„Die Industrie sollte der Innovationsführer bei der Energiewende sein“

Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß
Die Industrie sollte offensiv an die Energiewende herangehen, sagt die die Geschäftsführerin der Firma Fronius im KURIER-Interview.

Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß (48) ist Geschäftsführerin der Firma Fronius. Das Unternehmen, das mehr als 4600 Mitarbeiter beschäftigt, ist in drei Bereichen tätig: der Schweißtechnik, der Fotovoltaik und der Batterieladetechnik. Der Umsatz stieg von 674 Millionen Euro im Jahr 2017 auf 757 Millionen 2018. Die Firma ist im Eigentum der Familienstiftung und ist 1945 von ihrem Großvater gegründet worden. Produziert wird hauptsächlich an den Standorten Pettenbach, Sattledt, Steinhaus, Thalheim und Wels. Die Unternehmerin ist verheiratet und Mutter dreier Kinder im Alter von 16, 14 und neun.

KURIER: Sie sind in das Präsidium der oberösterreichischen Industriellenvereinigung gewählt worden. Oberösterreich ist das Bundesland mit dem höchsten CO2 -Ausstoß, was auch auf die Industrie zurückzuführen ist. Was kann die Industrie leisten, um ihn zu verringern?

Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß: Wir haben in ganz Österreich einen hohen Wohlstand, eine stark entwickelte Volkswirtschaften und damit auch eine weltweite Verantwortung. Wir haben auch viele Chancen. Der Klimaschutz ist ein weltweites Thema.

Die Firma Fronius hat Anfang der 1990er-Jahre begonnen, Wechselrichter zu erzeugen. Nachhaltigkeit hat schon bei unserem Großvater begonnen, der die Lebensdauer von Batterien verlängert und Ladegeräte entwickelt hat. So sind wir in die Fotovoltaik eingestiegen. Wir wurden damals belächelt. Mittlerweile ist die Fotovoltaik ein Markt und die günstigste Form der Stromerzeugung. Als ich 2001 in der Firma begonnen habe, hat die Solarenergie weniger als fünf Prozent des Umsatzes ausgemacht, inzwischen ist es die Hälfte.

Was können Unternehmen tun? sie können Produkte herstellen, die das Thema Klimaschutz unterstützen, ähnlich wie wir das machen. Die andere Möglichkeit ist das Einsparen und der effizientere Umgang mit Energie. Eine weitere Frage ist, wie nachhaltig die Produkte hergestellt werden. Welche Rohstoffe und Materialien werden verwendet? Es ist keine Lösung, energieintensive Industrie in andere Länder oder Kontinente auszulagern. Wir müssen schauen, wie wir andere Energieerzeugungsformen nutzen und effizienter damit umgehen. Die voestalpine hat ja derzeit ein Pilotprojekt laufen, wo die Elektrolyse mit Wasserstoff passiert.

Gibt es in der Industrie die dafür nötige Bereitschaft?

Bei einigen mehr, bei anderen weniger. Es erfolgt sukzessive ein Umdenken. Die Industrie hat schon sehr viel getan, sie kann aber noch viel mehr machen. Der letzte Stand der Technik ist der von heute, aber nicht der von morgen. Es ist unsere Aufgabe, da weiter zu entwickeln und neue Lösungen zu finden. Mittlerweile hat sich der Mindset der Industrie in Europa geändert, weil sich die Bevölkerung ein sauberes Klima wünscht und der Druck von den Konsumenten kommt. Andererseits gibt es in Europa viele Auflagen, die wir erfüllen müssen.

Wenn wir als Oberösterreicher, als Österreicher, als Europäer in diesen Technologien eine Vorreiterrolle haben, können wir mit unserem Know-how im Export erfolgreich sein.

Ihr Unternehmen unterhält eine Wasserstofftankstelle und ein Teil Ihres Fuhrparks fährt mit Wasserstoff. Ex-Kanzler Sebastian Kurz sieht im Wasserstoff die Zukunft. Welche Erfahrungen haben Sie mit Wasserstoff gemacht?

Wir forschen am Wasserstoff schon seit 15 Jahren. Wir sehen in ihm ein gutes Element, um unsere Vision von 24 Stunden Sonne umsetzen zu können. Ein großes Problem bei der Fotovoltaik ist, dass nur dann Strom erzeugt wird, wenn die Sonne scheint. Somit benötigt man ein Speichermedium. Es gibt die Möglichkeit der Lithium-Ionen-Batterien, aber darüber hin aus auch die Möglichkeit den Wasserstoff zu speichern. Wasserstoffproduktion macht nur mit erneuerbaren Energien Sinn.

