Aus dem Zweikampf wird ein Dreikampf

Josef Ertl
„Ich bin ein Mann der Industrie.“ Können Sie sich einen derartigen Satz eines sozialdemokratischen Parteichefs vor 30 oder 40 Jahren vorstellen?

Er wäre wohl als Kapitalist mit Schimpf und Schande verjagt worden.

Martin Winkler, designierter Landesparteichef, der sich derzeit der Urabstimmung der SPÖ-Mitglieder stellt, hat dieses Bekenntnis ganz offen vor der Landesbildungskonferenz abgegeben. Und seine Rede wurde von den Roten bejubelt.

Der ehemalige Vorsitzende der Jungsozialisten und selbstständige Unternehmensberater bringt neue Dynamik in das politische Tauziehen. Sein Industrie-Bekenntnis macht ihn zum ernsthaften Gesprächspartner der Wirtschaft und lockert die starren Fronten Schwarz-Blau gegen Rot und Grün. Zudem verfügt er über wirkliche Wirtschaftskompetenz, die viele Mitbewerber schlecht aussehen lässt.

Knackpunkt Windräder und Energie

Winkler stößt in eine Schwachstelle der schwarz-blauen Landeskoalition. Er tritt kompromisslos für den Bau von Windrädern ein, die die Freiheitlichen in der Koalition blockieren. Diese Blockade missfällt vielen Schwarzen, vor allem den Wirtschaftstreibenden, die nach günstigeren Energiepreisen dürsten. Dieser Konflikt kann sich zu einer Sollbruchstelle der Koalition entwickeln.

Winkler und seine SPÖ verfügen zwar derzeit nur über 18 Prozent der Stimmen, aber er hat das intellektuelle Vermögen, neue Impulse zu setzen. Diese Fähigkeit ist gut und wichtig, verschafft aber noch nicht die Wählerstimmen, die es in der demokratischen Machtauseinandersetzung braucht. Sollte es ihm gelingen, Stimmen der Arbeiter von der FPÖ zurückzuholen, wird er die SPÖ aus dem Tief herausführen und zu einer starken Kraft machen.

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