Interview mit ÖVP-Bürgermeister Eisenschenk: „Stadt gehört uns allen“

Der Nibelungenplatz vor dem Tullner Rathaus
Bürgermeister Peter Eisenschenk (ÖVP) über die Initiative „Stadt des Miteinanders“, über den neu gestalteten Nibelungenplatz und Kritik aus der Opposition.

Von Laura Ramoser

Durch die Neugestaltung des Nibelungenplatzes, bei der mittels Volksbefragung über die Details entschieden wurde, ist Tulln zu einem Vorreiter in Sachen Bürgerbeteiligung geworden. Inzwischen hat sie sich den Namen „Stadt des Miteinanders“ verpasst. Die Initiative ermöglicht Tullnerinnen und Tullnern, das Stadtgeschehen aktiv mitzugestalten. Grätzelfeste, ein Reparaturcafé, ein Erzählcafé – das sind nur einige Beispiele für Projekte, die bereits umgesetzt wurden. Rund 80.000 Euro investiert die Stadtgemeinde jährlich in die Initiative.

KURIER: Wenn Sie gedanklich durch die Stadt gehen: Wo zeigt sich für Sie, dass Tulln die „Stadt des Miteinanders“ ist? 
Peter Eisenschenk: Wenn ich durch die Stadt gehe und vor allem im Sommer die Donaulände sehe oder den neu gestalteten Nibelungenplatz, die Schanigärten am Hauptplatz, dann weiterspaziere zu den Sportanlagen, die von vielen Vereinen intensiv genützt werden – dann wird die „Stadt des Miteinanders“ sichtbar. Durch diese Infrastruktur, die es ermöglicht, dass die Menschen zusammenkommen. Wenn man am Wochenende durch die Stadt fährt, stößt man auch immer wieder auf Feste – Grätzelfeste, die von der Stadt unterstützt werden.

Bürgerbeteiligung bedeutet einen großen organisatorischen Aufwand. Warum tut man sich das als Stadtgemeinde an? 
Beim Nibelungenplatz ging das aus meiner Sicht gar nicht anders. Die Stadt gehört nicht einem oder wenigen, sondern sie gehört uns allen, und daher muss man auch möglichst viele daran beteiligen, wenn es zu massiven Veränderungen kommen soll. Bei der „Stadt des Miteinanders“ hingegen – diese lebt einfach vom Beteiligungsprozess. Das Miteinander kann nicht von oben verordnet werden, sondern die Stadt kann nur die Rahmenbedingungen bieten. Letztendlich kann die „Stadt des Miteinanders“ nur durch die Bevölkerung passieren.

Interview mit Tullner Bürgermeister Peter Eisenschenk

Peter Eisenschenk, Bürgermeister von Tulln, im KURIER-Gespräch

Wie ist die Stimmung im Gemeinderat? Stößt man auf Zuspruch oder Ablehnung mit der Initiative? 
Die „Stadt des Miteinanders“ hat natürlich das Ziel, dass im Gemeinderat die Parteien aufeinander zugehen. Ich versuche, das auch persönlich umzusetzen, aber die Initiative greift wesentlich breiter. Es geht darum, die gesamte Bevölkerung zu erreichen, und da ist der Gemeinderat ein Teil davon. Natürlich ist es im Gemeinderat so, dass es unterschiedliche Interessen und Standpunkte gibt, das wird sich nicht vermeiden lassen. Aber es geht um das grundsätzliche Bemühen, auch im Gemeinderat den Politikern anderer Parteien mit Respekt entgegenzutreten und sich eben nicht in Polemiken verwickeln zu lassen.

Das heißt, Sie stoßen mit der Initiative bei der Opposition auf Kritik?
Nein, mit der Initiative stoße ich überhaupt nicht auf Kritik. (Pause) Im Großen und Ganzen ist da niemand dagegen, aber da müssten Sie die anderen Parteien fragen. Es gibt nur von einer Ecke immer wieder so leise Töne...

Damit spielen Sie wohl auf die FPÖ an. Diese hat den Nibelungenplatz als „Prestigeprojekt“ bezeichnet und die Stadt des Miteinanders als teure „PR-Kampagne“ für die ÖVP und für Sie als Person. 
Die „Stadt des Miteinanders“ ist eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Initiativen in der Geschichte dieser Stadt. Die Aufgabe der Politik ist es einerseits, die notwendige Infrastruktur bereitzustellen. Darüber hinaus ist es aber unsere Aufgabe, die Menschen zusammenzuführen. Und wer darin tatsächlich die Aufgabe und Vision der Politik sieht, kann so etwas nicht als Kampagne für irgendjemanden betrachten, sondern es ist eine Kampagne für alle.

Was funktioniert besonders gut bei der „Stadt des Miteinanders“, was ist noch ausbaufähig? 
Das soziale Klima hat sich, glaube ich, verbessert. Denn es macht einen Unterschied, ob die Stadt in Richtung einer „Stadt des Miteinanders“ arbeitet oder ob ein Spalten passiert und die anderen grundsätzlich abgewertet werden, wie man es zum Beispiel gerade ganz massiv in Amerika sieht. Und noch einmal: Es ist die Kernaufgabe der Politik, die Menschen zusammenzuführen, Gemeinschaften und Kooperationen zu bilden. Wer das nicht verstanden hat, hat in der Politik nichts verloren.

Kommentare