"Gekränkte Ehre": Acht Jahre Haft für Messerattacke auf offener Straße

"Gekränkte Ehre": Acht Jahre Haft für Messerattacke auf offener Straße
47-Jähriger bekannte sich in St. Pölten teilweise schuldig. Er hatte zwei Männer verletzt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Wegen einer Messerattacke auf offener Straße in der Innenstadt von Wilhelmsburg (Bezirk St. Pölten) vom vergangenen Oktober stand ein 47-Jähriger heute, Donnerstag, in St. Pölten vor Gericht. Der türkische Staatsbürger soll Bekannte im Alter von 29 und 39 Jahren verletzt haben. Angelastet wird dem Angeklagten versuchter Mord und versuchte schwere Körperverletzung, Der Mann bekannte sich teilweise schuldig.

Gerüchte über Affäre

Die Attacke hat eine längere Vorgeschichte. Der 47-Jährige - er wurde in der Türkei geboren und lebt seit 22 Jahren in Österreich - hatte laut Staatsanwältin über längere Zeit hinweg ein „freundschaftliches Verhältnis“ zur Ehefrau eines der späteren Opfer. Das schmeckte dem Partner der Betroffenen wenig. Er ortete eine Affäre, das Paar stritt offenbar mehrfach. Am 11. Oktober 2023 verließ die Frau schließlich die gemeinsame Ehewohnung. Den Beschuldigten warnte sie indes per Anruf, dass ihr Partner etwas gegen ihn plane.

Ausschlaggebend für die Attacke am folgenden Tag sei daher „die gekränkte Ehre des Angeklagten“ sowie eine „emotionale Eskalation“ gewesen, folgerte die Staatsanwältin. Die vorübergehende Trennung und diverse Gerüchte dürften in der Zwischenzeit auch in der türkischen Community die Runde gemacht haben.

Mit Steinen beworfen

Der zweifach einschlägig vorbestrafte 47-Jährige begab sich gegen 18 Uhr zum Wilhelmsburger Unternehmen eines 39-jährigen Bekannten - letztlich auch, um dessen Positionierung in der Beziehungs-Causa abzustecken. Er sei dort mit Steinen beworfen worden, sagte der Angeklagte in der Geschworenenverhandlung. „Es kommt zu einem Wortgefecht und zu einem Gerangel“, räumte der Verteidiger des Türken ein. Mit einem mitgebrachten Küchenmesser („Es lag schon sieben, acht Monate im Auto“) soll der Beschuldigte seinem Kontrahenten eine fünf Zentimeter tiefe Stichverletzung in den Rücken verpasst haben.

„Als ich das Blut gesehen habe, war ich im Schock“, blickte der Angeklagte zurück. Der 39-Jährige kann den Angriff unterdessen auch mehrere Monate später noch nicht nachvollziehen. „Ich habe mit dieser Person nie einen Streit gehabt“, hob er im Zeugenstand hervor.

"Zack, zack war es vorbei"

Der 29-jährige Ehemann der Vertrauten des Beschuldigten kam wenig später an den Tatort gesprintet. „Ich habe Tumulte gehört“, gab der Zeuge an. Nach einer Drohung soll der 47-Jährige diesem Mann einen Stich in den Bauch versetzt haben. „Es war kurz und bündig. Ich war verletzt und zack, zack war es vorbei“, erinnerte sich das Opfer.

„Ich wollte ihn nicht verletzen. Es ist so, dass ich schon komplett durcheinander war von dieser Situation“, gab wiederum der Angeklagte laut Dolmetscherin zu Protokoll. Festgestellt wurde in der Folge eine 15 Zentimeter tiefe Wunde. Der 29-Jährige wurde lebensbedrohlich verletzt. „Ich habe Glück gehabt, dass so viele Leute dort waren. Hätte er uns alleine erwischt, würde ich heute nicht hier sitzen“, konstatierte der Mann.

"Kein versuchter Mord"

Noch vor dem Eintreffen der Einsatzkräfte machte sich der Beschuldigte mit einem Auto aus dem Staub. Angehalten und festgenommen wurde der Türke in Rotheau in der Gemeinde Eschenau im Bezirk Lilienfeld. Das Küchenmesser mit einer Klingenlänge von rund 20 Zentimetern wurde im Pkw sichergestellt.

Vom Verteidiger wurde ins Treffen geführt, dass der 47-Jährige wegen versuchter schwerer Körperverletzung schuldig zu sprechen sei. Versuchter Mord liege allerdings keiner vor. 

Das sahen die Geschworenen offenbar auch so. Sie verurteilten den Mann zu acht Jahren Haft, verneinten aber den von der Anklage umfassten Vorwurf des versuchten Mordes. Der Schuldspruch wegen absichtlich schwerer Körperverletzung ist nicht rechtskräftig.

Kommentare