Völlig losgelöst: Warum Niederösterreich nach den Sternen greift

"Wir sind die Seefahrer des 21. Jahrhunderts", sagt Moritz Novak während er den Blick durch die Räume seines Start-ups Gate Space am Flughafen Schwechat schweifen lässt. Doch statt von den Weltmeeren spricht er vom Weltall.
Der Mitbegründer des Raumfahrttechnologie-Unternehmens gibt an diesem Montagvormittag Einblick in seine noch junge Firma, die künftig am Flughafen Schwechat angesiedelt sein soll.
Satellitentriebwerke
Konkret entwickelt Gate Space mit mittlerweile 16 Mitarbeitern chemische Triebwerke für Satelliten, die vorbestellt und je nach Bedarf angepasst werden können - und das noch dazu günstiger als bei der Konkurrenz.

In solchen Vakuumkammern finden Weltraumtests statt
Mit den entwickelten Antriebssystemen könne die optimale Position im Weltall erreicht und gehalten, der Satellit umpositioniert und "regelkonform aus dem Orbit entfernt werden", erklärt Novak.
Vom Flughafen ins Weltall
Sein Start-up ist eines von zweien, die sich aktuell am Flughafen Schwechat ansiedeln und den Airport zum neuen Raumfahrt-Hotspot machen sollen. Bereits seit einem Jahr ist zudem das High-Tech-Unternehmen Enpulsion am Flughafen tätig, zuletzt weitete es seine Aktivitäten zur Herstellung von Satellitenantrieben stark aus. Die Umsätze konnten um 25 Prozent gesteigert werden. Die Firma gilt als Weltmarktführer für Antriebe im Klein- und Kleinst-Satellitenbereich.
Neben Gate Space hat auch R-Space in der AirportCity eine neue Heimat gefunden. Das Unternehmen hat spezielle Satelliten entwickelt, die flexibel eingesetzt werden können.
"In sechs bis sieben Monaten können wir die anbieten", sagt Gründer und Geschäftsführer Carsten Scharlemann. Der Experte ist auch Leiter des Masterstudiengangs Aerospace Engineering. Bisher dauerte die Entwicklung solcher Produkte Jahre. Ende des Jahres soll nun sogar ein erster Flug ins All stattfinden.
Wettlauf im Weltall
Weltraummissionen sind schon längst nicht mehr einzelnen Staaten vorbehalten. Viele private Unternehmen, allen voran Space X von Elon Musk, sorgen für großes Wachstum der Branche. Was früher der Wettlauf zum Mond war, sei jetzt der Wettlauf zur Kommerzialisierung des Weltalls, sagt Gate Space-CEO Novak.

Rudolph Ring ist ebenfalls Mitgründer von Gate Space. Mit der Maschine neben ihm werden Bauteile hergestellt
In dieser Zukunftsbranche will Niederösterreich mitmischen. "Innovationen und Investitionen von heute sind die Arbeitsplätze von morgen", betont Flughafen Wien-Vorstand Günther Ofner.
Am Montag wurde daher gemeinsam mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner der neue "VIE Space Hub" eröffnet. Neben einem optimalen Umfeld für Weltraumtechnologien aus Österreich soll er auch direkten Zugang zu internationalen Projekten bieten.
Denn schon im Vorjahr wurde am Standort das ESA Phi Lab der European Space Agency eröffnet. Mit diesem soll die heimische Forschung und die Kommerzialisierung der Raumfahrt unterstützt werden, im Vorjahr konnten sich Unternehmen um Förderungen zwischen 200.000 und 500.000 Euro bewerben.
Man wolle "nach den Sternen greifen" und sich ein "Stück des Kuchens" sichern, erklärte Mikl-Leitner nun bei der Eröffnung des neuen "VIE Space Hub". Daher müssten auch Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Vor allem Investoren und Kapital seien essenziell. Daher hat das Land NÖ im vergangenen Jahr auch fünf Projekte mit insgesamt 2,5 Millionen Euro an Fördermitteln unterstützt.
Bis zum Herbst soll zudem ein sogenannter "Makerspace“ errichtet werden. In dieser Fertigungsstätte hätten Start-ups die Möglichkeit, Prototypen zu produzieren und zu testen.
Unterstützung für Start-Ups
Neben finanziellen spielen aber auch strukturelle Überlegungen bei der Firmenansiedelung eine Rolle. Tatsächlich haben sich die Start-ups für den Standort am Flughafen entschieden, weil sie neben der Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung auch organisatorisch Hilfe - etwa bei der Suche geeigneter Räumlichkeiten - erhalten haben.
Auch das "Ökosystem", wie es Gründer Novak formuliert, also der Austausch mit anderen Unternehmen der Branche, sei ausschlaggebend gewesen. Und natürlich die Lage in einem internationalem Umfeld. "Die Leute kommen aus dem Flieger und springen in die Büros", sagt R-Space Gründer Scharlemann.
Ähnlich sieht das Mikl-Leitner: "Dieser Ort steht wie kein anderer für wirtschaftliche Dynamik, Innovation, Internationalität und Weltraumwirtschaft".
Bereits jetzt fliegt bei vielen Weltraummissionen Know-How aus Niederösterreich mit. Und es soll mehr werden. Aktuell testet Gate Space in Kooperation mit der European Space Agency (ESA) an einem Landevehikel für die Landung auf dem Mars. "Bei der Landung glänzen unsere Produkte", betont Novak.
150 Unternehmen im Weltraumsektor
Aktuell umfasst der österreichische Weltraumsektor mehr als 150 Unternehmen und mehr als 1300 Mitarbeiter, wie eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz aus dem Jahr 2023 zeigt.
Laut der Untersuchung wurden damit bereits mehr als 209 Millionen Euro an Einnahmen generiert. Die Arbeitsstätten im Weltraumsektor konzentrieren sich überwiegend auf die Bundesländer Wien, Steiermark und Niederösterreich.
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