„Den freien Karfreitag zu streichen ist ein Wahnsinn“

„Den freien Karfreitag zu streichen ist ein Wahnsinn“
Einen freien Karfreitag für alle , fordert die ÖVP- Spitzenkandidatin für die AK-Wahl.

Cornelia Pöttinger ist Spitzenkandidatin des ÖAAB-FCG (Fraktion Christlicher Gewerkschafter) für die Arbeiterkammerwahl, die vom 19. März bis 1. April stattfindet. Rund 650.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind wahlberechtigt. Bei der Wahl 2014 erzielten die christlich-sozialen Arbeitnehmer 17,09 Prozentpunkte, die Sozialdemokraten 65,50 %, die Freiheitlichen Arbeitnehmer 10,04 %, die Alternativen und Grünen Gewerkschafter 5,33 %, der Gewerkschaftliche Linksblock und die Liste Perspektive jeweils 1,02 %.

Die 41-Jährige wohnt in Kirchdorf/K.. Die Mutter zweier Töchter im Alter von 13 und 16 Jahren ist gelernte Kindergarten-Pädagogin und seit 2012 freigestellte Betriebsratsvorsitzende des Hilfswerks, das oberösterreichweit allein 700 MitarbeiterInnen in der Kinderbetreuung beschäftigt. Die Gesamtanzahl der Beschäftigten in Oberösterreich beträgt 1400. Obmann ist ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer. Pöttinger ist auch Sprecherin des Hilfswerks für alle österreichischen Bundesländer. Sie verhandelt auch die Kollektivverträge für die Beschäftigten der Sozialwirtschaft mit, die kürzlich mit einer Erhöhung von 3,2 Prozent abgeschlossen wurden. Pöttinger ist auch Spezialistin für die Pflege.

KURIER: Sie haben gefordert, den Karfreitag für alle Arbeitnehmer als freien Tag zu verankern. Die türkis-blaue Regierung hat jedoch nun beschlossen, den Feiertag für die Protestanten abzuschaffen, was für diese religiösen Gruppen eine eindeutige Verschlechterung ist. Der Schuss ging in die Hose.

Cornelia Pöttinger: Das ist richtig. Es tut mir leid für die Evangelischen und Altkatholischen, die jetzt keinen Feiertag mehr haben. Das finde ich nicht gut.

Die ÖVP-Bürgermeister großer Städte wie Mödling, Eisenstadt oder Innsbruck geben ihren (protestantischen) Beschäftigten frei.

Im Sinne unserer Kolleginnen und Kollegen finde ich es für sehr gut, wenn der Dienstgeber von sich aus sagt, ihr bekommt einen zusätzlichen Tag frei.

Was sagen Sie zur Entscheidung der Regierung?

Sie ist suboptimal und sie gefällt mir nicht. Für die vier Prozent der Arbeitnehmer (protestantischen Glaubens) ist sie ein Wahnsinn. Das war ein Eigentor der Arbeiterkammer, die diese Klage beim Europäischen Gerichtshof angezettelt und finanziert hat.

Sie meinen, die Schuld läge bei der Arbeiterkammer und nicht bei der Regierung?

Das finde ich schon, denn sie hat die Diskriminierungsklage eingereicht.

August Wöginger ist Ihr ÖAAB-Landesobmann. Als Obmann des ÖVP-Parlamentsklubs und Sozialsprecher ist er bei den Verhandlungen und Gesprächen in der Regierung mit eingebunden. Haben Sie da mit ihm Diskussionen?

Natürlich diskutieren wir. Wir haben ab und zu unterschiedliche Ansichten. Zum Beispiel beim Karfreitagsthema. Mir wäre es lieber gewesen, wenn alle Arbeitnehmer den freien Karfreitag bekommen hätten. Aber Wöginger ist nicht alleiniger Entscheidungsträger. Auch in der Regierung sitzen unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Ansichten.

