Paraguay: Zwei Schuldsprüche im Giftmordprozess

Für die Verteidiger ist das ein Skandal. Freunde und Ex-Arbeitskollegen des Mordopfers haben bis weit nach Mitternacht im Schwurgerichtssaal ausgeharrt, um den Urteilsspruch der Geschworenen zu hören. Und dieser fiel einstimmig aus: Lebenslang für Gerhard Freiherr-Hanzalik (55) und 17 Jahre Haft für seine Partnerin Michaela S. (47). So endete in der Nacht auf Mittwoch am Landesgericht Wiener Neustadt der Prozess um den aufsehenerregenden Giftmord in Paraguay. Obwohl die genaue Ursache für den Tod der 46-jährigen Raumpflegerin Wendy Freiherr niemals lückenlos geklärt werden konnte, reichte den Geschworenen die dichte Indizienkette für einen Schuldspruch. Freiherr wurde demnach während eines Paraguay-Urlaubs von ihrem Ehemann und dessen Lebensgefährtin mit einer Überdosis seines Schmerz-Medikaments „Hydal“ vergiftet. Reste davon konnten fast zwei Jahre nach ihrem Tod im Gewebe des Leichnams nachgewiesen werden.
Exhumierung
Dabei wäre der Fall beinahe zu den Akten gewandert und niemals untersucht worden, obwohl einige Menschen, die dem Opfer nahestanden, nie so recht an einen natürlichen Tod glauben wollten. Erst der KURIER nahm sich der Sache an und zeigte verdächtige Fakten auf. Daraufhin beantragte die Staatsanwaltschaft die Exhumierung der Leiche. Ermittlungen ergaben zudem, dass der Ehemann der Nutznießer aus zwei Lebensversicherungen des Opfers im Wert von 80.000 Euro ist.
Für die Verteidigerriege um Michael Dohr grenzt es an einen Skandal, dass „jemand ohne Feststellung einer Todesursache wegen Mordes verurteilt werden kann“. Er meldete Berufung und Nichtigkeit an. Der schwer krebskranke Verurteilte wird auf der Krankenstation der Justizanstalt Josefstadt betreut.
Die Staatsanwaltschaft hatte den beiden vorgeworfen, die Frau in Independencia aus Habgier mit einem opiathaltigen Schmerzmittel vergiftet zu haben. Die 46-Jährige wurde noch am Todestag begraben, wobei der Mann den südamerikanischen Behörden verschwieg, dass er der Ehemann war, und auch Verwandte daheim nicht informierte.
Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hatte den Fall um den mysteriösen Tod von Wendy Freiherr (46) im Sommer 2012 bereits zu den Akten gelegt. Erst nach einem KURIER-Bericht über die rätselhaften Umstände ihres Ablebens sowie die Begünstigung aus zwei Lebensversicherungen kam wieder Bewegung in die Angelegenheit.
Nachdem neue Beweismittel aufgetaucht waren, hatte die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt das Ermittlungsverfahren gegen den Ehemann der Frau, Gerhard Freiherr-Hanzalik, wieder aufgenommen.
Die Raumpflegerin war am 15. September 2011 zusammen mit ihrem Ehemann und dessen Begleiterin, Michaela S., die ebenfalls an der gleichen Wohnadresse im Bezirk Wr. Neustadt gemeldet ist, nach Independencia geflogen. Die 46-Jährige starb ein paar Tage später, am 29. September, im Schlafzimmer eines Ferienhauses, das ihr Mann gemietet hatte.
Mittels Rechtshilfeansuchen erwirkte die Staatsanwaltschaft bei den Behörden in Paraguay eine Exhumierung der Leiche, der Vorgang dauerte Monate. Knochenteile sowie Gewebeproben der Toten wurden im Frühjahr 2013 nach Österreich gebracht und untersucht. Gerichtsmediziner Wolfgang Denk konnte im Leichnam der Frau eine tödliche Dosis jenes Schmerzmittels nachweisen, das ihr Ehemann gegen sein Krebsleiden einnahm.
Im November 2013 wurden Gerhard Hanzalik und Michaela S. wegen Mordverdachts festgenommen.
Kommentare