Schicksalstage für die Ötscherlandbahn: Testbaustelle zur Klärung
Die Museumsbahnbetreiber prüfen, ob eine Sanierung der Schmalspurstrecke leistbar ist. Derweilen häufen sich Gerüchte, dass die Bahntrasse auch als Radstrecke genutzt werden könnte
22.05.23, 18:07
Die Zukunft der Ötscherlandbahn steht dieser Tage auf dem Prüfstand: Auf der historischen Strecke zwischen Kienberg/Gaming und Lunz testen eine Profi-Bahnbaufirma und Ehrenamtliche auf einem Probeabschnitt, wie aufwendig und teuer die Generalsanierung der Strecke werden kann. Stellt sich das Unterfangen als viel zu teuer und damit unfinanzierbar heraus, droht das Aus für die Museumsbahnstrecke.
Mittwoch und Donnerstag werden auf einem neuralgischen Teilstück zwischen Pfaffenschlag und Lunz hölzerne Bahnschwellen mit Stahlschwellen getauscht. „Das passiert einerseits in Vorbereitung auf den Saisonstart Ende Juli, aber andererseits auch, um festzustellen, ob die Pläne für die Streckensanierung umsetzbar sind“, sagt der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft der Niederösterreichischen Lokalbahnen (NÖLB).
Umstieg aufs Rad?
Ehrenamtliche und Profis der Firma Swietelsky werden die Schienen auf die stählernen Unterlager schrauben, die Holzschwellen abtransportieren und sämtliche Arbeitsschritte genau dokumentieren. Schwellen auf rund fünf Kilometer der Gesamttrasse, die übrigens im Besitz der NÖ Bahnen (vormals NÖVOG) ist, müssten noch getauscht werden, so Becker. Dafür waren 2019 vom Land NÖ 1,5 Millionen Euro zugesichert worden.
„Dann kam leider Corona. Geht die Rechnung nun auf, werden wir mit den NÖ-Bahnen und dem Land NÖ die erste Bauetappe vereinbaren.“ Für zehn Jahre wäre die Strecke nach Abschluss Bauarbeiten wieder betriebsfit.
Die Fahrten des Ötscherland Express auf dieser „Strecke über den Berg“ gelten als eine der internationalen Attraktionen in den niederösterreichischen Voralpen. Besonders die beiden Trestlework-Brücken, die denkmalgeschützt sind, haben es Eisenbahnfans aus aller Welt angetan.
Kein Wunder also, dass es auch Stimmen gibt, die diese Strecke über Schluchten und Bergrücken auch als spektakuläre Radroute zwischen den Tälern von Erlauf und Ybbs sehen – umso mehr, als E-Bikes bei Outdoorfans boomen.
Das erinnert an den wild umkämpften Abbau und Umbau der 60 Kilometer langen Ybbstalbahnstrecke im benachbarten Tal. Auf der Bahntrasse zwischen Waidhofen/Ybbs und Göstling/Ybbs wurde der Ybbstalradweg installiert, der in der Region nun als touristischer Erfolg gefeiert wird. Aktuell wird er talauswärts bis zum Donauradweg bei der Stadt Ybbs modernisiert.
Als Rest der früheren Ybbstalbahn existieren jetzt noch die 2,5 Kilometer lange Citybahn in Waidhofen/Ybbs und eben Strecke über den Berg, die schon seit 1990 als Museumsbahn geführt wird.
Karl Becker kennt die Vorschläge für einen eventuellen Radwegbau zwischen den beiden Tälern natürlich. „Aber bei uns steht ein Kombiangebot im Blickpunkt. Radfahrer verladen in Kienberg ihre Bikes, fahren mit uns über die spektakuläre Bergstrecke und steigen in Pfaffenschlag, wo es dann wieder bergab nach Lunz geht, wieder aus dem Zug aus“, schildert er. Auch bisher seien Fahrräder bei planmäßigen Fahrten oder bei Sonderfahrten mitgenommen worden, so Becker.
Zugfahrt als Erlebnis
Derzeit noch sehr optimistisch gestimmt, dass die Bergstrecke auch zukünftig als Nostalgiebahn geführt wird, ist auch Siegfried Nykodem vom Ybbstaler Club 598. Der Verein pflegt im Hauptbahnhof der NÖ-Bahnen in Waidhofen zwei historische Dampflokomotiven. „Es ist geplant, dass die 598er und auch unsere zweite Lok nach der Renovierung nach Kienberg überstellt und dort auch ausfahren werden“, berichtet Nykodem über das gute Einvernehmen mit den NÖ-Lokalbahnen.
Die Ybbstaler Dampflok-Fetischisten, die früher auch mit Demonstrationen und Blockaden hart für die Rettung der Ybbstalbahn gekämpft hatten, leisten im Nachbartal bereits rund 50 Prozent der Arbeit beim Streckenerhalt und bei Sanierungen. „Ich bin überzeugt, dass ein funktionierender Eisenbahnbetrieb einen weit größeren Mehrwert bringt als eine Radstrecke“, erklärt Nykodem.
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