Alfred Klampfer: Es ist immer schwierig, grundsätzlich etwas zu verbieten. Es gibt Handys, es gibt das Internet, es gibt soziale Medien. Es ist wichtig, dass die Schüler lernen, diese intelligent zu nutzen. Dafür sind grundsätzlich die Eltern zuständig, aber auch die Schule.
Sie lehnen es ab, die Handynutzung zum Beispiel in der Volksschule zu untersagen?
Wenn sich die Politik entschließt, das zu verbieten, kann man in der Sache mitgehen. Aber ich bin dafür, in der Schule klare Regeln zu treffen. Man kann zum Beispiel in die Hausordnung schreiben, dass man das Handy nur zu bestimmten Zeiten nutzen darf. Ich weiß nicht, wozu man in der Volksschule das Handy benötigt, außer man lernt, wie man damit umgeht oder man verwendet es für Lernprogramme.
Also auch Nutzungsmöglichkeiten in der Volksschule?
Ja, auch Nutzungsmöglichkeiten in der Volksschule. Es wird immer wieder von den Eltern bzw. den Elternvertretern gefordert, dass der kompetente Umgang mit den digitalen Medien gelernt wird. Und zwar schon sehr früh, weil die Kinder das Handy haben.
Auf welche Weise erfolgt dieser Unterricht?
Sehr oft aufgrund von Dingen, die vorfallen. Wenn die Lehrerin zum Beispiel sagt, das Handy ist in der Schultasche oder ist im Spind, dann ist das so. Man braucht kein Handyverbot, wenn sich alle daran halten. Es ist hier aber wichtig, dass die Eltern dahinterstehen.
Von Ihnen als Bildungsdirektor gibt es keine Vorgaben bei der Nutzung?
Ich bin dafür, dass der Lehrer jederzeit sagen kann, das brauchen wir nicht. Da stehe ich voll dahinter. Vier von fünf Schulen haben klare Regeln für die Nutzung von digitalen Medien. Wenn eine Schule sagt, das ist zu wenig, kann sie jederzeit von uns Unterstützung bekommen, wie man das regeln kann.
Wie erfolgt das Lernen des Umgangs mit den digitalen Medien? Durch den Lehrer?
Grundsätzlich durch die Eltern.
Wo liegt die primäre Verantwortung? Bei den Eltern oder bei der Schule?
Ein Achtel der Wochenzeit ist das Kind in der Schule. Sieben Achtel ist es nicht in der Schule, deshalb muss man auch im privaten Bereich darauf schauen, was passiert. Oder Regeln treffen, die einzuhalten sind. Oder das Kind bekommt das Handy erst in einem bestimmten Alter, was durchaus zu unterstützen ist.
Ab welchem Alter?
Ich glaube nicht, dass man es in den ersten zwei Jahren in der Volksschule benötigt.
Eltern sollten hauptverantwortlich sein, aber so manche kümmern sich nur wenig oder gar nicht darum, was die Kinder am Handy machen. Sie sind froh, wenn der Nachwuchs beschäftigt ist.
Darum ist es wichtig, dass man diese Dinge im Unterricht thematisiert. Und dass man es vielleicht erkennt, wenn das Kind zu viel Zeit am Handy verbringt und mit den Eltern Rücksprache hält.
Findet digitale Medienerziehung in der Schule statt?
Medienerziehung ist Teil des Lehrplans. In der Primarstufe geht es um Grundsätzliches. Dass Gefahren lauern können und dass man nicht zu viel Zeit in den in sozialen Medien verbringen soll. Ab der AHS-Unterstufe und der Mittelschule ist Medienerziehung als Pflichtfach im Lehrplan verankert. Man lernt nicht nur mit Programmen zu arbeiten, sondern lernt auch die Auswirkungen kennen.
Ärzte wie Suchtprimar Kurosch Yazdi-Zorn oder Kinderpsychiater Adrian Kampfer diagnostizieren, dass wir Kinder an die Internetsucht verliert. Wie beugt dem die Schule vor?
Wir versuchen, Präventionsarbeit zu leisten. Es gibt Workshops, die schon in der Volksschule stattfinden. Es gibt von der Education Group Vernetzungstreffen für Lehrerinnen und Lehrer. Wie kann man Kindern einen sinnvollen Umgang mit Medien beibringen? Es gibt die Initiative Safer Internet, die direkt an die Schulen geht. Es wird hier sehr viel getan.
Aus Ihrer Sicht gibt es im Land kaum kritische Bereiche?
