Landeshauptfrauwahl in NÖ: "Rechtssicherheit müssen alle wollen"
SPÖ-Chef Sven Hergovich kritisiert auf Kennenlerntour "Scheinverhandlungen" der ÖVP, kündigt Prüfung der LH-Wahl an und ist punkto SP-Mitgliederbefragung diplomatisch.
Aufklärung über das Scheitern der Koalitionsverhandlungen machen der designierte Landesparteivorsitzende der SPÖ in Niederösterreich, Sven Hergovich, und sein Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander auf ihrer Kennenlerntour bei SPÖ-Mitgliedern im Land. Am Rande des Amstettner Bezirkstreffens am Montagabend bekräftigte Hergovich auch, dass die SPÖ in der aktuellen Debatte um die Rechtmäßigkeit der Wahl von ÖVP-Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner die Sinnhaftigkeit einer Anfechtung prüfen würde.
Wie berichtet, hat der Verfassungsjurist Karl Stöger Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Landeshauptfrauwahl angemeldet. „Ich bin als Landesrat nicht befugt, eine Anfechtung zu machen. Wir werden das aber rechtlich prüfen. Am Ende des Tages geht es darum, Rechtssicherheit zu haben. Aus meiner Sicht ist das keine parteipolitische Frage. Es ist im Interesse aller, dass die Wahl, so wie sie ist, gültig war, weil es ja auch darum geht, dass eine Landeshauptfrau Staatsverträge und 15-A-Vereinbarungen unterzeichnet und wir Rechtssicherheit brauchen, dass alle Dokumente gültig sind“, sagte Hergovich bei einem Pressegespräch im Vorfeld des Bezirkstreffens in Amstetten.
Sechs Mitglieder des Landtags müssten eine Anfechtung der Wahl einbringen, damit sich der Verfassungsgerichtshof mit der Gültigkeit der Wahl der Landeshauptfrau auseinandersetzt. Sie wurde mit nur 24 Stimmen von 56 Landtagsabgeordneten gewählt.
Vor Presseleuten und wohl auch beim nicht für die Öffentlichkeit vorgesehenen Treffen mit den SPÖ-Mitgliedern kreidete Hergovich der ÖVP an, mit der SPÖ eigentlich nur Scheinverhandlungen geführt zu haben. Inhaltlich sei man über die letztendlich auf fünf Hauptpunkte zusammengefassten SPÖ-Forderungen nie ins Verhandeln gekommen. „Es hat überhaupt nie eine Chance gegeben, Kompromisse auszuverhandeln“, kritisierte auch die Amstettner SPÖ-Bezirkschefin und Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig das Scheitern.
Sowohl Hergovich als auch Zwander werteten es als deutliches Indiz, dass die ÖVP frühzeitig durch Landtagspräsident Karl Wilfing den abgeänderten Stimmzettel für die Landeshauptfrauwahl vorlegte und in der Präsidiale absegnen ließ. „70 Jahre lang war es notwendig, den Landeshauptmann entweder mit einem Ja zu wählen oder mit einem Nein nicht zu wählen. Das wurde verändert“, so Hergovich. Noch in den Gesprächen mit der SPÖ habe die ÖVP bereits der FPÖ die Tür geöffnet, der Mikl-Leitner-Wahl durch ungültige Stimmen auszuweichen.
Die Kritik an den nunmehrigen schwarz-blauen Regierungspartnern fasste Hergovich unter den Schlagworten „Unehrlichkeit“ und „soziale Kälte“ zusammen. „Beide Parteien haben im Wahlkampf versichert, nach der Wahl nicht miteinander regieren zu wollen. Das nenne ich unehrlich“, erklärte er.
Den Landeszuschuss für pflegende Angehörige nannte Hergovich als Negativbeispiel für die schwarz-blaue Sozialpolitik. „Es gibt jetzt einen Zuschuss für pflegende Angehörige in der Höhe von monatlich 83 Euro und 33 Cent. Das ist besser als nichts, aber noch lange keine soziale Abgeltung“, kritisierte der rote Landesparteichef. Die SPÖ wollte eine Anstellung für pflegende Angehörige mit 1.700 Euro Entlohnung und habe dafür vor allem auch aus dem ÖVP-Bauernbund regen Zuspruch erhalten, behauptete Hergovich weiters.
Mitgliederbefragung
Gefragt, welche Empfehlung er den Amstettner Parteimitgliedern zur bundesweiten Mitgliederbefragung über die Parteiführung gebe, hielt sich Hergovich, wie schon bisher, diplomatisch zurück. „Ich nehme das ernst und finde es gut, wenn die Mitglieder mitstimmen. Wenn ich es ernst nehme, heißt das auch, dass ich ihnen nicht vorgreife“, so Hergovich.
Er garantiere „meine volle Unterstützung und meine hundertprozentige Loyalität“, sagte er - egal wer die Parteiführung übernehme. Alle drei Kandidaten seien exzellente Anwärter, denen er das zutraue. Hergovich: „Das werde ich den Mitgliedern nochmals sagen. Es passiert gerade soviel in diesem Land, vom Pflegenotstand, immer weitere Schritte Richtung Zweiklassenmedizin, Teuerung - all diese Dinge werden wir nur lösen können, wenn wir als Sozialdemokratie zusammenstehen. Egal, wer es wird, wir sind in der Partei wegen der Inhalte und nicht wegen der Personen. Alle sollten danach an einem Strang ziehen."
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