Kein Platz für „Härtefälle“ in nö. betreuten Wohngruppen

Zwar ist Max (Name von der Redaktion geändert, Anm.) erst 16, das Landesgericht St. Pölten ist ihm aber schon lange nicht mehr fremd.
Bereits zum dritten Mal muss sich der junge St. Pöltner hier als Angeklagter verantworten. Nur wenige Monate nach seiner letzten Verurteilung wurde ihm unter anderem gefährliche Drohung zur Last gelegt.
Drohung vor St. Pöltner Nachtclub
Mit den Worten „I stich di o“ soll der Angeklagte einen ihm fremden 19-Jährigen gegen eine Bushaltestelle bei einem Club in St. Pölten gedrückt haben. Ob er ein Messer dabei hatte, kann jetzt nicht mehr geklärt werden – an der gefährlichen Drohung änderte dies für den vorsitzenden Richter ohnehin nichts. Als Strafe setzte es neun Monte Haft, die der 16-Jährige auch absitzen muss.
Ein rascher Rückfall, der wahrscheinlich hätte verhindert werden können.
Schon bei der letzten Verurteilung des jungen St. Pöltners wurde gerichtlich eine Fremdunterbringung angeordnet, um den 16-Jährigen aus seinem sozialen Umfeld zu holen. Trotz der Bemühungen seiner Bewährungshelferin kam es aber nicht dazu. Der Grund: Kein Platz und lange Wartezeiten, wie auch der Verteidiger des Jugendlichen vor Gericht erklärte.
Einzelbetreuung nicht möglich
So wie Max geht es vielen „Härtefällen“, wie Roland Hammerschmid, Obmann des Dachverbandes für Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen (DÖJ) in NÖ, weiß. Zwar gebe es, wie das Land NÖ betonte, mit 1.200 Plätzen in ca. 150 Gruppen genug Unterbringungsmöglichkeiten.
„Was es braucht, sind spezielle Angebote“, erklärt Hammerschmid. „Möchte ich ein Kind mit besonderen Bedürfnissen in eine bestehende Wohngruppe integrieren, braucht es oft eine Einzelbetreuung.“
Kindeswohl steht im Vordergrund
Damit diese gewährleistet werden kann, muss Personal aus der Gruppe abgezogen werden. Rasche Nachbesetzung dafür gibt es aber keine. Deshalb müssten sich Einrichtungen überlegen, welche Kinder sie für ihre Gruppe aufnehmen können und für welche ihr Angebot nicht reicht.
Denn: „Im Vordergrund steht natürlich immer das Kindeswohl. Nehme ich jemanden auf und kann ihn nicht gerecht betreuen, heißt das wieder lange Wartezeiten auf einen Alternativplatz“, gibt Hammerschmid Einblicke in die Praxis. Der Bedarf an speziellen Betreuungsmöglichkeiten steige ständig, denn: „Kinder, die leicht betreubar sind, gibt es kaum mehr“, weiß der Obmann.
Um die Kinder mit erhöhtem Bedarf in den Gruppen halten zu können, müsse das Land NÖ schneller reagieren und zusätzliches Personal genehmigen.
Fachpersonal ist Mangelware
Doch entsprechendes Fachpersonal ist Mangelware. Erst letzte Woche hatte der Dachverband der Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen in Österreich deshalb Alarm geschlagen.
Und auch in NÖ ist die Lage ernst, wie auch das Land NÖ bestätigt. Generell seinen nämlich nicht nur Krisenzentren, sondern der gesamte Bereich der Kinder- und Jugendhilfe betroffen. Soziallandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) habe deshalb in Gesprächen mit AMS NÖ-Chef Sven Hergovich angedacht, Berufsgruppen, die Betreuungsdienste leisten können, in die entsprechende Liste für Mangelberuf aufzunehmen.
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