Ich bin für klare Regeln in den Schulen. Wenn das Handy im Unterricht nicht benötigt wird, ist es wegzugeben. Handys sind eine Möglichkeit, aber es gibt in den Schulen auch Tablets und Notebooks, mit denen man das lernen kann. Wir haben im vergangenen Jahr keine Anfragen gehabt, weil wir vorher schon gesagt haben, wer Regelungen für notwendig hält, soll es in die Hausordnung schreiben. Natürlich gibt es immer wieder Schülerinnen und Schüler, die schauen, wie weit sie gehen können.
Kürzlich gab es eine Umfrage unter Lehrern, in der sie sich ganz klar für ein Handyverbot ausgesprochen haben.
Ein Handyverbot können wir nicht regeln, das erfordert ein Bundesgesetz. Das ist nicht gegeben. Ein Handyverbot würde bedeuten, dass man es nicht in die Schule mitnehmen darf und es besteht nicht die Möglichkeit, damit zu arbeiten. Man muss abwägen, was gescheit ist. Die sichere Nutzung digitaler Medien ist auch unser Unterrichtsziel.
Wie ist der Umgang mit den Tablets und Laptops geregelt?
Wie der mit den Handys. Man setzt sie im Unterricht ein. Für die Zeiten, in denen man sie nicht verwendet, braucht es Regeln. Darum ist es wichtig, dass die Eltern die Lehrer unterstützen, wenn diese sagen, gebt die Geräte weg, schaltet sie aus, ich möchte, dass ihr euch auf den Unterricht konzentriert.
Findet diese Unterstützung durch die Eltern in ausreichendem Ausmaß statt?
Ich gehe davon aus, denn sonst würden wir davon hören. Es gibt aber immer wieder Einzelfälle.
Hängen die Kinder und Jugendlichen nicht doch zu viel am Handy? Das ist ja auch bei vielen Erwachsenen der Fall.
Die Nutzung ist hoch, wenn man sich die oberösterreichische Kinder- und Medienstudie ansieht. Sie ist in den vergangenen Jahren immer stärker gestiegen. Das ist nicht eine Erscheinung allein der Kinder und Jugendlichen, sondern ein grundsätzliches gesellschaftliches Phänomen. Wir tragen einen Computer mit uns herum. Wenn man die richtige Nutzung den Kindern und Jugendlichen nicht vorlebt, ist es sicher zu viel.
Ein anderer kritischer Bereich ist die Integrationvon Kindern mit migrantischem Hintergrund. Sind die Deutschkenntnisse bei Schulbeginn ausreichend?
Das ist verschieden. Wenn Kinder erst knapp vor Schulbeginn aufgrund des Familiennachzugs nach Österreich kommen, können sie kaum Deutsch. Wir integrieren sie. Es gibt aber auch Sprachdefizite bei jenen, die schon länger hier sind. Nicht nur bei Kindern mit migrantischem Hintergrund, sondern es gibt auch Sprachdefizite bei österreichischen Kindern. Es wird aber im Kindergarten bereits viel getan.
Der Kindergarten ist ganz wichtig?
Ja, das Land stellt hier sehr viel Geld zur Verfügung für Sprachtrainer, die an den Schulen mithelfen und in der Ausbildung der Pädagoginnen und Pädagogen.
Ein kritischer Punkt aus Ihrer Sicht?
Sprache ist ganz wichtig. Daran werden wir immer wieder arbeiten müssen.
Wie stark sind die Defizite? Ein generelles Problem?
In den Kindergärten werden ab dem dritten Lebensjahr Sprachstandserhebungen durchgeführt. Wenn es Defizite gibt, gibt es Pläne, mit denen gearbeitet wird. Es werden Hilfen angeboten, damit die Kinder so schnell wie möglich die deutsche Sprache lernen.
Wie viel Prozent der Schüler haben zu Schulbeginn Defizite?
Wir sind von Wien weit entfernt, wo 45 Prozent außerordentliche Schüler sind. Das sind jene, die die Sprache nicht können und eine spezielle Sprachförderung erfahren. In Oberösterreich hängt das von den Regionen ab. In den Bezirken Linz und Linz-Land beträgt die Anzahl der außerordentlichen Schüler in der ersten Schulstufe 39 Prozent, im Raum Wels-Grieskirchen-Eferding 26 Prozent, im Raum Steyr-Kirchdorf 19 Prozent, im Innviertel 19 Prozent, im Raum Gmunden-Vöcklabruck 18 Prozent und im Mühlviertel 11 Prozent.
Wie viel sind es auf das gesamte Bundesland gerechnet?
Es sind 4.026 der 17.371 Schülerinnen und Schüler in der ersten Schulstufe im Schuljahr 2024/25 außerordentliche Schüler. Das sind 23 Prozent. An allen Pflichtschulen (Volksschule, Neue Mittelschule) sind es 8.640 von allen 115.345 Schülern.
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