NÖ: Lohnanalyse der AK belegt Realverlust für 2022

Was jeder im Börsel gespürt hat, wird von der Einkommensanalyse der Arbeiterkammer Niederösterreich für 2022 nun mit Zahlen belegt. Zwar ist das monatliche Bruttomedianeinkommen der unselbstständig Beschäftigten im Land um 87 auf 2.457 Euro gestiegen, doch werden Inflation, Sozialversicherung und und Lohnsteuer berücksichtigt, blieb davon nichts übrig. Im Gegenteil, die Nettoeinkommen sanken sogar um durchschnittlich 88 Euro oder 4,7 Prozent monatlich.
Nettoeinkommen sank um 4,7 Prozent
Daten der Sozialversicherungsträger

Die AK stützt sich auf Daten des Dachverbandes der SV-Träger für über 711.000 in NÖ Beschäftigte. Der Medianwert liefert besonders heuer in den verhärteten Kollektivvertragsverhandlungen Munition. Denn schon 2022 sorgten die erhöhten Preise bei den Einkäufen des täglichen Bedarfs, bei Energie, Mieten und Mobilität für einen Realverlust bei den Beschäftigten. Deshalb seien in den aktuellen Verhandlungen die Kämpfe notwendig, „um abzuholen, was sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verdient haben, nämlich für korrekte Arbeit auch einen fairen Lohn“, behauptet AKNÖ-Präsident Markus Wieser.
Für den Standort NÖ sei wichtig, dass genug verdientes Geld für Einkäufe zur Verfügung sei, erklärt AKNÖ- und ÖGB-Chef Wieser. Zwiespältig ist da die NÖ-Position im Bundesländervergleich. Österreichweit fiel der Rückgang beim Nettomedianeinkommen um monatlich 97 Euro zwar noch schlechter als in NÖ aus. Doch im Ranking der Länder blieb NÖ mit seinen 2.457 Euro, wie schon 2021, auf dem vorletzten achten Platz vor dem Burgenland (2.251 Euro) kleben. Das höchste Medianeinkommen wurde erneut in Vorarlberg mit 2.712 Euro erzielt.

AKNÖ-Präsident Markus Wieser, AK-Wirtschaftsexperte Matthias Koderhold
Frauen hinken nach
Dramatisch bleibt auch die Differenz zwischen Männern und Frauen mit plus 28,6 Prozent zugunsten der Männer. Sie kommen auf 2.778 Euro, die Arbeitnehmerinnen auf 1,984 Euro brutto. Der Österreichschnitt bei den Frauen liegt bei 2.105 Euro. Wieser dazu: „Die Zeit haben die Frauen nicht, dass es noch 30 Jahre dauert, bis sich diese Lohnschere schließt.“

Bezirksvergleich
Erklärbar ist die Kluft erstens durch die hohe Teilzeitquote bei Frauen: 50,8 Prozent von ihnen (Ö: 51,7 %) aber nur 9,2 Prozent der Männer (Ö: 11,9 %) sind Teilzeitkräfte. Zweitens sind die Erwerbskarrieren aufgrund der Kinderbetreuung weniger erfolgreich als bei Männern. Frauen verdienen sich weiters verstärkt in Branchen mit niedrigem Lohnniveau, wie Handel, Gastronomie oder Gesundheitswesen, erklärt Wieser. Auch geschlechtliche Benachteiligung bleibe ein Thema.
Interessante Einblicke beschert die Einkommensstudie beim Vergleich der Regionen in NÖ. Da belegt erneut das Mostviertel mit den Bezirken Amstetten (2,709 €), St. Pölten (2.668 €) und Scheibbs (2.609 €) die drei Spitzenplätze. AK-Wirtschaftsexperte Matthias Koderhold erklärt das mit dem hohen Anteil an Waren herstellender Betriebe. Vor allem der Maschinenbau mit einem Medianlohn von 3.651 Euro sei in der Region stark vertreten.
West-Ost-Gefälle
Hinter dem Zentralraum, dem Industrieviertel und dem Waldviertel weist das Weinviertel mit einem Minus von 11,6 Prozent gegenüber dem NÖ-Schnitt das niedrigste Medianeinkommen auf. Viele Handels- und Kfz-Betriebe mit schlechteren Lohnniveaus seien teilweise die Gründe für das West-Ost-Gefälle, so Koderhold. Anders beim Bezirksschlusslicht Krems-Land (1.967 €). Dort finden sich überproportional viele Beschäftigte in der Land- und Forstwirtschaft.
Wiesers Resümee beinhaltet gleich Forderungen: Kinderbetreuung intensiv ausbauen, Inflation senken und hohe Lohnabschlüsse, um die Realeinkommen abzusichern.
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