Wie ein Weinviertler althergebrachtes Brauchtum bewahren will

Ernst Ribisch baut nicht nur Ratschen, sondern zum Beispiel auch Expander. In seiner Werkstatt findet sich aber noch viel mehr.
Ernst Ribisch baut und lehrt die Fertigung von Ratschen, alten Spielzeugen und Instrumenten.

Zusammenfassung

  • Ernst Ribisch bewahrt das traditionelle Handwerk des Ratschenbaus im Weinviertel und lehrt es Kindern.
  • Er fertigt und unterrichtet auch die Herstellung alter Spielzeuge wie Peitschenkreisel und Maipfeiferln.
  • Ribisch plant ein Buchprojekt zur Dokumentation von Ratschenbräuchen und erhielt Anerkennung für seinen Erhalt von Kulturerbe.

Mittlerweile gehört Ernst Ribisch zu Ostern wie der Osterhase. Im Weinviertel sowieso, aber auch weit über die niederösterreichische, ja sogar über die österreichische Grenze hinaus. 

Denn Ribisch baut seit mehr als 40 Jahren Ratschen – als einer von wenigen Menschen in Europa, die dieses Handwerk noch beherrschen. Damit hütet er das althergebrachte Brauchtum, und zwar von seiner Holzwerkstatt in der Herrnbaumgartner Kellergasse (Bezirk Mistelbach) aus. Dass im Frühjahr Journalisten an seine Türe klopfen, ist er daher längst gewöhnt.

Was weniger bekannt ist: Ribisch hat noch mehr auf Lager. Viel mehr sogar, wie ein Blick auf die Regalwand in seiner Werkstatt beweist. Darauf finden sich jede Menge wunderschön gearbeitete Holzfiguren – aber auch Gegenstände, deren Zweck nicht auf den ersten Blick zu erkennen ist. 

„Das sind Nigerln“, erklärt Ribisch, und schnappt sich aus einer Schachtel einen kleinen Holzkreisel. Dazu gehört ein Haselnussast, der mit einem Lederriemen versehen ist. Peitschenkreisel lautet die gängigere Bezeichnung für dieses alte Spielzeug, das Ribisch selbst fertigt. Immer wieder muss man den Kreisel mit der Peitsche „schlagen“, damit er nicht aufhört, sich zu drehen. „Die Kinder lieben das“, weiß Ribisch aus Erfahrung. Bei Kursen bringt er ihnen bei, wie sie Nigerln und vieles mehr selber bauen.

„Wichtig ist, dass möglichst viel schriftlich festgehalten wird, sonst geht es verloren“

von Ernst Ribisch

Ratschenbauer

Auch hoch im Kurs bei den Nachwuchs-Handwerkern: Die „Hollabüchsen“, also ausgehöhlte Hollerstämme, aus denen man Korken feuern kann – mit einem lauten Knall, versteht sich. Ein Gegenstand, den Ribisch selbst noch mit seinem Großvater gefertigt hat, sind die sogenannten Maipfeiferln, die aus frischen Haselnuss- oder Weidenästen geschnitzt werden. 

„Dafür müssen die Bäume im Saft stehen“, weiß er und zeigt mit geübten Handgriffen, wie schnell sich aus einer Haselnussrute eine Pfeife fertigen lässt. „Früher haben die Kinder damit gespielt und einen Spruch dazu gesungen“, weiß er.

Wie ein Weinviertler althergebrachtes Brauchtum bewahren will

Diese Ratsche wurde nach Plänen aus Osttirol gebaut.

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"Mit Eisen wollte ich nie arbeiten. Holz hat mich immer fasziniert."

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Auch Dekoratives wird in der Werkstatt gefertigt. 

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Ernst Ribisch in seinem Reich.

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Als Ratschenbauer ist Ribisch mittlerweile über die Grenzen von Österreich hinweg bekannt.

Wie ein Weinviertler althergebrachtes Brauchtum bewahren will

Früher zogen Kinder mit Maipfeiferln durch die Orte, auch durch Herrnbaumgarten.

Wissen wie dieses versucht Ribisch mit seinem Engagement zu erhalten und vor allem an Kinder weiterzugeben. Bisher mit schönen Erfolgen; aufgrund seiner Bemühungen wurde das Ratschen in das österreichische Verzeichnis des immateriellen UNESCO-Kulturerbes aufgenommen. 2022 erhielt er zudem die Goldene Medaille des Ehrenzeichens für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich. Genug passiert ist für ihn aber noch lange nicht.

Buchprojekt

„Wichtig ist, dass möglichst viel schriftlich festgehalten wird, sonst geht es verloren“, sagt er. Deshalb hat er Gemeinden um ihre Mithilfe ersucht; Ribisch will die Ratschenbräuche im Weinviertel in einem Buch zusammenfassen. „Diese sind teilweise sogar von Ort zu Ort unterschiedlich“, schildert er.

Das alte Brauchtum der Karwoche, es ist und bleibt eben sein Steckenpferd. Auch dann, wenn die Glocken in den Kirchtürmen schon längst wieder erklingen.

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