Semmering-Basistunnel: Gigant frisst sich durchs Bergmassiv

ÖBB-Projektleiter Gerhard Gobiet und Stellvertreter Gernot Nipitsch vor dem riesigen Bohrkopf der Vortriebsmaschine
30 Millionen Euro teure Tunnelbohrmaschine geht in den kommenden Tagen in Betrieb.

Wenn die Tunnelbohrer ihre volle Leistung entfalten, saugt die Baustelle soviel Strom wie die 9000-Einwohner-Stadt Mürzzuschlag. Nur noch wenige Tage, dann erreicht der Bau des Semmering-Basistunnel seinen bisherigen Höhepunkt. Die erste von insgesamt zwei gigantischen Tunnelbohrmaschinen wurde 400 Meter unter der Erdoberfläche im steirischen Fröschnitzgraben in Stellung gebracht.

Der stählerne Gigant hat – zerlegt in viele Einzelteile – per Schiff und Lkw eine 1000 Kilometer lange Reise von Lyon in Frankreich bis auf den Semmering zurück gelegt. Die 30 Millionen Euro teuren Maschine ist 120 Meter lang und wiegt 2500 Tonnen, etwa so viel wie 400 Elefanten. „Sie musste zerlegt mit dem Lastenaufzug 400 Meter tief unter die Erde gebracht und dort in dem Stollen- und Kavernensystem wieder zusammengebaut werden“, erklären ÖBB-Projektleiter Gerhard Gobiet und sein Stellvertreter Gernot Nipitsch.

Mit demselben Aufzug wurde am Mittwoch auch der KURIER zum Lokalaugenschein zu den künftigen Tunnelröhren in die Tiefe gebracht. Bagger, Caterpillar und Lastwagen fahren dort kreuz und quer, wo 2026 die Personenzüge mit 230 km/h die Strecke Wien-Graz in zwei Stunden zurücklegen werden.

Dass der Tunnel überhaupt gebaut wird, ist schon ein kleines Wunder, hört man unter Tage. Fast 30 Jahre lang hat das 3,3 Milliarden Euro teure Projekt die Politik, Bürgerinitiativen, Umweltschützer und Anrainer gespalten. Kritiker prangern die „mutwillige Umweltzerstörung“ an. Durchgesetzt hat sich schließlich die Entscheidung für den Bau.

Homogenes Gestein

Wenn die Ingenieure und Mineure die letzten Handgriffe erledigt haben, wird die erste Tunnelbohrmaschine ab Mai die neun Kilometer lange Strecke in Richtung Gloggnitz (NÖ) durch das Bergmassiv graben. „Wir haben in diesem Abschnitt vom Gesteinsaufbau her sehr homogene Verhältnisse. Das ist ideal für den Maschinenvortrieb“, so Gobiet. Im Durchschnitt soll das Ungetüm 15 Meter pro Tag zurück legen. Sobald die ersten Meter geschafft sind, wird die zweite Bohrmaschine für die andere Tunnelröhre von Lyon aus auf den Weg geschickt.

Parallel dazu arbeiten sich die Mannschaften vom Portal in Gloggnitz dem Tunnelbohrer entgegen. 2,5 Kilometer haben sie bereits bewältigt, wegen der dort ständig wechselnden geologischen Bedingungen allerdings im Bagger- und Sprengvortrieb. Auf diese Art und Weise schaffen die Mineure zwischen vier und sieben Meter pro Tag.

Hervorzustreichen ist die Ingenieurskunst, mit der bei dem Milliardenprojekt vorgegangen wird. Auf einer Länge von mehreren Kilometern weichen die Tunnelröhren maximal ein paar Zentimeter von einander ab. Im Auetal verläuft der Tunnel gerade einmal 30 Meter unter der dortigen Wohnsiedlung. „Hier gab es im Vorfeld eine Beweissicherung, weil es bei so wenig Überdeckung natürlich zu Rissen an den Gebäuden kommen kann“ erklärt Gobiet. Schließlich wird darunter gesprengt.

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