Cinema Paradiso St. Pölten: „Kino ist, mit Fremden in andere Welten eintauchen“

Cinema Paradiso St. Pölten: „Kino ist, mit Fremden in andere Welten eintauchen“
Vor 20 Jahren gründeten die „filmverrückten“ Alexander Syllaba und Clemens Kopetzky das erste Programmkino NÖs in St. Pölten

KURIER: Alles Gute zum 20. Geburtstag! Wie liefen die Feierlichkeiten bisher?

Clemens Kopetzky: Danke. Wir sind noch in den Vorbereitungen, im November stehen die Geburtstagshighlights am Programm. Derzeit ist es also noch Stress, aber positiver Stress, weil wir uns schon sehr auf die Veranstaltungen freuen.

Hat sich das Programm im Cinema Paradiso seit der Eröffnung verändert?

Alexander Syllaba: Unser Konzept „Mehr als Kino“ hat vom ersten Tag an wunderbar funktioniert. Wir blicken heute auf gut 75.000 Besucher pro Jahr in St. Pölten. Unser Programm ist über die Jahre sicherlich noch ausdifferenzierter geworden und mit dem guten Ruf, den wir uns erarbeitet haben, können wir auch große Stars zu uns lotsen.

Kopetzky: Durch die Eröffnung des dritten, multifunktionalen Saales, der als Kinosaal genauso funktioniert wie als „Club 3“ mit Stehplätzen, hat sich die Programmvielfalt noch erweitert. Es beginnt bei Eltern, die mit Babys Filme und Konzerte bei uns am Vormittag genießen können, geht weiter über Bilderbuchkino bis hin zu Konzerten für Musikfans aller Altersschichten. Blues, Jazz, Pop, Rock, Elektronik, DJs, alles hat Platz bei uns, was gut ist und das Herz am richtigen Fleck hat. Dazu gibt es noch hochkarätige Lesungen und viele Filmpremieren.

Da gab es sicher auch einige Herausforderungen zu meistern oder Meilensteine zu feiern.

Syllaba: Die größte Herausforderung war die Zeit vor der Eröffnung. Wenige haben es für möglich gehalten, dass ein Programmkino in St. Pölten funktionieren kann. Viel Überzeugungsarbeit war notwendig. Auch die Pandemie der letzten Jahre war außergewöhnlich und nervenzehrend. Wir waren dann schon sehr geübte Leser von Verordnungen und hatten jeden erdenklichen Aushang in der Schublade. Ein Meilenstein hingegen war für uns die Auszeichnung als „Bestes Kino Europas“ 2006. In Paris von den Kinolegenden Costa Gavras und Jeanne Moreau den Preis überreicht zu bekommen, war ein einzigartiger Moment. Ein weiterer Meilenstein war definitiv die Eröffnung von Cinema Paradiso Baden 2013. An einem zweiten Standort mit unserem Konzept erfolgreich zu sein, ist eine riesen Freude und Bestätigung unserer Arbeit.

Cinema Paradiso St. Pölten: „Kino ist, mit Fremden in andere Welten eintauchen“

Bestes Kino Europas: Alexander Syllaba (Mitte) mit den Kinolegenden Costa Gavras und Jeanne Moreau in Paris.

Der Kinobesuch wird immer häufiger von einem Streaming-Abend auf der eigenen Couch abgelöst. Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr?

Kopetzky: Ganz anders. Streaming hat durch die Pandemie sicherlich einen Boom erlebt. Wir sehen aber, dass die Menschen mit jedem Abflauen der Pandemie mit Begeisterung ins Kino zurückgekehrt sind. Kino ist Fortgehen, sich mit Freunden treffen. In einem finsteren Saal gemeinsam mit anderen, fremden Menschen in eine andere Welt einzutauchen. Gemeinsam zu lachen und zu weinen und danach wie betäubt aus dem Saal zu kommen. Sich noch an die Cinema Bar zu setzen und bei einem feinen Getränk über den Film zu diskutieren. Das ist Kino und lässt sich nicht auf der Couch nachahmen. Kurz: Wir sehen das Thema Streaming nicht als Bedrohung. Mit unserem „Kino VOD Club“ haben wir auch ein Tool, das dem etwas gezielt entgegensetzt. Hier kann man nach sich vor allem, aber nicht nur, österreichische Filme ins Wohnzimmer holen. Und jeder Stream ist wie ein gekauftes Kinoticket.

Wie sehen Sie die Zukunft des Kinos im Allgemeinen?

Syllaba: Wir glauben, dass das Kino sogar noch an Bedeutung gewinnen kann. Es ist ein noch immer leistbarer Kulturbesuch, es ist ein Gemeinschaftserlebnis, es ist niederschwellig. Hier kann man sich von den Sorgen des Lebens ablenken, hier werden aber auch die Probleme der Welt verhandelt.

Cinema Paradiso St. Pölten: „Kino ist, mit Fremden in andere Welten eintauchen“

Im Cinema werden nicht nur Filme gezeigt. Immer wieder ein Highlight im Veranstaltungskalender:  Der Tagebuchslam.

Der Erfolg gibt Ihnen recht. Hätten Sie vor 20 Jahren damit gerechnet?

Kopetzky: Natürlich haben wir an uns geglaubt. Aber dass wir heute an den beiden Standorten über 150.000 Besucher pro Jahr begrüßen können, nein, das haben wir nicht zu träumen gewagt.

Was wünschen Sie sich für die nächsten 20 Jahre?

Syllaba: Wenn wir mit unserem großartigen Team weiter unseren Traum Cinema Paradiso leben können, dann werden es weitere wunderbare 20 Jahre.

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