Wie weit ist die Technologie schon ausgereift, in welchem Stadium befindet man sich? In Kombination mit der erneuerbaren Energie haben wir noch einen Weg vor uns.

Kann jeder Haushalt Wasserstoff speichern?

Ich bezweifle, ob sich das jeder Haushalt leisten kann. Das können Kommunen machen oder mehrere Haushalte zusammen. Man kann Wasserstoff großindustriell produzieren, aber man kann auch den Weg der Dezentralität gehen, wie wir das machen. Für die Fotovoltaik braucht man dezentrale Speicher, was die Netze entlastet.

Ihr Haus liegt mit den Produkten im Trend der Zeit. Das bedeutet, dass die Expansion fortgesetzt wird. In welchen Ausmaß?

Wir wollen in allen drei Bereichen wachsen. Die Solarenergie wächst stark. In der Schweißtechnik haben wir auch große Ziele. Wir wollen den Wachstumstrend der vergangenen Jahre fortführen.

Produziert wird ausschließlich in Österreich, die einzige Fertigung im Ausland ist in Tschechien, wo wir in Krumau die Transformatoren herstellen.

Sollte in Amerika oder Asien größeres Wachstum passieren, werden wir wahrscheinlich dort auch investieren.

Was wird das Auto der Zukunft sein, das E-Auto oder das Wasserstoffauto? Ihr Onkel Klaus Fronius setzt auf Wasserstoff.

Es wird beides geben. Das E-Auto wird schneller umgesetzt. Es ist sehr geschickt für den Nahverkehr.

Für größere Distanzen hat der Wasserstoff seine Vorteile. Außerdem ist es die umweltschonendste Fortbewegung, weil nur Wasser rauskommt. Bei der E-Mobilität hat man mit den Batterien das Problem der Speicherung Dazu kommt auch die Frage, wie die Rohstoffe gewonnen werden und wie man sie weiter nutzt.

Wasserstoff ist in der Forschung noch nicht so weit wie die E-Mobilität.

Welches Auto fahren Sie persönlich?

Ich fahre einen Hybrid, ein Mischsystem. Wenn ich zwischen den Werken unterwegs bin, versuche ich möglichst viel mit Strom zu fahren. Von Wels nach Sattledt und Thalheim schaffe ich es mit dem Strom, nach Pettenbach hin nicht, aber retour schon, weil es bergab geht. Ich habe das alles schon getestet.

Das ist wenig. Man müsste annehmen, dass Auto von Wels nach Pettenbach und retour mit Strom fahren kann.

Die Batterie reicht für 35 km. Die nächste Generation hat schon einen besseren Speicher. Ich habe aber den Vorteil, dass ich an allen Standorten Strom laden kann, weil wir überall Fotovoltaik-Anlagen haben.

Sie betreuen im Präsidium der Industriellenvereinigung den Energiebereich. Was wollen Sie verändern?

Es ist ein Problem, wenn man in der Engergiewende nur Gefahren sieht. Dass zum Beispiel alles teurer wird, dass die Auflagen höher werden, etc. Das stimmt zum Teil, weil es in anderen Ländern keine Auflagen gibt. Man sollte aber die Chancen sehen. Es ist offensichtlich, dass wir etwas für die Energiewende machen müssen. Jetzt kann man sagen, ich will das Alte bewahren oder wir nützen die Chancen. Wir sollen Innovationsführer sein und einen Vorsprung gegenüber den anderen haben.

Da werden Sie in der Industrie die eine oder andere Diskussion haben?

Da bin ich mir ganz sicher.

Haben Sie sie schon gehabt?

Natürlich (lacht). Wenn man mit positiven Beispielen vorangeht und zeigt, dass es Business-Modelle gibt, mit denen man im internationalen Wettbewerb gut bestehen kann,dann kann man überzeugen. Die Erfolgsmodelle der Vergangenheit müssen nicht die Erfolgsmodelle der Zukunft sein.

Man muss nicht alles von heute auf morgen ändern, aber wir brauchen einen guten Übergang und wir sollten offen sein für neue Ideen und Möglichkeiten.

Wir sollten auch in neue Felder investieren. Es wäre für unseren Standort eine große Chance, wenn wir hier mehr tun würden.

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