„Die historisch niedrigen Zinsen nützen“

Mitterlehner sieht von seinem Büro auf die Türme der Linzer Ursulinenkirche.
Andreas Mitterlehner. Die Mieten steigen ebenso wie die Preise für Häuser und Wohnungen. Der Generaldirektor der Hypo plädiert für einen Ausbau des sozialen Wohnbaus.

Andreas Mitterlehner (58) ist seit 2004 Generaldirektor der Hypo Oberösterreich. Die Bank, die im Mehrheitseigentum des Landes steht und sich wesentlich als Wohnbaubank versteht, erzielte mit ihren 430 Mitarbeitern und 13 Filialen im vergangenen Jahr einen Jahresüberschuss von 12,1 Millionen Euro.

KURIER: Die Zinsen sind weiterhin niedrig. Die Erwartungshaltung war, dass sie steigen, was aber nicht wirklich passiert. Andreas Mitterlehner: Die Zinsen sind seit längerem historisch niedrig. 2018 wird sich das nicht wirklich ändern. Die meisten Experten gehen davon aus, dass die Europäische Zentralbank wahrscheinlich 2019 eine Zinserhöhung anpeilen könnte. Die Erhöhung dürfte eher moderat ausfallen. Die Zinsniveaus der Vergangenheit von vier, fünf Prozent für die Spareinlagen wird es aus heutiger Sicht aber nicht so schnell wieder geben.

Für die Sparer ist das eine sehr unbefriedigend Situation. Wie soll er darauf reagieren?

Zwischenzeitlich haben sich die Sparer mit der bitteren Situation bis zu einem gewissen Grad abgefunden. Man bekommt auf Spareinlagen de facto fast keine Zinsen.

Der Sparer erleidet dadurch einen Vermögensverlust.

Wenn man die Inflation mit bewertet, dann verliert er realiter Vermögen. Aber selbst in der Vergangenheit, als die Zinsen höher waren, war auch die Inflation höher. Der große Vorteil besteht aber darin, dass alle, die einen Kreditbedarf haben, sich günstig finanzieren können.

Das bedeutet für Privatkreditnehmer, die sich ein Haus oder eine Wohnung finanzieren, dass sie sich auf einem extrem tiefen Niveau Zinsen absichern können.

Da liegen die Zinsen derzeit bei rund 2,5 Prozent.

Einen Durchschnittszinssatz für 20 Jahre kann man im Markt mit 2,5 Prozent bekommen. Das bedeutet über die lange Laufzeit schon einen massiven Vorteil.

Die Kredite sind zwar günstig, dafür explodieren aber die Preise für die Häuser und Wohnungen. Sie werden für Menschen mit einem Durchschnittsverdienst unerschwinglich. Die Mieten steigen auch stark. Wie kann man hier gegensteuern?

Die Grundstückspreise sind durch die starke Nachfrage gestiegen. Insbesondere im Zentralraum. Der Durchschnittsverdiener steht vor der Herausforderung, ob er sich das noch leisten kann. Es können viele in der jüngeren Generation noch auf Kapital ihrer Eltern oder Großeltern zurückgreifen. Das dürfte der Grund sein, warum der Markt trotz allem noch funktioniert. Aus dieser Entwicklung heraus kommt dem sozialen Wohnbau eine hohe Wertigkeit zu. Damit Wohnungen noch mit einem vernünftigen Preis in den Markt gebracht werden können. Es geht hier um gemeinnützigen Wohnbau und um Objektförderung. Daraus resultierend auch Mieten, die noch erschwinglich bleiben. Und Förderungen, die das entsprechend unterstützen.

Wird im sozialen Wohnbau genügend errichtet?

Es ist eine hohe Nachfrage nachhaltig gegeben. Oberösterreich hat eine gute Wohnbauförderung und ein gutes Wohnbaufördersystem. Eine höhere Mehrbauleistung würde auch zu einem guten Absatz kommen.

Der Markt könnte einen noch stärkeren sozialen Wohnbau vertragen?

Aus meiner Sicht ja. Ich glaube, das sehen auch alle anderen so. Die Wohnbauträger bauen auch ordentlich. Aber wir haben auch einen hohen Bedarf. Aufgrund des Bevölkerungswachstums und des Zuzugs. Und frei finanzierter Wohnbau ist für viele sehr teuer geworden. Die Notwendigkeit für den sozialen Wohnbau erhöht sich dadurch.

Der Anteil an Fixzinsfinanzierungen im Wohnbau ist bei Ihrer Bank auf über 50 Prozent angestiegen. Manche meinen, dass Fixzinsfinanzierungen nicht immer zum Vorteil des Kreditnehmers sind.

Wir raten das aktiv an. Wir sind überzeugt, dass ein noch tieferes Zinsniveau als wir es derzeit haben nicht geben kann. Die historisch niedrigen Zinsen sind ein Momentum, das man nützen sollte, um sich in eine langfristige Absicherung zu bringen. Ein Prozent Zinsen bedeuten bei einem Kredit von 100.000 Euro 1000 Euro im Jahr. Und auf 20 Jahre sind das 20.000 Euro. Deshalb empfehlen wir das auch. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass man noch günstigere Finanzierungen über so lange Zeit haben wird.

Zum anderen hat der Konsument auch die Möglichkeit vorzeitig auszusteigen.

Ein Hauptgrund für die niedrigen Zinsen ist die Verschuldung der Staaten. Sie ist heute weltweit deutlich höher als vor der Finanzkrise 2008. Ist die Verschuldung sowohl der Staaten als auch der Privaten generell zu hoch?

Eine niedrigere Verschuldung wäre generell vorteilhaft. Aber die Wirtschaft funktioniert trotzdem. Die Politik hatte nach der Wirtschafts- und Finanzkrise keine andere Alternative als zu investieren, um das System zu stabilisieren. Man hat aus dem angeschlagenen Finanzsystem hohe Verbindlichkeiten in den öffentlichen Bereich transferiert. Die Zinsen sind dann ganz nach unten gegangen, denn ansonsten wären die Staatsschulden zu einem Megaproblem geworden. Das ist natürlich heute auch eine Entschuldung auf Kosten der Kapitalgeber. Das heute noch Länder, insbesondere im südlichen EU-Raum, überhöhte Schulden haben, führt dazu, dass die extreme Niedrigzinsphase länger dauert als andere gerne hätten, aber in der Summe eine Notwendigkeit für das EU-Gesamtfinanzsystem und den Euro ist. Sie führt zu gewissen Spannungen, ist aber nachvollziehbar. Was hätte die EU sonst machen können?

Bei der Verschuldung der Haushalte haben wir in Österreich das gute System, dass der Bankenapparat in Verbindung mit den Kreditnehmern die Wege so definiert, dass sie auf einer dynamischen Bonitätsbeurteilung beruhen und nicht allein auf Sicherheiten. Die Verschuldung der Privaten erscheint mir nicht in einer kritischen Phase zu sein. Die Haushalte sind bei der Aufnahme von Krediten profund genug, nur Mittel aufnehmen, die sie verkraften können.

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