Die Rückkehr der Hallstattmenschen

Alltagsleben im Keltendorf: Neue Schuhe für die kleine Miriam
Archäologen erforschen im Museumsdorf Mitterkirchen keltisches Alltagsleben vor 2700 Jahren

Fröhliches Kinderlachen, das Meckern von Ziegen und der Geruch von Lagerfeuerrauch und gebackenem Brot sind zwischen strohbedeckten Hütten wahrnehmbar. In das Keltendorf in Mitterkirchen im oberösterreichischen Donaumachland ist wieder Leben eingekehrt. Eine illustre Runde aus Wissenschaftern und Fans des prähistorischen Lebens ist samt Kindern in die 20 Hütten des Freilichtmuseums eingezogen. Gemeinsam versuchen sie, eineinhalb Wochen lang nach bestem Wissen so zu leben, wie es die Menschen vor 2700 Jahren in dieser Region taten.

„Sie haben nicht schlecht gelebt und viel Arbeitskraft dafür aufgewendet, dass sie von schönen Dingen umgeben sind“, sagt Jutta Leskovar vom oö. Landesmuseum. Zum siebenten Mal stellen sich Keltologen und Archäologen im Sommer dem Selbstversuch, das Leben der Menschen aus der Hallstattzeit zu erforschen. Auch Leskovar selbst streift ein Keltenkleid über und lässt das Handy außerhalb des Dorfzauns.

Für das von der Gemeinde Mitterkirchen betriebene Freilichtmuseum ist die Projektwoche der „ Hallstattmenschen“ einer der Höhepunkte im Jahr. Die Archäotechniker (Forscher altertümlicher Arbeitstechniken) und ihre Familien bieten ein buntes Bild. Besucher haben so die Möglichkeit, authentisch mitzuerleben, wie 700 Jahre vor Christi gekocht und gewohnt oder wie Kleidung und Schuhe fabriziert wurden.

Fragen sind jederzeit erlaubt. „Unser Brot besteht aus Dinkelmehl“, klärt etwa Sonja Jansen auf, während sie in der Backhütte Brotlaibe aus den Lehmöfen holt.

Dorfküche

Als wahre Spezialistin prähistorischer Kochkunst gilt Tanja Trausmuth. Sie ist die Köchin im Dorf. „Heute ist Krautstrudel angesagt“, verrät sie. Vom Apfelstrudel, Knödeln in vielen Variationen und Fleischgerichten bis zu Rindsrouladen reicht ihr Repertoire. Weil die noch bis kommenden Dienstag laufende Projektwoche den Titel „Prunkwagen und Hirsebrei“ trägt, stehen auch einfache Gerichte aus Getreide und Hülsenfrüchten am Speiseplan. „Einseitig war das Essen damals nicht“, weiß die Dorfköchin. Von ihr wollte eine Besucherin kürzlich aber nicht Rezepte wissen, sonder ob man unter dem Keltenkleid Unterwäsche trägt.

Die Rückkehr der Hallstattmenschen

Relaxtes Archäologenpaar

Herrin

Der Prunkwagen im Veranstaltungstitel bezieht sich auf den sensationellen Fund von 80 keltischen Hügelgräbern bei Mitterkirchen vor mehr als 30 Jahren. Im Grab einer Frau, die als Herrin beschrieben wird, fanden sich ein wertvoller Prunkwagen und kostbare Grabbeigaben. Die nachgebaute Grabkammer ist einer der Höhepunkte im Dorf.

Auch handwerkliche Fähigkeiten der „Donau-Kelten“ gilt es zu pflegen. Mario Wallner, wie auch Trausmuth als Archäologe für das Ludwig-Boltzmann-Institut in Stonehenge oder Carnuntum unterwegs, jubelt auf. Beim Nähen eines Lederschuhs ist ihm ein neuer Kniff gelungen. Am Tagesplan stehen heute neue Schuhe für die kleine Miriam. Beobachtet von einer Jungschargruppe aus NÖ überträgt Mario auf einem Tisch Miriams Fußgröße auf ein Lederstück.

Unweit tollen drei Buben in einem Einbaum herum. Spielen sei ihre Hauptbeschäftigung, erzählt der siebenjährige Jan. Und wie war’s damals? „Die Kinder hatten keine Schule und mussten viel arbeiten“, gibt er Auskunft.

Schwierige Forschungsarbeit: Aufzeichnungen fehlen

Nachgefragt: Jutta Leskovar ist Sammlungsleiterin für Ur- und Frühgeschichte am OÖ Landesmuseum und Projektleiterin von „Prunkwagen und Hirsebrei“.  

KURIER: Die Kelten hier an der Donau sollen mit jenen in Hallstatt in Beziehung gestanden  sein?
Leskovar: Funde belegen das. Es ist sogar wahrscheinlich, dass Mitterkirchen eine Drehscheibe für den Handel für Salz aus Hallstatt war.

Welche Erkenntnisse haben die heutigen Bewohner des Keltendorfes bereits gewonnen?
Zum Beispiel, dass der Bedarf an Textilien für den Alltag auch vor 2700 Jahren schon enorm hoch war. Vom Gewand über Schlafdecken  bis zum Topf-Lappen  war vieles nötig. Ebenso haben wir erforscht, wie Kochkeramik genutzt werden muss, damit sie  im Feuer nicht zerspringt.

Was haben die Kelten gegessen und was haben sie geliebt?
Gegessen haben sie ähnlich wie wir heute. Man muss nur alles, was aus Amerika gekommen   oder exotisch ist, etwa Kartoffeln oder Reis, weglassen. Geliebt haben sie färbiges Gewand, schöne Ornamente und Schmuck.

 Wo liegt die Schwierigkeit in der Keltenforschung?
Uns fehlen einfach schriftliche Aufzeichnungen.www.keltendorf-mitterkirchen.at

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Projektleiterin Jutta Leskovar

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