„Bin Zeit meines Lebens Fischer“

Leitl mit selbst angebauten Erdäpfeln auf dem Sonnenbankerl seines Auszugshäusls in Neumarkt im Mühlkreis
Christoph Leitl. „Einfachheit, Dankbarkeit, Zufriedenheit“: Die andere Seite des Wirtschaftskammerpräsidenten

Es ist ein friedliches Platzerl. Eine leicht abfallende Wiese, Birken, Fichten, Tannen und Obstbäume, die angenehmen Schatten spenden, ein wohlgeordneter Stoß von Holzscheitern, davor ein granitenes Bankerl, das zum Verweilen einlädt. Ein Platz zum Durchatmen, zum Abschalten, ein Ort der Ruhe. Davor ein 500 Jahre altes Auszugshäusl mit kleinen Fenstern und niedrigen Türstöcken, das die Familie Leitl bis ins kleinste Detail liebevoll restauriert hat. Das Häusl hat schon dem Großvater von Christoph Leitl gehört. Hier fühlt sich der Präsident der Europäischen Wirtschaftskammer zu Hause, hier lebt er seine andere Seite .

Orientierung

Dieses Platzerl am Ortsrand von Neumarkt im Mühlkreis lädt zum Nachdenken ein. „Man muss im Leben eine gewisse Orientierung haben. Wissen, dass es zeitlich limitiert ist, und man in dieser limitierten Zeit möglichst viel Positives und Sinnvolles hineinverpacken muss“, sagt der 69-Jährige im Gespräch mit dem KURIER. „Ich persönlich halte sehr viel vom Motto leben und leben lassen, vom Miteinander statt dem Gegenein ander. Ich bin damit gut gefahren. Ich bringe Menschen immer Vertrauen entgegen. Ich bin nur sehr selten enttäuscht worden. Wichtig ist Menschen zu motivieren.“

Dann kommt er zu drei Begriffen, die ihm wichtig sind. „Die Einfachheit des Lebens ist für mich zentral. Die heutige Mode- und Konsumgesellschaft liegt mir eigentlich nicht. Ich finde die Zufriedenheit in der Einfachheit. Die Zufriedenheit hängt zusammen mit der Dankbarkeit. Einfachheit, Zufriedenheit und Dankbarkeit geben mir ein inneres Gleichgewicht und versetzen mich in die Lage, positive Beziehungen zu anderen Menschen zu finden. Und ausgeglichen zu sein. Wobei ich mich mit den Fragen der Transzendenz auch sehr stark beschäftige. Wenn man geerdet ist, muss man wissen, dass es auch über der Erde etwas gibt, das wichtig ist und letzten Endes einem ermöglicht, in Zeiten wie diesen zu leben. In Zeiten des Friedens.“

Hier schlägt er die Brücke zur Politik. „Darum bin ich auch so sehr Europäer. Wir dürfen auch die Mitmenschlichkeit nicht vergessen, in einer Zeit, wo Egoismus und Nationalismus wieder aufkommen. Wir müssen diesen Fliehkräften das Gemeinsame entgegensetzen.“

Was macht er neben dem Garteln bevorzugt in der Freizeit? „Ich bin eigentlich Zeit meines Lebens ein Fischer.“ Das Fischwasser der kleinen Gusen gehört zum Haus. Den Familienbetrieb, die Ziegelei und das Betonwerk in Eferding und Hörsching, führt Christophs Sohn Stefan in fünfter Generation. Er selbst hat noch „kleine Minderheits-Beteiligungen, wo ich nicht operativ tätig sein muss“. Unter anderem mit dem Bauindustriellen Maculan in Russland.

„Im Garten habe ich die Motivation etwas zu schaffen. Man setzt im Frühjahr an, man sieht die Dinge wachsen, im Sommer in der vollen Kraft, im Herbst kann man ernten. Im Winter vergeht des wieder. Das ist der Kreislauf des Jahres, der auch der Kreislauf des Lebens ist. Ich habe Äpfel, Grafensteiner, aus dem eigenen Garten, Zwetschgen, Weintrauben, da wachsen die Nüsse heran. Ich habe viele schöne und gute Sachen da.“

Im Schnitt ist Leitl jetzt drei Tage in Wien und zwei Tage in Brüssel. „Ich bin natürlich auch in vielen anderen Ländern Europas, das muss ich. Ich bewerbe mich nun wieder um die Nominierung in der globalen Wirtschaftskammer im Herbst. sie hat ihren Sitz ebenfalls in Brüssel. Die europäische Wirtschaftskammer macht auch die Verwaltung für die globale Wirtschaftskammer, die 100 Millionen Mitglieder mit einer Milliarde Mitarbeiter in den Betrieben hat. Heute ist alles weltweit so vernetzt, dass man das nur mit weltweitem Agieren beeinflussen kann. „Die Politik kapiert das nicht. Sie kapselt sich ab statt sich auszuweiten. Man könnte mit einem einfachen Zettel Papier mit zehn Punkten der Bedrohung durch die Spekulation ein Ende setzen. Die steuerfreien Inseln abschaffen, die Finanztransaktionssteuer einführen und ein Bankensystem, das die reale Wirtschaft vom spekulativen Investment trennt.“

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