Hitlerbart auf Magistratsfest in Wels: Verfahren wurde eingestellt

Berge an Akten, Berge an Titeln: Das ist Österreich
Das Aufkleben eines Hitlerbarts habe eher der "Belustigung der Beteiligten und nicht der Glorifizierung Hitlers" gedient, heißt es.

In der Causa um Fotos von Welser Magistratsfeiern, auf denen Mitarbeiter mit vermeintlich rechtsextremen bzw. NS-Gesten zu sehen waren, hat die Staatsanwaltschaft nun alle Ermittlungsverfahren eingestellt.

Sprecherin Kerstin Kutsam bestätigte der APA einen entsprechenden Bericht der "Oberösterreichischen Nachrichten" (Dienstag-Ausgabe). Das Aufkleben eines Hitlerbarts etwa habe demnach eher der "Belustigung der Beteiligten und nicht der Glorifizierung Hitlers" gedient.

Es geht um mehrere Vorfälle bei einem Sommerfest und bei einer Weihnachtsfeier, insgesamt wurde gegen sechs Personen ermittelt. In einem Fall wurde einem Mann besagter Bart angeklebt und der Seitenscheitel akkurater gezogen.

Damit sei zwar eine Ähnlichkeit mit Adolf Hitler hergestellt worden, "die Umstände, insbesondere die ersichtliche Alkoholisierung des Beschuldigten und der schräg aufgeklebte Bart, sprechen aber dafür, dass dies der Belustigung der Beteiligten und nicht der Glorifizierung von Adolf Hitler diente", der Beschuldigte sei damit "ersichtlich der Lächerlichkeit preisgegeben" worden, begründet die Staatsanwaltschaft Wels die Einstellung des Verfahrens.

Vermeintlicher "Kühnen-Gruß" als Anspielung auf Strache

Auf einem weiteren Bild ist der Mann mit drei ausgestreckten Fingern, einem mutmaßlichen "Kühnen-Gruß" zu sehen. Auch dieser wurde aber nicht als NS-Verherrlichung gewertet, sondern sei eher eine Anspielung auf den ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und dessen "hanebüchene" Rechtfertigung, er habe drei Bier bestellt, befand die Staatsanwaltschaft.

Das Verfahren gegen den Zweitbeschuldigten, der seinem Kollegen den Bart aufgeklebt und zudem eine weitere rechtsextreme Geste gezeigt haben soll, wurde ebenfalls eingestellt. Auf einem Foto ist zu sehen, wie dieser Magistratsmitarbeiter Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis zusammenführt - was in der Tauchersprache "OK" bedeutet, in rechtsextremen Kreisen allerdings als "White Power"-Code verwendet wird. 

Die Auswertung des Bildmaterials zeigte, dass der Mann unmittelbar davor ein "Daumen hoch"-Zeichen gezeigt habe, daher geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass er die Geste "im ursprünglichen Sinn" verwendet habe. Zudem erfülle das "White-Power"-Zeichen ohnehin nicht den Tatbestand der Wiederbetätigung.

Entlastung durch Live-Foto-Funktion von Handy

Entlastend hat sich vor allem die Live-Foto-Funktion eines Handys, mit dem Aufnahmen gemacht wurden, ausgewirkt: Dabei nimmt die Kamera ein kurzes Video von zwei Sekunden vor und nach dem Auslösen auf. Diese Bewegtbildsequenzen wertete die Staatsanwaltschaft aus - und kam zu dem Schluss, dass auch ein vermeintlicher Hitlergruß eines weiteren Beschuldigten auf einer Weihnachtsfeier nur ein Deuten mit der Hand gewesen sei.

Die Verfahren gegen jene Personen, die die Fotos gemacht und verschickt haben, wurden folglich ebenfalls eingestellt. Vorerst nur abgebrochen wurde das Ermittlungsverfahren gegen einen unbekannten Täter, der bei dem Vorfall mit dem Hitlerbart dem Betrunkenen den Scheitel nachgezogen haben soll - hier ist nicht klar, wer das war. Allerdings scheine auch hier die subjektive Tatseite fraglich.

Antifa und MKÖ entsetzt

Das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) und die Welser Initiative gegen Faschismus (Antifa) zeigten sich entsetzt. "In einer Zeit, in der so viele rechtsextreme Straftaten begangen werden wie noch nie, verhöhnt diese Fehlentscheidung den antifaschistischen Auftrag der Bundesverfassung und die NS-Opfer", so MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi

Dass sich gemäß Zeugenaussagen "einer der beteiligten Magistratsmitarbeiter - ein FPÖ-Funktionär - in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen mit Hitler-Gruß fotografieren hat lassen, wird von der Staatsanwaltschaft ignoriert", kritisiert Antifa-Vorsitzender Werner Retzl. Laut Staatsanwaltschaft Wels handle es sich dabei allerdings um ein "reines Gerücht", das sich nicht erhärtet habe. Die Antifa sieht dennoch die Fachaufsicht im Justizministerium gefordert.

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