Wohnungen statt Tristesse: Wie aus der B17 ein Boulevard wurde

Ganz früher war dort eine Brauerei, doch Autofahrern und Anwohnern ist wohl noch gut das zuletzt verlassene und verstaubte Versteigerungshaus Süd an der Ecke Triesterstraße/Bahnstraße in Wiener Neudorf, Bezirk Mödling, in Erinnerung.
Mittlerweile erinnert dort nichts mehr an die blinden Fenster und leeren Hallen, an denen sich Kolonnen von Autos vorbeiwälzen. Neben der B17 blühen Blumen, daneben lädt ein 15 Meter breiter Boulevard mit Wasserspielen zum Flanieren und Vorbeiradeln ein. Vor der Pfarrkirche gibt es nun einen kleinen (Kirchen-)platz. Die Fahrbahn besteht in Richtung Baden dafür nur noch aus einer Spur.
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Dahinter ragt die moderne Glasfassade des 114 Wohnungen umfassenden Herzfelderhofs auf. Richtung B17 sollen dort noch Büros und Geschäfte einziehen. Ein paar gibt es schon, etwa ein Radfachgeschäft oder einen Discounter sowie eine Zahnarztpraxis.
„Ich finde es super“, sagt eine Passantin und blickt auf das Gebäude. „Vor allem die Radwege. Jetzt kann man durch Wiener Neudorf fahren, ohne dass man Angst haben muss.“ Super findet auch der Verkehrsclub Österreich das Projekt gegenüber der Badner Bahn Station. Er verlieh der Gemeinde für ihr Konzept zur Ortskernbelebung kürzlich den Mobilitätspreis. Damit setzte sich Wiener Neudorf gegen 407 weitere Einreichungen durch. In der Gemeinde hatte das Projekt im Vorfeld durchaus polarisiert.
Laut Bürgermeister Herbert Janschka (ÖVP) habe das Bauvolumen aber um 40 Prozent reduziert werden können. „Wir haben auch versucht, so wenig Verkehr wie möglich zu produzieren“, sagt er. Denn Verkehr ist in der Gemeinde immer ein Thema. Es gibt kein gewachsenes Zentrum, der Ort ist durch die mehrspurige B17 regelrecht zerschnitten.
Öffis statt Autos
Besonders hervorgestrichen wurde von den VCÖ-Juroren, dass bei der Anlage mit 167 weniger Parkplätze als meist üblich errichtet wurden. Zudem gibt es keine fix den Wohnungen und Büros zugeordneten Stellplätze. Das Geld, das sich der Bauträger dadurch sparte, floss in einen Fond, aus dem die Mieter bis zu 1.200 Euro Zuschuss für eine Öffi-Jahreskarte erhalten. Auch Elektroautos und E-Bikes stehen zum Ausleihen bereit. Und es gibt rund 400 Radabstellplätze.

Statt dem leeren Versteigerungshaus flankiert nun ein moderner Glasbau samt Grüngürtel die B17
Für Bewohner wie Olena ein super Angebot. „Es ist sehr zentral hier, öffentlich ist alles zu erreichen“, sagt sie. Trotzdem gäbe es fußläufig mehrere Parks und Erholungsgebiete. Den Verkehr der B17 höre sie kaum.
Anrainer, die schon länger in dem Grätzel wohnen, sind da kritischer. „Fürchterlich“, urteilt Herr Johann sogar. Denn nun gebe es abseits der Triesterstraße mehr Verkehr und weniger Parkplätze.
Knackpunkt Parken
Doch warum, wenn hier doch Öffi-Nutzung und Carsharing propagiert werden? Das liegt für Herrn Johann auf der Hand. „Die rühmen sich, dass sie weniger Parkplätze und keine Autos haben. Dabei parken die nun auf der Straße“, meint er. Ein Problem, das auch andere Anwohner sehen.
Dazu käme, dass in seiner Gasse, der Gartengasse, durch die Umgestaltung Parkplätze weggefallen seien. „Wenn die Büros bezogen werden, sehe ich schwarz“, meint Herr Johann. Tatsächlich gibt es unter dem Herzfelderhof eine öffentliche Tiefgarage. Die sei aber zu teuer, meint der Anrainer. Er fürchtet, dass die Gartengasse Kurzparkzone werden könnte.
Ganz so will Janschka die Kritik nicht stehen lassen. Die Parkplatzsituation sei hier schon immer angespannt gewesen, sie habe sich nicht ver- aber auch nicht entschärft, sagt er. Künftig könnten Wiener Neudorfer aber vergünstigte Parkplätze in der Garage mieten. Und was die Zukunft der Gartengasse betrifft, könnte man über alles reden. Fix sei aber nichts.
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