Ein Patriarch, der Grenzen überschritten hat

„Wenn ich die Trompete in der Hand habe, bin ich ein anderer Mensch“: Ludwig Scharinger über sich selbst
Der Mühlviertler, der 27 Jahre Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank war, ist mit 76 an den Spätfolgen seines Sturzes gestorben.

Der ehemalige Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl (69) war mit Ludwig Scharinger seit der Studentenzeit befreundet. Legendär war unter anderem die Gansl runde, der neben Leitl Helmut Kukacka, Kurt Pieslinger, Gerhard Wildmoser und die Ehefrauen angehörten.

KURIER: Was hat Scharinger ausgezeichnet? Christoph Leitl: Seine Zuwendung zu Menschen, die in Not waren. Zu Unternehmern, die einmal in Schieflage gekommen sind, hat er gesagt, wir werden Dich durchtragen. Andere hätten da längst die Kredite fällig gestellt. Die Menschlichkeit ist bei einem Bankchef nicht selbstverständlich.

Er hat viele Projekte realisiert.

Ohne ihn würde es die Therme Geinberg und den Softwarepark Hagenberg nicht geben. Er ist bei der Rettung und Privatisierung der voestalpine und der Energie AG eingesprungen. Das hat auch die Oberbank gemacht. So sind die Unternehmen im Land geblieben. Ludwig ist mit seiner Bank 500 Beteiligungen eingegangen. Er hat gesagt, da muss man herhalten. Herhalten war sein entscheidendes Wort und seine Philosophie. Da kam der Mühlviertler durch.

Er hat aus Raiffeisen eine österreichweit relevante Bank gemacht.

Er war bauernschlau. Das hat man aber nicht überall mit Wohlgefallen betrachtet. Denn er ist über Grenzen gegangen, auch über die Landesgrenzen. Diese Philosophie des Dynamischen und zugleich Selbstbewussten, ein bisschen auch herausfordernd im Wettbewerb, war immer lustig. Der Wettbewerb mit Hermann Bell und mit Franz Gasselsberger (beide Oberbank), wer mehr Einlagen und wer hat mehr Besucher beim Weltspartag hat, hat die Szene belebt.

Er hatte etwas übrig für Heiterkeit und Fröhlichkeit. Er hat in der Gemeinschaft gesungen. Und er hat zur Trompete gegriffen, am besten beim Wirt im Schmiedgraben (Lichtenberg bei Linz).

Er hatte auch einen starken Zug zur Politik.

Er war immer zuerst Banker. Er war in der Hochschulpolitik bei der ÖSU, dann beim CV. Wenn jemand gesagt hat, er sei der zweite Landeshauptmann, hat er gesagt, ein Blödsinn, ich habe meine Bank, die anderen ihr politisches Geschäft.Und wenn wir gut zusammenwirken, dann geht es dem Land gut.

Er hat sehr viel gearbeitet, war jeden Abend und jedes Wochenende unterwegs. War das nicht zu viel?

Es war zu viel. Er hat auch am Sonntag Termine gemacht. Wir waren da unterschiedlicher Meinung.

Scharinger hatte gute Kontakte zum Linzer Bürgermeister Franz Dobusch und zur Arbeiterkammer.

Mit Dobusch verband ihn eine persönliche Freundschaft. Bei der Arbeiterkammer hat er sich gut mit Direktor Sepp Peischer verstanden. Der war ein Sir. Er hat versucht sich mit allen gut zu verstehen. Er war auch am Burschenbundball. Er hat die Dinge nicht eng gesehen, sondern weit, vernetzt und ganzheitlich. Dabei hat er aber manchmal auf sich selbst ein bisschen vergessen. Der Sturz in Russland 2013 war der Auslöser.

Er war ein Patriarch.

Ein Patriarch im positiven Sinn, ein pater familiae. Wenn Oberösterreich heute so gut dasteht, ist es auch das Verdienst von Ludwig Scharinger. Deshalb muss man bei allen Schwächen, die er auch gehabt hat, sich vor seiner Persönlichkeit verneigen.

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