"Ohne Maulkorb": ÖVP stellt Vorzugsstimmen-Modell in NÖ infrage

Das Vorzugsstimmenmodell war immer ein Markenzeichen der niederösterreichischen ÖVP. Jetzt könnte man davon abgehen.
Von Wolfgang Lehner
Das in den 1990er-Jahren vom damaligen Landesgeschäftsführer Ernst Strasser ins Leben gerufene Vorzugsstimmen-Modell sicherte der niederösterreichischen Volkspartei bei vergangenen Landtagswahlen gleich mehrere durchschlagende Erfolge. Die Überlegung war relativ simpel. Die Kandidaten laufen im gegenseitigen Wettbewerb auf regionaler Ebene um Bürgernähe und Stimmen. Sozusagen „ums Leiberl“.
Weil Fixplatzierungen wegfallen, ist vom ersten bis zum letzten Platz vieles möglich. Der Vorteil für die Partei: eine breite Mobilisierung und damit verbunden eine gesellschaftliche Öffnung. Der Nachteil: nachhaltige interne Wahlkampfwunden bei den Kandidaten. Letztendlich wird dieses Modell auch als innerparteilicher Wettstreit zwischen den Teilorganisationen ÖAAB, Bauernbund und Wirtschaftsbund gesehen.
ÖVP will intern "ohne Maulkorb" diskutieren
Nach den Verlusten für die ÖVP bei der Landtagswahl 2023 will Landesgeschäftsführer Matthias Zauner die Partei „organisatorisch weiterentwickeln“. In vier Arbeitsgruppen werde „ohne Maulkorb“ über vieles „sehr offen diskutiert“.
Auch das Vorzugsstimmen-Modell stehe demnach auf dem Prüfstand. Es stelle sich die Frage, ob es noch zeitgemäß sei oder nicht. Immerhin habe es zuletzt weniger Vorzugsstimmen gegeben. Das sei zu hinterfragen. Wie jedes Modell habe auch dieses Vor- und Nachteile. Festlegen will sich Zauner gegenüber dem KURIER nicht: „Wir werden uns vor der Landtagswahl unterhalten, welches Modell wirksam ist und welches nicht.“
Bauernbund will Vorzugsstimmen-Modell behalten
Im niederösterreichischen Bauernbund, der für seine Mobilisierungsstärke bekannt ist, werden allerdings zunehmend kritische Stimmen laut. Man setze weiterhin auf das „Leistungsprinzip“ und damit auf das Vorzugsstimmen-Modell. Alles andere wäre eine Schwächung des Bauernbundes und damit auch der Partei.
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