Prozess um Raubüberfall auf Ehepaar

(Symbolbild)
33-Jähriger bekannte sich in Wiener Neustadt teilschuldig.

Am Landesgericht Wiener Neustadt hat am Montag ein Prozess um einen brutalen Raubüberfall auf ein Ehepaar in Breitenfurt (Bezirk Mödling) begonnen. Die Opfer waren in ihrem Haus geknebelt und gefesselt worden. Der Angeklagte (33) bekannte sich teilschuldig, wollte aber zuvor weder von dem Einbruchsplan noch von Waffengewalt gewusst haben - seine beiden Komplizen sind flüchtig.

Ausgeforscht wurde der rumänisch-moldawische Doppelstaatsbürger nach einem Einbruchsversuch Anfang Dezember 2013 in Klosterneuburg. Dabei nahm ihn ein WEGA-Beamter in seiner Freizeit fest. Weil der 33-Jährige mit einem Holzstock auf den Polizisten losgegangen sein soll, war neben Raub und Einbruchsdiebstahl auch Widerstand gegen die Staatsgewalt angeklagt. Verteidiger Leonhard Kregcjk betonte, sein Mandant habe von einer Waffe nichts gewusst und bekenne sich zur Attacke auf den Beamten nicht schuldig.

Opfer gefesselt und geknebelt

Wie Staatsanwältin Karina Fehringer ausführte, hatten die drei Verdächtigen die Gegebenheiten ausgekundschaftet, ehe sie am späten Abend des 16. März 2012 durch ein Kellerfenster in die gedämpft beleuchtete Villa einstiegen. Die 64-jährige, die vor dem Fernseher geschlafen hatte, wurde im Erdgeschoß gefesselt und geknebelt, ebenso erging es ihrem Mann im Schlafzimmer. Der 65-Jährige hatte am selben Tag eine Kiefer-OP gehabt, durch die brutale Behandlung habe sich die Wunde geöffnet und er drohte zu ersticken, so die Anklägerin. Er sei dann mit Warnschüssen genötigt worden, den Tresor zu öffnen. Der Angeklagte, der währenddessen beim weiblichen Opfer gewartet hatte, verlor auf der Flucht seinen Nylonstrumpf, den er über den Kopf gezogen hatte. Daher wurden DNA-Spuren gefunden, die dann nach der Festnahme eineinhalb Jahre später verglichen werden konnten.

Der Angeklagte, von Beruf Kraftfahrer, schilderte unter Schluchzen, dass er eigentlich Arbeit in Deutschland hätte suchen wollen - er habe Geld für eine Augenoperation einer seiner Töchter (neun und sechs) gebraucht. Nur eine Nacht habe er in Wien bleiben wollen: "Dann passierte, was passiert ist", übersetzte der Dolmetscher. Nach seiner Ankunft mit dem Bus aus Moldawien rief der 33-Jährige demnach einen Bekannten an, der ihn zu einer Wohnadresse beorderte, wo sich mehrere Menschen aufhielten. Dann hätten ihn zwei Männer aufgefordert, mit ihnen etwas stehlen zu gehen - per Straßenbahn und Bus gelangte das Trio nach Breitenfurt, wo sich seine Begleiter - quer durch diverse Gärten hindurch - Häuser "anschauten". "Haben Sie nicht nachgefragt, was konkret passieren sollte?" wollte Richterin Gertraud Eppich wissen. "Nein", war die Antwort.

Im Nachbargarten der Villa hätten sie eine Schere gefunden, mit der sie den Zaun durchschnitten, gab der Angeklagte via Dolmetscher an. Nach dem Eindringen in das Haus habe sich einer seiner Begleiter auf die in einem Fauteuil liegende Frau gestürzt, er hielt sie an den Händen fest, der dritte fesselte sie mit dem in einem Rucksack mitgebrachten Klebeband.

In dem Rucksack, in dem dann die Beute verstaut wurde, hatten sich Nylonstrümpfe und Handschuhe für alle Beteiligten befunden. "Wenn ich von einer Waffe gewusst hätte, wäre ich nicht mitgegangen", beteuerte der Beschuldigte.

Er habe nicht verstanden, was die Dame geschrien habe, aber dann gemerkt, dass es ihr schlecht ging, und das Klebeband von ihrem Mund gezogen, um ihr Wasser zu geben. Er sollte im Erdgeschoß nach Geld und Wertgegenständen suchen, habe aber nichts gefunden - die Halskette und Uhr des Opfers hatte bereits einer der anderen an sich genommen. Was im Obergeschoß vor sich ging, wollte der Angeklagte nicht mitbekommen haben. Als sein Bekannter die Treppe wieder herunterkam, läutete das Telefon, eine Sirene ging an - und sie liefen davon. Erst auf der Flucht aus Breitenfurt - zu Fuß durch die Wälder nach Wien zurück - habe er erfahren, dass sich im Schlafzimmer ein Mann befunden hatte.

Angeklagter erhielt 4.700 Euro

Mit 200 Euro habe er tags darauf Wien verlassen - "ein magerer Lohn bei einer Beute von knapp 70.000 Euro", meinte die Richterin. Nach Moldawien seien ihm später noch 4.500 Euro geschickt worden, antwortete der 33-Jährige. Gertraud Eppich hielt ihm mehrmals unterschiedliche Aussagen im Vergleich zu seinen Einvernahmen bei der Polizei vor.

Auch im Dezember des Vorjahres wollte der Mann zwecks Arbeitssuche nach Wien gekommen sein. In Klosterneuburg habe er Fahrräder stehlen wollen. Warum er sich dann überhaupt vom Bahnhof, wo naturgemäß zig Räder standen, entfernte, konnte er schwer erklären. Bei dem Einbruch in ein Wohnhaus in einer Katastralgemeinde der Stadt wurde er von einem Zeugen beobachtet. Auf der Flucht sei er über eine Garage gesprungen und ausgerutscht. Als er bereits am Boden lag, habe er sich nur wehren wollen - dass ein Polizist sein "Gegner" war, habe er nicht gewusst.

Der Wega-Beamte war damals mit seinem Hund Gassi gewesen, als er den Verdächtigen auf einem Grundstück am Rande eines Walds hinter einem Gebüsch bemerkte und einen zweiten, der sofort flüchtete. Er rief mehrmals "Polizei - stehen bleiben!" auf Deutsch und Englisch und lief dem heute Angeklagten nach, der über einen Maschendrahtzaun und eine Mauer auf die Straße sprang. Der Verdächtige sei dann, als er an einer Garage nicht mehr weiterkonnte, mit einem Holzscheit auf ihn losgegangen - "er hat mich bewusst attackiert". Er habe ihn jedoch "zu Boden bringen" können, sagte der Revierinspektor.

Die durch den Einbruch Geschädigten sagten ebenso aus wie ein Wiener, der im November 2011 Opfer eines Einbruchs geworden war. Er hatte bei der Heimkehr vom Einkaufen in seinem Wohnzimmer zwei Täter mit Taschenlampen und Mützen auf dem Kopf überrascht, die daraufhin flüchteten.

In dem Verfahren ist für 7. Mai ein zweiter Verhandlungstag angesetzt, an dem u.a. das überfallene Ehepaar gehört werden soll.

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