Wir fordern nun umso vehementer die sechste Urlaubswoche für Arbeitnehmer ab dem 25. Dienstjahr. Das ist für uns eine wichtige Forderung. Heute ist es üblich, dass des öfteren der Arbeitgeber gewechselt wird und im Alter benötigt man längere Erholungsphasen.

Sie verlangen auch die Verankerung des Rechtsanspruchs auf ein Papamonat. Die Regierung hat ihn auch nicht realisiert.

Er ist auch nicht realisiert, aber wir haben ihn zum Glück im Kollektivvertrag für die Sozialwirtschaft realisiert. Ich finde ihn für einen ganz wertvollen Beitrag für die Familie, wenn der Papa das Recht auf diese gemeinsame Familienzeit hat.

Sie werden zwar der ÖVP zugeordnet, aber das sind nun zwei wesentliche Punkte, in denen sie andere Position vertreten als die türkis-blaue Regierung. Welche Meinung haben Sie über die Bundesregierung?

Mit vielen Dingen bin ich glücklich, wie etwa mit dem Familienbonus plus. Leistung muss sich lohnen und Kinder kosten sehr viel Geld.

Der Regierung wird von der Arbeiterkammer vorgeworfen, sehr wirtschaftsfreundlich zu agieren.

Nein, das finde ich nicht. Die Regierung agiert sehr ausgewogen. Neben dem Familienbonus wurden die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für Geringverdiener gesenkt. Die Steuerreform wird mit einer Senkung der Sozialversicherungsbeiträge starten.

Der ÖAAB fordert seit vielen Jahren die Abschaffung der kalten Steuerprogression. Die Regierung hat die Verwirklichung nun auf das Ende der Legislaturperiode 2021 verschoben.

Wesentlich ist nun, dass durch die Steuerreform die Mehreinnahmen durch die kalte Progression zurückgegeben werden. Ich bin überzeugt, dass die Abschaffung der kalten Progression kommen wird, denn wenn die Regierung etwas verspricht, hält sie das auch.

Sie fällt auch wieder um, wie man beim Karfreitag gesehen hat.

Die Halbfeiertagslösung war auch nicht populär, jetzt ist die Lösung für alle gleich, aber optimal schaut anders aus.

Alljährlich wird am Weltfrauentag (8. März) die Benachteiligung der Frauen, auch die finanzielle, beklagt. Was sind die Ursachen? Warum gelingt es nicht, Frauen stärker zu motivieren, besser bezahlte Berufe zu ergreifen? Zum Beispiel Technikerin statt Supermarktverkäuferin.

Es sind nicht die Berufe allein, die den Unterschied machen, sondern auch die Tatsache, dass viele Frauen Teilzeit arbeiten.

Die Teilzeitarbeit macht auch einen Einkommensunterschied aus. Frauen arbeiten gerne in Berufen, die mit Menschen zu tun haben. Als Friseurinnen, als Verkäuferinnen, sie arbeiten gern in Sozialberufen.

In Sozialberufen gibt es ja keine unterschiedlichen Bezahlungen zwischen Frauen und Männern.

In jedem Kollektivvertrag sind Frauen und Männer gleich bezahlt. Männer handeln sich leichter Überbezahlungen aus. Frauen gehen schon weniger selbstbewusst in Gehaltsverhandlungen und sagen, ich kann das und bin das wert. Das liegt stark an der Sozialisierung.

Ich bemühe mich, meinen Töchtern das mitzugeben. Ich habe es in meiner Familie schon noch erlebt, dass Frauen und Mädchen viele Tätigkeiten selbstverständlich machen, wie zum Beispiel den Geschirrspüler auszuräumen und kein Danke dafür bekommen. Wir haben dafür auch nichts eingefordert.

Wir müssen bei den Änderungen schon in der Kindheit ansetzen.

Man muss den Frauen die Technik noch schmackhafter machen, denn das sind spannende Berufe und Frauen müssen sich auch noch mehr zutrauen.

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