Nur mit der Ruhe: Im Weinviertel wird ohne Stress gegartelt

Pia Eis
Pia Eis liebt ihren Garten voller Pflanzen und Insekten. Im Bezirk Korneuburg lebt sie das "slow-gardening"-Konzept und gibt es weiter.

Hinten im Schatten wachsen Flaschenparadeiser. Neben dem Holzstapel in dem allerhand Getier sein Zuhause hat, zieht der blühende Mönchspfeffer die Schmetterlinge an. Unzählige Hagebutten hängen fast erntebereit auf dem großen Strauch. Auf dem Bogen zwischen den beiden Hochbeeten sollten auf der einen Seite Bohnen, auf der anderen Gurken hinaufwachsen. Doch die Schnecken vereitelten diesen Plan. Dann eben nächstes Jahr.

Pia Eis liebt ihren Garten, das spürt man, wenn sie einem jede Pflanze zeigt und erzählt, warum die nützlich ist, welche Insekten sie anlockt und wie man die Pflanze verarbeiten kann. Ihr persönliches Paradies ist in Senning eine Katastralgemeinde von Sierndorf im Bezirk Korneuburg zu finden. Die 44-Jährige ist Landwirtin, dreifache Mutter und lebt als Gartenbäuerin das Konzept des "slow gardenings". Beim KURIER-Besuch erklärte sie, was das genau ist.

Pia Eis slow gardening

Pia Eis zeigt ihren Garten gerne her: Die Elfenblume fühlt sich im Schatten des Baumes wohl, unter ihren Blättern ist das Laub gut versteckt.

Ihren Garten hat Eis schon immer geliebt, vor 18 Jahren sah er aber noch ganz anders aus: Klassischer grüner Rasen. Der Hausbaum, eine Linde, wurde neben der Terrasse gesetzt, Beete fein säuberlich angelegt. Gegartelt hat die Landwirtin gern, aber: "Da war immer dieser Druck: Du musst noch gießen, du musst noch Rasenmähen."

Keine Zeit zum Gießen? Kein Problem!

Ein Zwang, der der Senningerin nicht zusagte. "Ich hab' drei Kinder, ich hab am Abend keine Zeit, um gießen zu gehen." So hat sie das Gießen ganz eingestellt: "Die Pflanzen müssen alles aushalten", lautet ihre Devise. Nur die Mini-Teiche werden regelmäßig mit Wasser befüllt, denn sie sind wichtige Wasserstellen für Vögel und Insekten.

Es gibt nur zwei Regeln für ihren Garten: Es darf keine nackte Erde zu sehen sein, denn die trocknet aus. Und: "Aus dem Garten wird nichts weggebracht. So funktioniert der Kreislauf und macht es einfacher." 

Komposthaufen statt Biotonne

Was zurückgeschnitten wird, wird kommt auf einen Totholzhaufen, wird gemulcht oder landet auf dem Komposthaufen. Zwei davon sind ein Muss für jeden Garten: "Ich verstehe nicht, warum ich für eine Biotonne zahlen soll, die alles wegführe, was guter Kompost wäre und dann kauf' ich mir im Frühjahr neue Komposterde."

Pia Eis slow gardening

Ein Garten muss zu - fast - jeder Zeit einen Blumenstrauß bieten, findet slow-gardening-Expertin Pia Eis. 

Was in ihrem Garten aufgeht, Hitze und Schnecken überlebt, darf genau dort bleiben: "Dann hat die Pflanze den richtigen Standort gefunden", schmunzelt sie. Das zeigt sich am Pfirsichbaum, der zufällig im Hochbeet aufgegangen ist und nun dort heranwächst. Oder auch der Hollerstrauch in einer anderen Ecke des Gartens. 

Das Portal für Elfen und Zwerge

"Er ist ein Superpaket", spricht sie davon, dass Blüten und Beeren verarbeitet werden können, er Nahrung für Bienen bietet, Schatten spendet und man ihn zurechtschneiden kann, wie man will. Außerdem: "Man sagt, ein Hollerstamm ist das Eingangsportal für Elfen und Zwerge. Ich mag diese Geschichte", lacht Eis. 

So kam die Bäuerin auf das Konzept "slow gardening". Während der Corona-Zeit machte sie die Ausbildung zur Gartenbäuerin und macht heute Naturgartenberatung. "Darin geh' ich voll auf", strahlt sie. Im Juni waren die Pflanzen "lausig", also voller Blattläuse. "Andere spritzen da schon Gift. Ich hab geschaut und schon die Larven der Marienkäfer gesehen und eben noch eine Woche gewartet", erzählt sie, wie die Natur alles selbst regelt - nur in einem anderen Tempo.

Pia Eis slow gardening

Die Freude in ihrem Garten und generell an der Natur ist bei Pia Eis spürbar.

Ihr Wissen will sie weitergeben. Darum gibt sie in ihrem ersten Buch "Adieu Gießkanne", eine Anleitung, wie man sich schrittweise das Gießen erspart. Ihr zweites Buch ist im März erschienen und trägt den Titel: "die slow gardening revolution". Ein Werk, das im Löwenzahnverlag erschienen ist und auf das sie stolz ist: Eis hat es nämlich nicht nur mit Text befüllt, auch alle Bilder stammen von ihr. 

Slow-Gardening-Club wird gegründet

"Im Oktober startet mein Slow-Gardening-Club", ist das nächste Projekt geboren. Einmal im Monat wird es ein kurzes Zoom-Meeting geben, in dem Eis die wichtigsten Basics vermittelt, wie's im Garten "möglichst von allein rennt". Außerdem wird es eine WhatsApp-Gruppe geben. "Damit man seine Ernteerfolge, wie die erste Gurke oder die vielen Hagebutten feiern kann." Mit kleinen Beiträgen führt Eis so Slow-Gardening-Liebhaber - auch mit Rezepten - durch das Jahr. "Früher hat man die Mama oder die Oma gefragt, jetzt bin ich da."

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