Der HI-Virus schleicht sich meist symptomlos in den Körper ein. Doch nicht nur deshalb ist eine Diagnose oft schwierig und passiert erst relativ spät – vor allem dann, wenn der Zugang zu (kostenfreien) Tests erschwert ist.
Neben Selbsttests aus der Apotheke gibt es hierzulande nur bei Hausärzten oder Kliniken die Möglichkeit HIV nachweisen zu lassen. In beiden Fällen muss der Betroffene aber selbst dafür aufkommen.
Keine Anlaufstelle in NÖ
Eine anonyme und kostenlose Testung auf HIV ist lediglich bei Aids Hilfen möglich. Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern gibt es in Niederösterreich (und dem Burgenland) aber keine eigene Anlaufstelle, die gesamte Ostregion wird von Wien aus betreut.
Kein besonders niederschwelliges Angebot, wie Andrea Brunner von der Aids Hilfe Wien, erklärt: „Im Jahr 2021 kamen nur rund 8 Prozent der von uns getesteten Personen aus Niederösterreich.“ Somit wurden im Vorjahr nur 17 der 376 Neudiagnosen in NÖ gestellt. „Wenn man sich aber die Bevölkerungsverteilung ansieht, erkennt man, dass hier eine Testlücke besteht.“
Schwerere Erkrankungen und mehr Infektionen
Die Folgen dieser Lücke sind verzögerte Diagnosen, wodurch nicht nur das Risiko eines schwereren Krankheitsverlaufs sowie frühzeitiger Sterblichkeit steigt, sondern auch die Wahrscheinlichkeit für weitere eigentlich vermeidbare Infektionen.
„Aber auch eine späte Diagnose ist viel besser als keine Diagnose, auch weil die modernen Therapien mittlerweile so gut sind, dass diese auch bei späten Diagnosen wirksam helfen“, ist Brunner überzeugt.
Testtag für Geschlechtskrankheiten
Ein erster Schritt zur Schließung dieser Testlücke wird nun aber am 30. November in St. Pölten gesetzt. Gemeinsam mit der Stadt und dem Land NÖ führt die Aids Hilfe Wien gratis und anonym Testungen auf und Beratungen zu sexuell übertragbaren Krankheiten – also von HIV, über Hepatitis-B und -C, bis hin zu Syphilis, Chlamydien und Gonorrhoe – teilweise gratis durch.
Am Mittwoch, 30. November, von 10 bis 14 Uhr werden im Saal der Begegnung in St. Pölten kostenfreie und anonyme HIV-Antigen-Antikörpertests (diagnostisches Fenster: 6 Wochen), kostenfreie und anonyme HIV-Schnelltests (diagnostisches Fenster: 12 Wochen), kostenfreie Hepatitis-B und C-Tests, kostenpflichtige und anonyme Syphilis (12 Euro) sowie Chlamydien- und Gonorrhoe-Selbstabstriche (32 Euro)
17 Personen aus NÖ wurde im 2021 Aids diagnostiziert. Österreichweit waren es im Vorjahr 376 Neudiagnosen.
Anlass ist der Welt-Aids-Tag. Seit 1998 finden jährlich am 1. Dezember Feierlichkeiten statt, um die Rechte die HIV-positiver Menschen zu bekräftigen.
Seitens der politischen Entscheidungsträger wurde betont, dass die Testaktion in St. Pölten ein Startschuss für ein breiteres Testangebot in ganz NÖ ist. Gemeinsam mit der Aids Hilfe will man ab dem nächsten Jahr zumindest einmal jährlich in den fünf Gesundheitsregionen, also den vier Vierteln und dem Zentralraum, einen niederschwelligen Testzugang ermöglichen, so Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ).
Mit diesem Angebot wolle man auch mehr Bewusstsein in der Gesellschaft schaffen. „Es gibt keinen Kampf gegen HIV ohne Kampf gegen die Diskriminierung der Betroffenen“, ist etwa Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ) überzeugt.
Nicht niederschwellig
Dass dieses Testangebot nun nach St. Pölten kommt, ist für Oskar Beneder vom Verein „St. Pride“ ein längst überfälliger Schritt. Der Verein hatte bereits im Juni anlässlich der Pride-Feierlichkeiten eine derartige Aktion in der Landeshauptstadt durchgeführt.
Dabei ist die Statusüberprüfung aber nicht nur für Angehörige der LGBTQ+-Community relevant: „Nur weil man hetero ist, heißt es ja noch lange nicht, dass man sich nicht mit Geschlechtskrankheiten anstecken kann“, so Beneder.
Dass nun Stadt und Land dies aufgreifen, sei erfreulich. Niederschwellig sei das Programm aber aufgrund der Öffnungszeiten – an einem Mittwoch zwischen 10 und 14 Uhr – dennoch nicht: „Um diese Zeit an einem Schultag haben wahrscheinlich nicht sehr viele sexuell aktive Menschen Zeit“, so Beneder.
Auf diese Missstände wird „St. Pride“ am 30. November um 17 Uhr vor dem NÖ Landtag bei einer Kundgebung anlässlich des Welt-Aids-Tags am 1. Dezember aufmerksam machen. Info: www.st-poelten.at
Alle Nachrichten aus St. Pölten jeden Montag im Postfach mit dem KURIER St. Pölten-Newsletter:
Kommentare