein skurriles und zugleich problematisches Brauchtum steht im Mittelpunkt einer Ausstellung, die jetzt in Linz zu sehen ist: Das „Frauenzimmer-Schießen“.

Es geht darum, dass Männer auf Holztafeln schossen, die mit Frauenfiguren bemalt waren. Es sollte eine Art Liebeswerben sein nach dem Motto: „Ich treff’ dich mitten ins Herz“. Die Initiatorinnen der Ausstellung mit dem offiziellen Titel „FRAUEN*ZIMMERSCHIESSEN“ in der Kunstuniversität am Hauptplatz sehen darin freilich einen „verstörenden Zusammenhang mit den Femiziden der Gegenwart“ und eine Form von Gewalt in „romantischen Narrativen“.

Zur Beute degradiert

Die Künstlerin Elisa Andessner war es, die bei ihren Recherchen historische Schützenscheiben und Ansichtskarten entdeckte, die von Patronen durchlöcherte Frauendarstellungen zeigen. Sie holte diese Fundstücke aus den Archiven und stellt sie anhand von Fotoarbeiten, Videos und Objekten in einen zeitgenössischen Diskurs über geschlechterspezifische Gewalt.

Frau hält eine historische Schießscheibe

Historische Schießscheiben mit Frauen als Zielmotiv.

Für Andessner liegt hier „die in der österreichischen Identität tief verwurzelte Tradition des Schießens sowie deren Verflechtungen mit romantischen und patriarchalischen Erzählformen“ vor. Die fehlgeleitete Idee des Werbens um Frauen mit dem Akt des Schießens habe offensichtlich Tradition, heißt es im Ausstellungskatalog und weiters: „Historische Zeitbilder zeigen von Kugeln durchsiebte Frauen, die wortwörtlich „abgeschossen“ und damit zur Beute des Mannes degradiert werden“.

"Treff ich dich ins Herz"

Künstlerin Elisa Andessner hat das gefundene Material aufgearbeitet, in Kooperation mit der Fotokünstlerin Violetta Wakolbinger, dem Filmteam Alenka Maly und Roland Freinschlag, dem Designer Tobias Zucali und der Schützenscheibenmalerin Romana Hörzing.

Die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit sind in der Ausstellung zu sehen, außerdem werden eine Rauminstallation „Mahnwache der Ahninnen“ mit lebensgroßen Frauenfiguren und eine Videoarbeit „Treff ich dich ins Herz“ präsentiert.

Aktualität

Die Ausstellung verharrt aber nicht in historischen Rückblenden und auch nicht in der Einschätzung der beschossenen Schützentafeln als „kulturelle Überlieferung einer Liebelei“. Im Gegenteil, es werden ganz gezielt Verbindungen zu heutigen Fällen von Gewalt gegen Frauen und von Frauenmorden hergestellt.

Historische Schießscheibe

Die Ausstellung versteht sich daher auch als „Künstlerische Anklage gegen Femizide“. Im Jahr 2024 seien in Österreich 27 Frauen ermordet worden, in den zehn Monaten danach seien wieder zwölf Frauen von einem Mann vorsätzlich getötet worden – aufgrund ihres Geschlechts bzw. aufgrund von „Verstößen“ gegen die traditionellen sozialen und patriarchalischen Rollenvorstellungen, die Frauen zugeschrieben werden, so Andessner. Diese Zahlen seien „erschreckend und erfordern ein entschlossenes Handeln von Politik und Gesellschaft“.

Parallel zur künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema Femizide nutzt die Initiative StoP – Stadt ohne Partnergewalt Linz – den Ausstellungsraum für Workshops und Aktionen, die häusliche Gewalt thematisieren und Zivilcourage fördern.

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